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Politische Gefangene
DER HUNGERSTREIK DER POLITISCHEN GEFANGENEN VON MAI/ JUNI 2004

GEGEN DIE RESTRIKTIVEN MASSNAHMEN ZUR VERSTRÄRKTEN ISOLATION DER POLITISCHEN GEFANGENEN!
NEIN ZUR BENUTZUNG VON BESUCHERKABINEN IN DEN GEFÄNGNISSEN!


Banderolen der politischen Gefangenen von Canto Grande Unter Berufung auf angebliche Gründe der “nationalen Sicherheit“, „Kriterien der strategischen Vorbeugung“ und unter Anwendung des rechtsungültigen Regierungsdekrets 002-2004-JUS hat die derzeitige Regierung begonnen, die Benutzung von Besucherkabinen für die Besuche der Angehörigen und Anwälte der politischen Gefangenen, die rechtswidrig im Militärgefängnis der Marinebasis Callao gefangen gehalten werden, einzuführen. Die Rückkehr zum Besuch in Kabinen mit Trenncheiben stellt eine Form der grausamen und unmenschlichen Behandlung dar, die gegen die physische, psychologische und moralische Gesundheit der Personen und gegen die Natur des Menschen als soziales Wesen verstößt, denn sie beeinträchtigt die sozialen Beziehungen, auf die jeder Mensch ein Recht hat. Die verstärkte Isolation und die Missachtung der Grundrechte, denen die politischen Gefangenen zusätzlich zum Verlust ihrer Freiheit unterworfen sind, zielt darauf ab, ihr Dasein auf das von Untermenschen zu reduzieren und sie als soziale Wesen zu zerstören, was mit dem heutigen Entwicklungsstand der Menschheit unvereinbar ist. Angesichts dieser Situation haben die politischen Gefangenen in verschiedenen Gefängnissen des Landes am 3. Mai einen Hungerstreik begonnen, damit der peruanische Staat sie anhört und ihnen ihre durch die peruanische Verfassung, sowie nationale und internationale Abkommen garantierten Rechte zugesteht.


STELLUNGNAHMEN DER POLITISCHEN GEFANGENEN UND IHRER ANGEHÖRIGEN

Hungerstreik der politischen Gefangenen von Canto Grande WIR VERURTEILEN DIE RESTRIKTIVEN MASSNAHMEN ZU EINER VERSTÄRKTEN ISOLATION! NEIN ZU BESUCHERKABINEN IN DEN GEFÄNGNISSEN! Komitee der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen des Gefängnisses Canto Grande. Februar 2004    »

  PRESSEMITTEILUNG ANLÄSSLICH DES ERLASSES ZUR WIEDEREINFÜHRUNG VON BESUCHERKABINEN IM MILITÄRGEFÄNGNIS DER MARINEBASIS CALLAO Dr. Manuel Augusto Fajardo Cravero. 7. Februar 2004. »

  NEIN ZU DEN BESUCHERKABINEN! WIR FORDERN BESUCH MIT DIREKTEM KONTAKT! Asociación de Familiares de Presos Políticos y Desaparecidos (Assoziation der Angehörigen von politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern des Völkermords). April 2004. »

  ERKLÄRUNG DER ANGEHÖRIGEN ANLÄSSLICH IHRES EINTRITTS IN DEN HUNGESTREIK IN UNTERSTÜTZUNG DER POLITISCHEN GEFANGENEN Asociación de Familiares de Presos Políticos y Desaparecidos (Assoziation der Angehörigen von politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern des Völkermords). Mai 2004. »

  BRIEF VON ELENA IPARRAGUIRRE. Gefangene im Militärgefängnis der Marinebasis Callao im Hungerstreik. 28. Mai 2004. »

  DANKSAGUNG FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG DES HUNGERSTREIK DER POLITISCHEN GEFANGENEN VON DR. ABIMAEL GUZMÁN UND ELENA IPARRAGUIRRE. Juni 2004. »

AUFRUFE ZUR UNTERSTÜTZUNG DES HUNGERSTREIKS DER POLITISCHEN GEFANGENEN

  ERKLÄRUNG DER ORGANISATIONEN DER ANGEHÖRIGEN POLITISCHER GEFANGENER Afadevig (Assoziation der Angehörigen von politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern des Völkermords) und AFAPREDEPP (Assoziation der Angehörigen politischer Gefangener und Verschwundener) Lima, 7. Mai 2004 »

  DRINGENDE AKTION: NEIN ZUR WIEDEREINFÜHRUNG DER INHUMANEN BESUCHERKABINEN IN DEN GEFÄNGNISSEN! UNTERSTÜTZEN WIR DEN HUNGERSTREIK DER HUNDERTEN VON POLITISCHEN GEFANGENEN IM MILITÄRGEFÄNGNIS DER MARINEBASIS CALLAO UND ANDEREN PERUANISCHEN GEFÄNGNISSEN! Erklärung der Zweige der "Asociación Perú" in verschiedenen Ländern Europas. 7. Mai 2004 »

  INTERNATIONALE KAMPAGNE FÜR DAS LEBEN VON DR. ABIMAEL GUZMAN, ELENA IPARRAGUIRRE UND DER ÜBRIGEN POLITISCHEN GEFANGENEN IM HUNGERSTREIK IN PERU. CET César Vallejo - Chile. Mai 2004 »

  AN DAS PERUANISCHE VOLK, DIE VÖLKER DER WELT, DIE MENSCHENRECHTSORGANISATIONEN, DIE POLITISCHEN ORGANISATIONEN IN PERU, ARGENTINIEN UND WELTWEIT. Asociacion Internacional de Refugiados Políticos - Argentinien. Mai 2004 »

CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE

06.02.2004 Die Regierung Toledo erläßt das Dekret 002-JUS-2004, mit dem die Gefängnisordnung des CEREC (Hochsicherheitsgefängnis der Marinebasis Callao) modifiziert wird. Unter anderem wird die Benutzung von Kabinen mit Trennscheiben wieder eingeführt und das Besuchsrecht erneut auf direkte Angehörige beschränkt.

22.03.2004 Auf Befehl der Direktion des Militärgefängnisses der Marinebasis Callao verlangt das Wachpersonal die Benutzung von Besucherkabinen für die Gespräche der Gefangenen mit ihren Anwälten. Die Gefangenen und ihre Anwälte weigen sich, die Kabinen zu benutzen und ersuchen einen Vertreter der "Defensoría del Pueblo", des Ombudsmannes, um die Vermittlung mit dem "Technischen Komitee" des CEREC.

23.03.2004 Der Anwallt Dr. Manuel Fajardo legt eine Habeus-Corpus-Akte gegen die Benutzung der Besucherkabinen im Militärgefängnis der Marinebais Callao vor, die er damit begründet, dass das entsprechende Dekret dazu dient, die Unterstellung von Zivilisten unter die Militärgerichtsbarkeit zu legalisieren, die bereits für verfassungswidrig erklärt worden ist, und die Anordnung folglich das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz außer Kraft setzt.

12.04.2004 Das turnusmäßig zuständige Gericht lehnt die von Dr. Abimael Guzman und Elena Iparraguirre eingereichte Habeus-Corpus-Akte gegen die Einführung von Besucherkabinen im Militärgefängnis der Marinebasis Callao ab und begründet dies damit, dass die Massnahme ihre Grundrechte nicht beeinträchtigt und das Personal der Marinebasis lediglich ein geltendes Gesetz anwendet.

14.04.2004 In Lima finden Progandaaktionen statt mit Flugblättern, Parolen an Wänden und Protestmärschen der Angehörigen der politischen Gefangenen statt, die "Achtung des direkten Besuchs!", "Nein zu den Besucherkabinen!" und "Nieder mit dem Plan der Einkerkerung der politischen Gefangenen!" fordern. Parallel dazu beginnt eine ähnliche Progandakampagne in anderen Städten des Landes. Gleichzeitig führen die poltischen Gefangenen Protestaktionen in den verschiedenen Gefängnissen durch.

23.04.2004 Der Verteidiger von Abimael Guzman und Elena Iparraguirre, Dr. Manuel Fajardo, präsentiert vor der Menschenrechtskommission der UNO eine Klage gegen den peruanischen Staat wegen der Verletzung der Grundrechte seiner Mandanten und die Einschränkung des Rechts auf Verteidigung.

03.05.2004 Dr. Abimael Guzman, Elena Iparraguirre und die anderen politischen Gefangenen des Militärgefängnisses der Marinebasis Callao treten in den Hungerstreik.

05.05.2004 Hunderte von politischen Gefangenen in verschiedenen peruanischen Gefängnisse schliessen sich dem Hungerstreik an und verweigern die Teilnahme an Gerichtsterminen.

07.05.2004 Der Direktor des Militärgefängnisses der Marinebasis Callao Lus Ramos weigert sich, eine Resolution des Sondergerichtshofes für Terrorismus anzuerkennen, in der entschieden wird, dass Miguel Rincon Rincon, inhaftierter Führer der MRTA, sich mit seinem Anwalt unter Bedingungen, die die Vertraulichkeit des Gesprächs gewährleisten, zu beraten, und führt das Argument an, dass er bis zu dem Zeitpunkt keinerlei diesbezügliche Anweisung vom Gericht erhalten habe.

12.05.2004 Der Anwalt von Dr. Abimael Guzman, Manuel Fajardo, legt eine Volksbeschwerde gegen das Dekret vor, das die Benutzung von Besucherkabinen im Militärgefängnis der Marinebasis Callao vorschreibt.

17.05.2004 Aufgrund eines Antrags der Gefangenen Víctor Polay Campos y Miguel Rincón Rincón, Führer der MRTA, die Besucherkabinen für Gespräche mit ihren Anwälten für unzulässig zu erklären, entscheidet der Sondergerichtshof für Terrorismus das diese Regelung für die Anwaltsgespräche dieser beiden Häftlinge nicht anzuwenden ist. Als Begründung führt das Gericht an, dass die Einführung von Besucherkabinen auf einem Gesetz beruht, das im Januar 2003 für verfassungswidrig erklärt wurde und folglich nichtig ist. Diese Entscheidung beinhaltet nicht, dass die Besucherkabinen grundsätzlich unzulässig sind. Sie dürfen lediglich für die Gespräche der Verteidiger mit ihren Mandanten nicht verwendet werden. Außerdem schließt diese Entscheidung nicht die übrigen Häftlinge der Marinebasis Callao ein.

25.05.04 16 Gefangene des Gefängnisses Canto Grande werden mit schweren gesundheitlichen Problemen auf die Krankenstation gebracht, weil sie als Folge des Hungerstreiks keine Flüssigkeit mehr bei sich behalten. Laut Angaben der Gefängnisverwaltung befinden sich 10 von ihnen in ernstem Zustand.

26.05.04 Die Angehörigen der politischen Gefangenen beginnen vor dem Sitz der "Defensoría del Pueblo" im Zentrum von Lima einen Hungerstreik in Unterstützung der Kampfmaßnahme ihrer Verwandten in den Gefängnissen.

In dem Gefängnis befinden sich aufgrund des Hungerstreiks zwei Personen in einem kritischen Zustand und 55 Gefangene erhalten in ihren Zellen medizinische Versorgung, da die Krankenstation des Gefängnisses nicht ausreicht. Obwohl die Gefängnisverwaltung in den letzten Tagen betritten hat, dass der Hungerstreik zu irgendwelchen schwereren gesundheitlichen Problemen geführt habe, musste der Gefangene Arencio Culquiculqui aus dem Block 2A mit schweren Herzrhythmusstörungen mit dem Notarztwagen ins Kankenhaus gebracht werden.

Die peruanische Zeitung "Liberación" veröffentlicht einen Brief von Elena Iparraguirre, in dem sie darüber informiert, dass der Gesundheitszustand von Dr. Abimael Guzmán besorgniserregend ist.

31.05.2004 Der Anwalt Manuel Fajardo erklärt gegenüber der Presse, dass Dr. Abimael Guzmán und Elena Iparraguirre den Hungerstreik fortsetzen werden, den beide vor mehr als 20 Tagen begonnen haben. Laut Fajardo bedankt sich der Vorsitzende Gonzalo für die Unterstützung und Solidarität von mehr als 600 politischen Gefangenen in 13 Gefängnissen des Landes und ruft sie gleichzeitig dazu auf, "ihr Leben zu schonen", da nur er und Elena Iparraguirre die Verpflichtung haben, den Streik weiterzuführen.

Das Technische Komitee des CEREC (Hochsicherheitsgefängnis der Marinebasis Callao) lehnt die Übergabe eines Fragenkatalogs der Presse an Dr. Abimael Guzmán ab.

2.06.2004 Der Direktor der Nationalen Gefängnisverwaltung INPE, Wilfredo Pedraza, erklärt gegenüber der Presse, dass Dr. Abimael Guzmán und die anderen Häftlinge im unbefristeten Hungerstreik unter ständiger ärztlicher Beobachtung stehen. Sowohl Ärzte des Internationalen Roten Kreuzes als auch der Marinebasis untersuchen täglich Dr. Guzmán Reynoso und Elena Iparraguirre, deren Gesundheitszustand stabil ist. Daneben informierte er, dass die Defensoría del Pueblo und der Pater Hubert Lanssierals Vermittler dienen, um zu erreichen, dass die Gefangenen ihre Kampfmaßnahme einstellen.

3.06-2004 Entgegen der Behauptungen des INPE, informiert der Anwalt Dr. Manuel Fajardo, dass Dr. Abimael Guzmán und Elena Iparraguirre seit dem Beginn ihres Hungerstreiks lediglich von Ärzten der Armee behandelt werden und erst am Freitag, den 5. Juni, das erste Mal von einem Arzt des Internationalen Roten Kreuzes untersucht werden wird.

Außerdem kündigte der Anwalt an, dass er angesichts des Ausbleibens einer Antwort auf seine Habeus- Corpus-Akte, in der er vor zwei Wochen erneut die Aufhebung der Besucherkabinen in der Marinebasis Callao gefordert hat, eine "Erweiterung der Begründung dieser Eingabe hinsichtlich des direkten Besuchs von Angehörigen vorlegen wird", in der er sich auf internationale Abkommen wie die Amerikanische Konvention für Menschenrechte, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beruft.

5.06.2004 Ein Arzt des Internationalen Roten Kreuzes besucht das Militärgefängnis der Marinebasis Callao, um Dr. Abimael Guzmán und Elena Iparraguirre nach 33 Tagen Hungerstreik zu untersuchen. Anschließend erklärt Philippe Gaillard, der Chef der Regionalen Delegation des Internationalen Roten Kreuzes für Peru, Ecuador und Bolivia, gegenüber der Presse, dass sich beide "psychisch in guter Verfassung befinden. Er hat 7 Kilo verloren und sie 4". Er warnte den peruanischen Staat, "Acht zu geben, dass die Einführung der Besucherkabinen nicht zu einem SChuss wird, der nach hinten los geht, denn die Angelegenheit könnte bis zum Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen" und Anlass zur Annullierung der Gerichtsverfahren geben.

7.06.2004 Der Direktor der nationalen Gefängnisverwaltung INPE gibt bekannt, dass Dr. Abimael Guzmán und Elena Iparraguirre nach 35 Tagen Hungerstreik einen Brief an den Direktor des Militärgefängnisses der Marinebasis Callao sandten, in dem sie ihm mitteilten, dass sie ihren Hungerstreik beenden. Der Chef des INPE informiert außerdem, dass alle Gefängnisdirektoren des Landes von dieser Nachricht in Kenntnis gesetzt worden seien und man davon ausgehe, dass die politischen Gefangenen in den anderen Gefängnissen ihren Hungerstreik ebenfalls nach und nach einstellen.

10.06.2004 Der Vorsitzende des 12. Strafuntersuchungsgerichts von Lima erklärt den Hábeas Corpus von Dr. Abimael Guzmán Reinoso y Elena Iparraguirre Revoredo gegen die Einführung von Besucherkabinen im Militärgefängnis der Marinebasis Callao für zulässig. Der Richter Jesús Germàn Pacheco, begründete dies damit, dass die Dekrete, mit denen die Einführung von Besucherkabinen in der Marinebasis Callao angeordnet wurde, nicht anwendbar sind, weil das Gesetz Nr. 25744, auf das sie sich beziehen, vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Nach Aussagen des Anwalts Dr. Manuel Fajardo wird dieser Beschluss gültig, wenn keine staatliche Behörde dagegen Widerspruch einlegt. Der Richter wies in seinem Beschluss außerdem darauf hin, dass die Haftbedingungen für die Häftlinge in der Marinebasis Callao durch das allgemeine Strafvollzugsgesetz geregelt werden müssen.

Desgleichen erklärte der Richter einen anderen Habeus Corpus, den die Gefangenen gegen den Verteidigungsinister Roberto Chiabra wegen Verstosses gegen die Freiheit der Person und der Verletzung des Rechts auf Verteidigung, auf Besuch von Angehörigen und auf soziale Kontakte aufgrund der Einführung von Besucherkabinen einreichten, für zulässig.

Nachdem Dr.Abimael Guzmán und Elena Iparraguirre am 7.6. beschlossen haben, ihren Hungersteik zu beenden und die Justiz die Unzulässigkeit der Besucherkabinen erklärt hat, begannen die Gefangenen in den anderen Gefängnissen des Landes ebenfalls damit, den Hungersteik aufzuheben Der Innenminister bestätigte, dass auch die Führer der MRTA diese Kampfmaßnahme einstellten. Allerdings setzen 15 Häftlinge im Gefängnis Arequipa den Hungerstreik fort.