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Politische Gefangene
DER KAMPF GEGEN DIE ANTITERRORISMUSGESETZGEBUNG

Plakat: Freiheit für die politischen Gefangenen
Ab 1980 fand in Peru ein interner Krieg statt, den die Kommunistische Partei Perus gegen den peruanischen Staat begonnen hatte und dessen objektive Ursachen tief verwurzelte Widersprüche in der peruanischen Gesellschaft waren. Doch der peruanische Staat erkannte den Kriegszustand nie an und leugnete den politischen Charakter des Aufstands gegen die bestehende Gesellschaftsordnung. Stattdessen bezeichnete er den internen Krieg als "Terrorismus" und stigmatisierte die Revolutionäre, als ob sie gewöhnliche Verbrecher wären. Damit schaffte er sich einen Vorwand für eine uneingeschränkte, blutige Repression des politischen und sozialen Kampfes.

Zu diesem Zweck benutzte er den so genannten "Ausnahmezustand", mit dem er den formal unwiderrufbaren Kern der Menschenrechte außer Kraft setzte, richtete in den Kriegsgebieten die Politisch-Militärischen Kommandos als höchste Machtorgane mit Entscheidungsgewalt über Leben und Tod der Bevölkerung ein und schuf ein verfassungswidriges Rechtssystem gegen die Subversion, das unvereinbar mit den internationalen Konventionen über Menschenrechte und über humanitäres Völkerrecht war. Nach seinem Staatsstreich im April 1992 machte sich die Diktatur Fujimori daran, das verfassungswidrige Rechtssystem der Terrorismusgesetze zu konsolidieren, indem sie eine Reihe von Dekreten erließ, die alle Grundrechte und Rechtsgarantien für die politischen Häftlinge außer Kraft setzten. Das Ergebnis war, dass Tausende in Schnellverfahren zu langen, unverhältnismäßig hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden, darunter viele Unschuldige, und unter menschenunwürdigen Haftbedingungen weggesperrt wurden.

Nach dem Sturz von Fujimori im November 2000 behielt die Antiterrorismusgesetzgebung ihre Gültigkeit, und Tausende von Häftlingen blieben aufgrund der verfassungswidrigen Dekrete der Diktatur in Gefängnis. Es waren nicht die Institutionen des so genannten "demokratischen" Staates, die die Abschaffung der verfassungswidrigen Gesetze vorantrieben, sondern die Angehörigen der politischen Gefangenen, die die demokratischen Kräfte der peruanischen Gesellschaft mobilisierten, um eine Verfassungsbeschwerde vorzulegen, durch die sich das Verfassungsgericht im Januar 2003 gezwungen sah, einen Teil der Antiterrorismusgesetze für verfassungswidrig zu erklären und abzuschaffen. Das Kernstück der verfassungswidrigen Gesetzgebung, das Gesetz 25475, das das Delikt des "Terrorismus" definiert, blieb jedoch bestehen.

Gemäß den international anerkannten Normen, die auch in der peruanischen Gesetzgebung verankert sind, hätten die aufgrund der verfassungswidrigen Gesetze Verurteilten freigelassen werden müssen. Zumindest aber hätte ihnen ein neues Verfahren auf der Grundlage der zur Tatzeit gültigen Gesetzeslage zugestanden. Doch das Verfassungsgericht maßte sich ein Interpretationsrecht an, dass ihm nach peruanischer Verfassung nicht zusteht, und verfügte, dass gegen sie neue Verfahren auf der Grundlage einer neuen Antiterrorismusgesetzgebung eingeleitet werden. Kurz darauf erließ die Regierung eine Reihe von Dekreten zur Regulierung der neuen Verfahren, des Strafmaßes und der Bedingungen des Strafvollzugs, in denen essenzielle Teile der früheren Gesetze beibehalten werden, und die darauf abzielen, die politischen Häftlinge auf unabsehbare Zeit in Haft zu halten. Die des "Terrorismus" Angeklagten und Verurteilten haben von Anfang an für ihre Anerkennung als Kriegsgefangene gekämpft. Solange sie diese Anerkennung nicht erhalten, erheben sie als Mindestforderung den Anspruch, dass ihre Grundrechte und die Rechtsgarantien für einen fairen Prozess eingehalten werden.

DOKUMENTE UND STELLUNGNAHMEN

FÜR DIE ABSCHAFFUNG DER MENSCHENRECHTSWIDRIGEN ANTITERRORISMUSGESETZE IN PERU! GEGEN DIE KRIMINALISIERUNG DER SOZIALEN BEWEGUNGEN! FREIHEIT FÜR DIE POLITISCHEN GEFANGENEN! Asociación Peru - Deutschland. März 2005.   »

  BESCHWERDE VOR DEM KOMITEE FÜR MENSCHENRECHTE DER UNO ÜBER DIE UNVEREINBARKEIT DES PERUANISCHEN GESETZSYSTEMS ZUR VERFOLGUNG DER SUBVERSION MIT DEM HUMANITÄREN VÖLKERRECHT. Intervention des Anwalts Dr. Manuel Augusto Fajardo Cravero. April 2004.  »

NIEDER MIT DEM UNGEHEUERLICHEN GESETZENTWURF ÜBER DEN STRAFVOLLZUG DER POLITISCHEN GEFANGENEN! Erklärung der Assoziation der Angehörigen von politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern des Völkermords - Afadevig. Oktober 2003. »

FÜR DIE WIEDERHERSTELLUNG, VERTEIDIGUNG UND AUSWEITUNG DER GRUNDRECHTE! Aufruf der Volksbewegung für die Kontrolle über die Verfassung. August 2003. »

VERTEIDIGEN WIR DIE GRUNDRECHTE! Aufruf der Volksbewegung für die Kontrolle über die Verfassung vom März 2003.  »

KLAGE BEI DER INTERAMERIKANISCHEN KOMMISSION FÜR MENSCHENRECHTE
GEGEN DAS URTEIL DES PERUANISCHEN VERFASSUNGSGERICHTS ÜBER DIE ANTITERRORISMUSGESETZE DES PERUANISCHEN STAATES


Presseerklärung der Sprecher der Bewegung. Januar 2003 »
Zusammenfassung der Klageschrift. Februar 2003 »


  KAMPF FÜR DIE DEMOKRATISIERUNG DER PERUANISCHEN GESELLSCHAFT! NIEDER MIT DEN VERFASSUNGSWIDRIGEN ANTITERRORISMUSGESETZEN! Erklärung der Unterzeichner der Verfassungsbeschwerde gegen die peruanischen Antiterrorismusgesetze nach dem Urteil des Verfassungsgerichts. Januar 2003. »



CHRONOLOGIE

DIE ANTITERRORISMUSGESETZGEBUNG IN DEN ACHTZIGER JAHREN

  10.03.1981 Mit dem Dekret 046 wird das Delikt des Terrorismus eingeführt, das ungenau und vage definiert ist und Raum für eine weitreichende Interpretation lässt. Die Strafen reichen von einer Mindeststrafe von zehn Jahren bis zu einer Höchststrafe von 20 Jahren. Die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung, sowie die Apologie und Unterstützung des Terrorismus werden unter Strafe gestellt. Außerdem wird die Unterscheidung zwischen einfachem Terrorismus und schwerwiegendem Terrorismus getroffen.

  20.03. 1987 Mit dem Gesetz 24.651 wird das Delikt des Terrorismus ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Dabei wird als strafmildernder Faktor definiert, wenn der Täter freiwillig die terroristischen Aktivitäten aufgibt, sowie eine Aussetzung der Strafe ermöglicht, wenn dies erlaubt, Risiken oder Gefahren abzuwenden. Gleichzeitig schließt das Terrorismusgesetz für die nach Verurteilten jede Möglichkeit der Strafminderung wie die vorzeitige Freilassung auf Bewährung oder Freigang, die Minderung der Strafe durch Arbeit oder Studium oder die Strafumwandlung aus, obwohl diese Rechte nach der Verfassung von 1979 allen Häftlingen zugebilligt werden. Durch die Abschaffung des Gesetzes 046 bleiben die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung, sowie die Apologie und die Anstiftung zum Terrorismus straffrei.

  24.06.1987 Mit dem Gesetz 24.700 werden die gesetzlichen Normen für das polizeiliche Ermittlungsverfahren und das Strafverfahren in Fällen von Terrorismus festgelegt. Wesentliche Teile dieses Gesetzes sind die Abschaffung der Habeus-Corpus-Aktion während der polizeilichen Ermittlungen von fünfzehn Tagen, sowie die zehntägige Isolation auf richterliche Anordnung während dieser Zeit, die Einführung von Gerichten, die ausschließlich für Verfahren wegen Terrorismus zuständig sind, die automatische Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens und der zwangsläufige Erlass eines Haftbefehls beim Verdacht von Terrorismus, sowie die Möglichkeit, die Prozesse unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder in Haftanstalten durchzuführen.

  9.12.1988 Mit dem Gesetz 24.953 wird verfügt, dass beim Delikt des Terrorismus die Anstifter, intellektuellen Hintermänner, Mittäter oder Helfer Strafen in gleicher Höhe erhalten wie die direkten Täter. Außerdem werden die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung, sowie die Apologie und die Anstiftung zum Terrorismus erneut unter Strafe gestellt.

  5.10.1989 Mit dem Gesetz 25.103 wird die Möglichkeit der Strafminderung, der Straflosigkeit und des Straferlasses für diejenigen des Terrorismus Beschuldigten eröffnet, die nützliche Informationen liefern oder ein Geständnis ablegen.

DIE ANTITERRORISMUSGESETZGEBUNG UNTER DER DIKTATUR VON FUJIMORI

  4.04.1991 Mit dem Gesetz Nr. 635 wird das Delikt des Terrorismus unter der Rubrik der Straftaten gegen die öffentliche Sicherheit in das Strafgesetzbuch von 1991 aufgenommen. Die Anstiftung und die Apologie des Terrorismus werden erneut von dem Gesetz ausgenommen. Die Einschränkungen der Rechte während des Verfahrens und des Rechts auf Strafminderung werden beibehalten.

  7.05.1992 Die Regierung Fujimori erlässt das Dekret Nr. 25.475, mit dem das Delikt des Terrorismus und verwandte Delikte tipifiziert werden. Die Strafen werden angehoben und reichen bis zu lebenslänglicher Haftstrafe. Es werden neue Normen für das Ermittlungs- und Strafverfahren in Fällen von Terrorismus unter der Zuständigkeit von Zivilgerichten erlassen. So werden unter anderem die Ermittlungsverfahren von terroristischen Aktivitäten in die Hände der Polizei gelegt, wodurch die Polizeiberichte automatisch Beweiskraft erhalten, Gerichte mit anonymen Richtern und Staatsanwälten eingeführt und die Rechte der Verteidigung wesentlich eingeschränkt. Außerdem enthält das Gesetz neue gesetzlichen Normen des Strafvollzugs wie die Verfügung von Isolationshaft und die Einschränkung des Besuchsrechts.

  17.05.1992 Mit dem Dekret 25.499, dem so genannten "Reuegesetz", wird die Möglichkeit der Strafminderung, Straferleichterung und des Straferlasses für diejenigen des Terrorismus Beschuldigten eingeführt, die dazu beitragen, ihn zu bekämpfen.

  20.06. 1992 Mit dem Dekret 25.564 wird im Fall des Terrorismus die Anwendung des allgemeinen Strafrechts auf Jugendliche ab 15 Jahren verfügt.

  14.08.1992 Mit dem Dekret 25.659 wird das so genannte Delikt des "Landesverrats", sowie die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit für Zivilisten für Verfahren wegen "Landesverrats" eingeführt.

  11.09.1992 Mit dem Dekret 25.148 wird verfügt, dass in Prozessen wegen "Landesverrats" Schnellverfahren nach der Strafprozessordnung des Militärrechts angewandt werden.

  18.09.1992 Mit dem Dekret von 20.728 wird für die Delikte des Terrorismus und des "Landesverrats" die Möglichkeit der Verurteilung in Abwesenheit eingeführt.

  27.09.1992 Mit dem Dekret 25.754 wird die Frist für die vorläufige Festnahme im Polizeigewahrsam auf 30 Tage erhöht, obwohl die Verfassung diese ausdrücklich auf höchstens fünfzehn Tage beschränkt.

  26.11.1992 Mit dem Dekret 25.880 wird verfügt, dass Dozenten, die ihre Tätigkeit ausnutzen, um "Apologie" des Terrorismus zu betreiben, sich des "Landesverrats" schuldig machen.

  26.11.1993 Mit dem Dekret 26.248 wird das Recht auf Habeus-Corpus-Aktionen in Fällen von Terrorismus wieder eingeführt.

  29.12.1993 Die neue Verfassung tritt in Kraft. Darin finden sich einige der Normen der Antiterrorismusgesetze der Diktatur Fujimori wieder. Die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit wird erweitert, indem ihr in Fällen von "Landesverrat" oder Terrorismus die Verfahren gegen Zivilisten unterstellt werden, und verfügt wird, dass keine Revision ihrer Urteile durch die Zivilgerichtsbarkeit möglich ist, außer wenn die Todesstrafe verhängt wird. Die Anwendung der Todesstrafe wird im Gegensatz zur Verfassung von 1979, die diese auf Fälle von Landesverrat im Fall eines externen Krieges beschränkte, auf Fälle von Landesverrat und Terrorismus im Kriegsfall ausgeweitet.

  11.02.1994 Die Interamerikanische Menschenrechtskommission verurteilt in ihrem Jahresbericht von 1993 die Verfahren gegen Zivilisten vor Militärgerichten und kritisiert, dass den von Militärgerichten angeklagten Zivilisten das Recht verweigert wird, von einem unabhängigen und unparteilichen Richter gehört zu werden, ein Recht, das im Artikel 8.1 der Amerikanischen Konvention der Menschenrechte verankert ist.

  31.03.1994 Eine Kommission internationaler Juristen, die von der Regierung Clinton 1993 auf Grund einer Übereinkunft mit der Regierung Fujimori gebildet wurde, übergibt den Regierungen von Peru und den USA einen Bericht, in dem sie darlegt, dass die peruanische Antiterrorismusgesetzgebung nicht mit den internationalen rechtlichen Verpflichtungen des peruanischen Staates vereinbar sind.

  21.04.1995 Mit dem Dekret 26.447 werden einige Rechtsgarantien für einen fairen Prozess wiedereingeführt, wie das Recht des Angeklagten, einen Anwalt seiner Wahl zu ernennen und vom Beginn der polizeilichen Ermittlungen an von diesem beraten zu werden. Das gleiche Gesetz hebt die Anwendbarkeit des allgemeinen Strafrechts auf Jugendliche unter 18 Jahren wieder auf.

  15.08.1996 Die Regierung erlässt das Dekret 26.655, mit dem sie eine Sonderkommission bildet, die Anträge auf Begnadigung unschuldig wegen Terrorismus Verurteilter überprüfen und dem Präsidenten vorlegen soll.

  17.09.1997 Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte fällt sein Urteil im Fall LoayzaTamayo, in dem er erklärt, dass der peruanische Staat die Rechte auf persönliche Freiheit, auf persönliche Sicherheit und rechtliche Garantien während des Prozesses der Klägerin verletzt habe und deren Freilassung anordnet. Gleichzeitig erklärt er, dass die Antiterrorismusgesetzgebung des peruanischen Staates gegen die Amerikanische Konvention für Menschenrechte verstößt und fordert die peruanische Regierung auf, diese zu ändern.

  15.10.1997 Die peruanische Regierung erlässt das Dekret 26.671, mit der die Praxis der anonymen Richter außer Kraft gesetzt wird.

  28.09.1998 Die Interamerikanische Menschenrechtskommission erklärt die Klage der Gebrüder "Ascencio Lindo und andere" für zulässig und kritisiert in ihrem Bericht die Antiterrorismusgesetzgebung des peruanischen Staates.

  8.12.1998 Die Interamerikanische Menschenrechtskommission erklärt die Klage von Lori Berenson, die durch anonyme Militärrichter zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, für zulässig.

  30.05.1999 Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte fällt sein Urteil im Fall "Castillo Petruzzi und andere". Darin erklärt er das Verfahren und das Urteil zu lebenslänglicher Haft durch ein Militärgericht wegen "Landesverrats" für ungültig und ordnet einen neuen Prozess vor einem Zivilgericht auf der Grundlage einer Strafprozessordnung, die einen fairen Prozess garantiert, an.

  11.06.1999 Der Oberste Militärgerichtsrat, höchstes Organ der peruanischen Militärgerichtsbarkeit, erklärt das Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs im Fall Castillo Petruzzi für "unausführbar", da der Fall bereits verhandelt und abgeschlossen sei.

  31.12.1999 Das Mandat der Sonderkommission für Begnadigungen geht zu Ende. In der Zeit ihres Bestehens hat sie 3225 Anträge erhalten und bearbeitet, denen die Regierung in 481 Fällen stattgegeben und Begnadigungen ausgesprochen hat.

  18.08.2000 Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte fällt sein Urteil im Fall Cantoral Benavides, in dem er erneut die peruanische Antiterrorismusgesetzgebung kritisiert und vom peruanischen Staat deren Anpassung an die Normen der Amerikanischen Konvention für Menschenrechte fordert.

  28.08.2000 Der Oberste Militärgerichtsrat annulliert das Urteil gegen Lori Berenson. Am gleichen Tag wird gegen sie ein Verfahren wegen "Terrorismus" vor einem Zivilgericht eröffnet.

DIE ANTITERRORISMUSGESETZGEBUNG NACH DEM STURZ VON FUJIMORI

  26.06.2001 Ein Zivilgericht verurteilt Lori Berenson wegen Unterstützung des Terrorismus nach dem Dekret 25.475 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren.

  19.07.2002 Die Interamerikanische Menschenrechtskommission präsentiert im Fall Lori Berenson eine Klageschrift vor dem Interamerikanischen Gerichtshof wegen "Verletzung der Menschenrechte ... sowohl während des Prozesses, dem sie vor einem Militärgerichten unterzogen wurde, als auch während des späteren Prozesses vor einem zivilen Strafgericht, sowie durch die unmenschlichen Haftbedingungen, denen sie im Gefängnis Yanamayo ausgesetzt war", und fordert den Gerichtshof auf, den peruanischen Staat dazu zu verurteilen, die Dekrete 25.475 und 25.659 zu reformieren, um eine Vereinbarkeit mit der Amerikanischen Konvention für Menschenrechte zu gewährleisten.

  3.01.2003 Das Verfassungsgericht spricht sein Urteil über eine Verfassungsbeschwerde gegen die wichtigsten Antiterrorismusgesetze aus der Zeit der Diktatur von Fujimori und hebt das Gesetz von 20.659 über "Landesverrat", sowie Teile des Dekrets 25.475, speziell die Regelung der Prozesse vor anonymen Richtern auf. Gleichzeitig ordnet es an, dass die wegen "Landesverrats" Verurteilten erneut nach dem Gesetz 25475 wegen "Terrorismus" vor Gericht gestellt werden sollen.

  9.01.2003 Der Kongress verabschiedet das Gesetz 27.913, mit dem er der Exekutive die Vollmacht zur Gesetzgebung in der Materie erteilt.

  18.01.2003 Die Regierung erlässt das Gesetz 921, in dem die drakonischen Freiheitsstrafen für Terrorismus beibehalten werden, die von einer Mindeststrafe von 20 Jahren bis hin zur lebenslanger Haftstrafe reichen und den Betroffenen jede Perspektive auf Freilassung nimmt. Da die peruanische Verfassung die lebenslängliche Haftstrafe verbietet, fügt sie dieser unmenschlichen Strafe eine weitere grausame und demütigende Prozedur hinzu, indem sie die Überprüfung der lebenslangen Haft nach 35 Jahren vorschreibt.

  12.02.2003 Mit dem Dekret 922 wird die Annullierung der Prozesse wegen "Landesverrats" geregelt und die Strafprozessordnung für die neuen Prozesse festgelegt. Mit dem Gesetz wird unter anderem eine Sondergerichtsbarkeit für Terrorismus geschaffen, die Beweismittel aus den früheren Prozessen wie die Polizeiprotokolle der DINCOTE, die auf Aussagen unter Folter beruhen, werden für zulässig erklärt und der Grundsatz der Öffentlichkeit des Prozesses wird eingeschränkt.

  20.02.2003 Mit den Dekreten Nr. 923, 924, 925, 926 und 927 wird unter anderem das Amt eines Sonderbeauftragten zur Verteidigung der Interessen des Staates in Fällen von Terrorismus mit einem Einspruchsrecht bei den Verfahren geschaffen, ein neues "Reuegesetz", sowie das Delikt der Apologie des Terrorismus mit weiterhin unverhältnismäßig hohen Strafen wiedereingeführt, sowie die Voraussetzungen für die vorzeitige Haftentlassung wegen Terrorismus Verurteilter geregelt, indem diese Sonderbedingungen unterworfen werden, die deren Grundrechte einschränken und das Recht auf Gleichbehandlung verletzen.

  Januar/Februar 2003 Das Verfassungsgericht erklärt die Anträge auf Freilassung, die von den wegen "Landesverrats" Verurteilten gestellt worden sind, nachdem das betreffende Gesetz für verfassungswidrig erklärt worden ist, für unzulässig und unterstreicht seine Position, dass die Betroffenen das Recht auf einen neuen Prozess wegen Terrorismus auf der Grundlage der neuen Strafprozessordnung haben.

  Mai 2003 Das Verfassungsgericht annulliert die Urteile von Gerichten mit anonymen Richtern. Dabei vertritt es die Auffassung, dass nicht das gesamte Strafverfahren ungültig ist, sondern nur die Hauptverhandlung, und ordnet die Durchführung neuer Hauptverhandlungen nach den Richtlinien des Dekrets 926 an.

  11.06.2003 Die Interamerikanische Menschenrechtskommission reicht beim Interamerikanischen Gerichtshof eine Klage gegen den peruanischen Staat wegen der Verletzung der Menschenrechte von Maria Teresa de la Cruz Flores ein, in der die Kommission auch die neue Antiterrorismusgesetzgebung des peruanischen Staates in Frage stellt.

  14.09.2004 Der Anwalt Dr. Manuel Fajardo reicht beim zuständigen Gericht eine Habeus-Corpus-Akte ein, mit der er die sofortige Freilassung seines Mandanten Dr. Abimael Guzmán und weiterer 8 Personen beantragt, die vor 12 Jahren mit ihm verhaftet wurden. Nach Aussagen des Anwalts stützt sich der Antrag auf die Tatsache, dass die Antiterrorismusgesetzgebung, auf der das Urteil gegen seinen Mandanten beruhte, von peruanischen und internationalen Gerichten für rechtswidrig erklärt wurde, und folglich nicht als Grundlage für die Haft dienen kann. Er wies darauf hin, dass internationale Abkommen einem Angeklagten in Untersuchungshaft das Recht auf ein gerechtes Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist garantieren und er andernfalls bis zu seiner Verurteilung freigelassen werden muss. Da 12 Jahre offensichtlich keine angemessene Frist sind und das Argument, dass die Untersuchungshaft erst mit der Annullierung des rechtwidrigen Urteils und der Erhebung einer neuen Anklage begonnen hat, absurd ist, handelt sich um eine willkürliche Verhaftung von mehr als einem Jahrzehnt.

  24.09.04 Der Strafrichter Wilbert Sánchez gab der Habeus-Corpus-Akte zugunsten von Dr. Abimael Guzmán, sowie Elena Iparraguirre, María Pantoja, Laura Zambrano, Maritza Garrido Lecca, Zenón Vargas, Roberto Pizarro, Valerio Gonzales und Carlos Incháustegui statt.

 5.11.2004 Auf der Marinebasis Callao begann die erste öffentliche Verhandlung gegen Dr. Abimael Guzmán und 17 Mitangeklagte wegen der Benutzung der Akademie Cesar Vallejo zur Finanzierung und Schulungszentrum einer "terroristischen Vereinigung". Die Verhandlung wurde nach einer Stunde abgebrochen, weil sich in einer Verhandlungspause ein Teil der Angeklagten erhoben und vier Losungen riefen. Angesichts dieses Vorfalls forderten Politiker aller Parteien mit Unterstützung von Persönlichkeiten, die für ihre antidemokratische Gesinnung bekannt sind, lautstark Strafmaßnahmen gegen die Angeklagten und die politischen Gefangenen im Allgemeinen.

  6.11.2004 In eindeutiger Einmischung in die Kompetenzen der Justiz forderte der Präsident Toledo in einer Rede an die Nation die Auswechslung der Richter im Prozess gegen Dr. Guzmán, kündigte die vollkommene Isolierung der "terroristischen Führer", die Wiedereinführung von Besucherkabinen mit Trennscheiben im Militärgefängnis der Marinebasis Callao, die Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen in den Gefängnissen, wo sich "Terroristen" befinden, und die notwendigen Verlegungen von Gefangenen an und wiederholte seine Drohung, dass sich während seiner Regierungszeit "die Gefängnistüren für keinen Terroristen öffnen werden".

  8.11.2004 Der Anwalt von Dr. Abimael Guzmán, Manuel Fajardo, wurde daran gehindert, seinen Mandanten im Militärgefängnis der Marinebasis zu sehen, was eine klare Verletzung des unbeschränkten Rechts auf Verteidigung darstellt.

  12.04.2004 Inmitten eines bissigen Disputs zwischen Richtern, Staatsanwalt und Anwalt des Staates wurde die Verhandlung gegen Dr. Abimael Guzmán und seine Mitangeklagten erneut suspendiert, nachdem einer der Beisitzer sich am Anfang der Sitzung für befangen erklärte und um seine Ablösung ersuchte. Außerdem stellten der Staatsanwalt und der Anwalt des Staates einen Antrag auf Ablösung des Vorsitzenden des Gerichts, weil dieser in seiner früheren Tätigkeit als Anwalt Angeklagte wegen "Terrorismus" verteidigt hat.

  15.11.2004 Der Prozess gegen Dr. Abimael Guzmán und seine Mitangeklagten wurde am 3. Verhandlungstag annulliert, weil auch der zweite Beisitzer des Sondergerichts für Terrorismus um seine Ablösung wegen Befangenheit ersuchte, womit sich das ursprüngliche, nach dem Losverfahren zusammengesetzte Gericht auflöste. Am gleichen Tag wurde ein neues Gericht ernannt.

  18.11.2004 Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte fällte sein Urteil im Fall der Ärztin María Teresa de la Cruz Flores und stellte fest, dass "Peru den Grundsatz der Legalität und des Verbots der rückwirkenden Anwendung von Gesetzen zum Schaden des Beschuldigten, die in Artikel 9 der Amerikanischen Konvention für Menschenrechte garantiert sind, sowie das Recht auf persönliche Freiheit, auf Rechtsgarantien und persönliche Unversehrtheit von De la Cruz verletzt hat". Der Gerichtshof argumentierte, dass die ärztliche Tätigkeit nicht als Unterstützung des Terrorismus betrachtet werden kann, "welches auch immer die Umstände oder die Begünstigten dieser Tätigkeit gewesen sein mögen". Ferner fordert er den peruanischen Staat auf, in dem neuen Prozess gegen De la Cruz die Grundsätze der Legalität und des Verbots der rückwirkenden Anwendung von Gesetzen zum Schaden des Beschuldigten zu beachten. In dem Urteil heißt es: "Der Staat kann sein Recht auf Bestrafung nicht ausüben, indem er rückwirkend Gesetze anwendet, mit denen die Strafen erhöht werden. Eine Person kann nicht für einen Akt bestraft werden, der kein Straftatbestand war, als er begangen wurde." Außerdem ordnete der Gerichtshof an, eine Entschädigung an Maria Teresa de la Cruz Flores und ihre Angehörigen zu zahlen, die Kosten für die Aktualisierung ihrer beruflichen Kenntnisse zu übernehmen und für ihre Wiedereinstellung als Kinderärztin in den Krankenhäusern der Sozialversicherung zu sorgen.

  25.11.2004 Inmitten einer intensiven Medienkampagne, die von der peruanischen Regierung in den Wochen vor dem Beschluss entfacht wurde, fällte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte sein Urteil im Fall Lori Berenson und entschied: "... es konnte nicht bewiesen werden, dass der Staat zum Schaden von Frau Lori Berenson ... die Amerikanische Konvention für Menschenrechte verletzt hat … was das Verfahren vor dem Zivilgericht angeht". Damit bestätigte der Gerichtshof das Urteil des Zivilgerichts, das Lori Berenson auf der Grundlage des Artikels 4 des Gesetzes Nr. 25475 zu 20 Jahren Haft verurteilte. Auf der anderen Seite erkannte der Gerichtshof an, dass der peruanische Staat zum Schaden von Lori Berenson mit dem Verfahren vor einem Militärgericht das Recht auf einen ordentlichen Prozess und aufgrund der Haftbedingungen, denen sie im Gefängnis Yanamayo ausgesetzt war, das Recht auf persönliche Unversehrtheit verletzt hat, und ordnete die Zahlung einer Entschädigung an.

  20.01.2005 Der Richter Wilbert Sánchez erklärte die Habeus-Corpus-Aktion, mit der Dr. Abimael Guzmán, Elena Iparraguirre, Maritza Garrido Lecca, Zenón Vargas und andere Beschuldigte des "Terrorismus", die seit über 12 Jahren ohne gültiges Urteil in Haft sind, ihre sofortige Freilassung wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstdauer der Untersuchungshaft verlangt hatten, für unzulässig. In seiner Begründung vertritt der Richter die Ansicht, dass die Prozesse gegen die Betroffenen formal im Jahr 2003 begannen und folglich die Untersuchungshaft von diesem Zeitpunkt an gerechnet wird.

  11.02.2005 Mit den Unterschriften von 5186 Bürgern reichte die Volksbewegung zur Kontrolle der Verfassung eine Verfassungsbeschwerde gegen die Antiterrorismusgesetze ein. Die Beschwerde richtet sich gegen das Gesetz Nr. 25475 über Terrorismus, sowie gegen die Dekrete Nr. 921, 922, 923, 924, 925, 926 und 927 der Regierung Toledo. Im Januar 2003 hatte das Verfassungsgericht aufgrund einer vorherigen Beschwerde einen Teil der Antiterrorismus-gesetzgebung der Diktatur Fujimori für verfassungswidrig erklärt, jedoch gleichzeitig das Gesetz Nr. 25475 mit juristischen Spitzfindigkeiten für verfassungskonform erklärt und verfügt, dass die Betroffenen auf dessen Grundlage ein neuer Prozess gemacht wird. Die Regierung Toledo erließ daraufhin die Dekrete Nr. 921, 922, 923, 924, 925, 926 und 927, mit denen dessen Anwendung in den neuen Prozessen und der Strafvollzug reglementiert wird, wobei im wesentlichen die Einschränkung der Grundrechte und die drakonischen Strafen der früheren Gesetze bestehen bleibt und teilweise noch darüber hinausgeht.