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Für die Abschaffung der menschenrechtswidrigen Antiterrorismusgesetze in Peru! Gegen die Kriminalisierung und politische Verfolgung der sozialen Bewegungen! Freiheit für die politischen Gefangenen!


Am 11. Februar 2005 reichte die peruanische "Volksbewegung für die Kontrolle über die Verfassung" (Movimiento Popular de Control Constitucional) eine Verfassungsbeschwerde gegen das Antiterrorismusgesetz 25475 und die Dekrete 921 bis 927 ein, die dessen Anwendung regulieren. Wir begrüßen und unterstützen diesen weiteren wichtigen Schritt im Kampf für die Demokratisierung der peruanischen Gesellschaft.

Das Gesetz 25475 der Diktatur Fujimori bildet das Kernstück der peruanischen Antiterrorismusgesetzgebung, die wie jedes Antiterrorismusgesetz den Zweck verfolgt, den politischen Charakter der Kämpfe des Volkes gegen soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung zu kriminalisieren und politisch zu isolieren. Peruanische und internationale Juristen, einschließlich der Kommission für Menschenrechte der OAS und des Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben das Gesetz wiederholt bemängelt, weil es elementare Rechtsgrundsätze verletzt, denn sowohl der Straftatbestand des Terrorismus als auch das zu schützende Rechtsgut sind derart weit gefasst und vage definiert, dass praktisch jede Straftat Terrorismus sein kann, wenn es der Ankläger so auslegt. Damit können Tatbestände, die im Strafgesetzbuch als Bagatelldelikte behandelt werden, und selbst Akte, die unter die Meinungs- und Informationsfreiheit fallen, wie der Besitz eines Flugblatts oder eine positive Meinungsäußerung über eine sogenannte "terroristische Vereinigung" zum Straftatbestand erklärt und mit Gefängnisstrafen von mindestens 20 Jahren geahndet werden. Auf diese Art schwebt das Terrorismusgesetz wie ein Damoklesschwert über allen sozialen Protesten, wie vor nicht allzu langer Zeit die Kämpfe der Cocabauern und der Lehrerstreik einer Fraktion der Lehrergewerkschaft SUTEP gezeigt haben, gegen deren Führer Anklage wegen Terrorismus erhoben wurde. Die Antiterrorismusgesetze dienten und dienen insbesondere dazu, die Aktionen einer Partei des internen Krieges, der ab 1980 in Peru stattfand, als kriminelle Akte zu diffamieren und die Aufständischen als gewöhnliche Kriminelle zu präsentieren und zu verfolgen, während andererseits die Verbrechen gegen die Menschlichkeit des peruanischen Staates als Notwendigkeit zur Verteidigung der "Demokratie und des Rechtsstaates" dargestellt werden und weitgehend unbestraft geblieben sind oder im Fall, dass dies aufgrund des öffentlichen Drucks nicht möglich war, mit Mindeststrafen belegt wurden.

Trotz des offensichtlichen Verstoßes gegen Rechtsgrundsätze, die in der peruanischen Verfassung und internationalen Abkommen festgelegt sind, wurde der Artikel 2 des Gesetzes 25475 über das Delikt des "Terrorismus" vom peruanischen Verfassungsgericht für verfassungskonform erklärt, als es sich auf Grund einer früheren Verfassungsbeschwerde im Januar 2003 gezwungen sah, einen Teil der Antiterrorismusgesetzgebung der Diktatur Fujimori, insbesondere die Verfahren wegen "Landesverrats" vor Militärgerichten, sowie die Verurteilungen durch anonyme Richter, für verfassungswidrig zu erklären und die entsprechenden Urteile aufzuheben. Daraufhin hätten alle betroffenen Gefangenen freigelassen werden müssen, denn ein international anerkannter Rechtsgrundsatz besagt, dass niemand zweimal wegen desselben Tatbestands angeklagt werden darf. Doch in dem Bestreben, die Freilassung der politischen Gefangenen um jeden Preis zu verhindern, setzte sich das Verfassungsgericht über alle Regeln des demoliberalen Rechtsstaats hinweg, den es zu verteidigen verpflichtet ist, und verfügte, dass die betroffenen Personen erneut auf der Grundlage des Gesetzes 25475 wegen "Terrorismus" vor Gericht gestellt werden sollten. Gleichzeitig wies es die peruanische Regierung an, die Modalitäten der neuen Verfahren, das Strafmaß und die Bedingungen des Strafvollzugs zu regeln. Daraufhin erließ diese die Dekrete 921 bis 927, die wie die früheren Gesetze weiterhin unverhältnismäßig hohe Strafen vorsehen, wesentliche Rechtsgarantien einschränken, sowie Sondergerichte für das Verfahren und Sonderregelungen für den Strafvollzug einführen, um die Freilassung nach verbüßter Strafe zu erschweren. Dieses Vorgehen verstößt eindeutig gegen den unumstößlichen Rechtsgrundsatz, dass kein Gesetz rückwirkend angewendet werden kann, wenn es zu Ungunsten des Beschuldigten ist. Außerdem wurde verfügt, dass die Zeit der Untersuchungshaft vom Zeitpunkt der Einleitung der neuen Verfahren an gerechnet wird, um die Anträge der Beschuldigten auf Haftverschonung wegen Überschreitung der Höchstdauer der Untersuchungshaft, die nach peruanischem Gesetz maximal 36 Monate dauern darf, abzulehnen, obwohl sich die Mehrheit der Gefangenen mehr als 10 Jahre, in einigen Fällen sogar fast 20 Jahre ohne gültiges Urteil in Haft befinden. Währenddessen wurden Mitglieder der paramilitärischen Gruppe "Colina", sowie der verbrecherischen Mafia des Ex-Präsidenten Fujimori, die mit der gleichen Begründung Haftverschonung beantragt hatten, freigelassen. Gleichzeitig verschärfte die peruanische Regierung per Dekret erneut die Haftbedingungen für die politischen Gefangenen, indem sie ohne jeden Anlass wie zu Zeiten Fujimoris einen Teil isolierte, den Hofgang auf eine Stunde täglich verkürzte und den Besuch auf ein Minimum beschnitt. Unter diesen Bedingungen versucht sie die neuen Prozesse gegen die politischen Gefangenen durchzuführen, allen voran den sogenannten Megaprozess gegen die Führung der Kommunistischen Partei Perus (PCP), der als Schauprozess zur Verteufelung revolutionärer Ideen und Fanal der Abschreckung für alle sozialen Bewegungen geplant ist, ein Prozess, dessen Ausgang längst feststeht, ehe er überhaupt angefangen hat, ebenso wie der des Prozesses gegen die Führung der Aufständischen der MRTA (Movimiento Revolucionario Tupac Amaru), der zur Zeit in der Marinebasis Callao stattfindet.

All das zeigt, dass dem peruanischen Staat, der derzeit von der Regierung Toledo angeführt wird, der bürgerlich-demokratische Rechtstaat einzig als Deckmantel zum Erhalt der Macht und der Maximierung des Profits der kleinen Gruppe der Reichen des Landes und der internationalen Konzerne geht, die das Land ausplündern, und er keinen Moment zögert, dessen elementare Grundsätze zu verletzen, wenn er diese Interessen in Gefahr sieht.

Wir fordern alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte weltweit auf, für die Abschaffung der sogenannten "Terrorismusgesetze" einzutreten und deren wahren Charakter als Instrument der Kriminalisierung von sozialen Bewegungen in Peru und anderen Ländern zu entlarven. Insbesondere aber rufen wir die sozialen Bewegung, alle Demokraten und das Volk in Peru auf, aktiv für die Abschaffung der Antiterrorismusgesetze einzutreten und das Recht auf Widerstand gegen soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung zu verteidigen.

Asociación Perú - Deutschland

März 2005