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Der Kampf gegen die Straffreiheit
GEGEN DIE STRAFFREIHEIT DES MASSENMORDES IM GEFÄNGNIS "MIGUEL CASTRO CASTRO" IM MAI 1992!

Trümmer des Gefängnisses El Frontón nach dem Massenmord vom Juni 1986 Am 6. Mai 1992 um 4:30 Uhr früh sprengten kombinierte Sondereinheiten der Polizei und der Armee ein Loch in die Mauer des Innenhofes des Traktes 1A im Gefängnis "Miguel Castro Castro", durch das sie eindrangen und das Gebäude unter Beschuss nahmen. Damit begann die Operation "Mudanza 1", deren angebliches Ziel die Verlegung der 131 weiblichen politischen Gefangenen, die der Kommunistischen Partei Perus (PCP) zugeordnet wurden, in den neu erbauten Hochsicherheitstrakt im Frauengefängnis Chorrillos war. Dabei handelte es sich offensichtlich um einen Vorwand, denn den Gefangenen war zu keinem Zeitpunkt der Termin der geplanten Verlegung mitgeteilt worden, obwohl die weiblichen Häftlinge selbst die Forderung nach der Überführung in ein Frauengefängnis erhoben hatten, seit sie nach dem Massenmord an den politischen Gefangenen in den Gefängnissen El Fronton, Lurigancho und Callao vom Juni 1986 im Hochsicherheitsgefängnis "Miguel Castro Castro" in Canto Grande, einem Außenbezirk der Hauptstadt Lima, untergebracht worden waren, das eigentlich ein reines Männergefängnis war. Daran knüpften sie allerdings in Anbetracht früherer Erfahrungen stets die Bedingung, dass ihre Sicherheit und die Wahrung ihrer Rechte sowohl bei der Überführung als auch bei der Unterbringung in den neuen Räumlichkeiten durch die Anwesenheit von Anwälten, Angehörigen und Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes garantiert werden müssten.

Diese Bedingung war jedoch offensichtlich nicht mit den Plänen der Regierung vereinbar, die vorhatte, die Gefangenen unter menschenunwürdigen Bedingungen in den neuen sogenannten Hochsicherheitsgefängnissen zu isolieren, ihnen alle Rechte zu verweigern und sie physisch und psychisch zu vernichten. Dementsprechend trug der Einsatz alle Merkmale "eines vorsätzlichen Angriffs, einer Operation, die von vornherein als ein Attentat auf Leib und Leben der Gefangenen angelegt war, welche sich in den Trakten 1A und 4B des Gefängnisses Miguel Castro Castro befanden", wie der Amerikanische Gerichtshof für Menschenrechte mehr als 14 Jahre später in seinem Urteil zu dem Fall feststellte. Der Einsatz begann mit einem überfallartigen Angriff in den frühen Morgenstunden, gefolgt von Dauerbeschuss und der Demolierung der Decke und der Wände des Gebäudes. Die Gefangenen waren gezwungen, um ihr Leben zu kämpfen, indem sie die Eingänge verbarrikadierten und Deckung suchten. Angesichts der Gefahr, dass das Gebäude einstürzt, flüchteten sie am Nachmittag des 6. Mai durch die unterirdischen Gänge, die beim Bau des Gefängnisses zur Instandhaltung der Rohrleitungen zwischen den Gebäuden angelegt wurden, aus dem Trakt 1A in den Trakt 4B, wo die männlichen Gefangenen der PCP untergebracht waren. Danach konzentrierte sich der Angriff auf dieses Gebäude, wo sich mehr als 500 Gefangene, darunter viele Verletzte, auf engstem Raum ohne ausreichend Wasser und Nahrung befanden. Die Angreifer setzten unter anderem Tränengas, Brechgas, Brandbomben, Sprengstoff, Granaten, Maschinenpistolen und Scharfschützen mit Schnellfeuergewehren ein, rissen die Wände mit Vorschlaghämmern und Planierraupen ein und bombardierten das Gebäude aus Hubschraubern. Mehrere Angebote der Gefangenen, eine Vermittlungskommission aus Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes und der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte zu bilden, um eine friedliche Lösung des Konflikts zu erreichen, blieben unbeantwortet. Stattdessen wurden die Delegierten, die das Verhandlungsangebot überbrachten, misshandelt und verschleppt. Eine Gruppe von Verletzten, die das Gebäude verließen, weil die Einsatzkräfte ihnen medizinische Behandlung zugesagt hatten, wurde ohne jede Versorgung mehr als 24 Stunden im zentralen Innenhof des Gefängnisses festgehalten. Als die Gefangenen am Nachmittag des 9. Mai beschlossen, das Gebäude zu verlassen, weil dieses einzustürzen drohte, wurden die mutmaßlichen politischen Führer gezielt selektiert und umgebracht.

Bei der Aktion starben 41 Gefangene, von denen 15 bei den Angriffen auf die Zellentrakte 1A und 4B ums Leben kamen, während der Rest nach dem Verlassen des Gebäudes illegal hingerichtet wurde. Die Überlebenden wurden misshandelt und gefoltert, obwohl der größte Teil von ihnen verletzt war. Verschmutzt, teilweise mit Blut bespritzt, ohne Schuhe und mit zerrissener Kleidung wurden die Frauen noch in der Nacht in die Gefängnisse von Chorrillos und Cachiche in Ica gebracht, während die männlichen Gefangenen noch Wochen lang im sogenannten "Niemandsland" des Gefängnisses im Freien blieben, bis sie mit einem erneuten massiven Polizeieinsatz am 22. Mai unter weiteren Misshandlungen auf die Gefängnisse Yanamayo in Puno, Lurigancho in Lima und den provisorisch wiederhergestellten Trakt 1A des Gefängnisses "Miguel Castro Castro" verteilt wurden. Die medizinische Versorgung beschränkte sich auf die Schwerverletzten, erfolgte erst nach Stunden und war vollkommen unzureichend, sodass mehrere Verletzte im Polizeikrankenhaus starben, weil sie keine angemessene Behandlung erhielten. Mehrere der Verletzten behielten schwere gesundheitliche Schäden zurück.

Die Regierung Fujimori rechtfertigte dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit der Notwendigkeit, das "Prinzip der Autorität" in den Gefängnissen wiederherzustellen. Vorangegangen war eine monatelange Medienkampagne, in der Falschmeldungen über angebliche geheime Tunnel, Waffen und den vollkommenen Verlust der Autorität des Gefängnispersonals in den Trakten der politischen Gefangenen verbreitet wurden, um Stimmung für ein "hartes Durchgreifen" gegen die Gefangenen wegen "Terrorismus" zu machen. Wie nicht anders zu erwarten war, wurden alle juristischen Aktionen der Gefangenen, ihrer Anwälte und der Angehörigen der Opfer von den peruanischen Gerichten zurückgewiesen. Eine von einem Militärgericht eingeleitete Untersuchung gegen die an dem Angriff beteiligten Polizisten blieb reine Formalität und wurde nach einem halben Jahr eingestellt. Stattdessen wurde Anklage gegen eine Gruppe von Gefangenen erhoben. Eine nur wenige Wochen nach dem Massenmord eingereichte Klage der Betroffenen vor der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte blieb über Jahre folgenlos. Erst nach dem Sturz von Fujimori im November 2000 kam Bewegung in den Fall. Nachdem zwei weitere Klagen von Betroffenen eingegangen waren, nahm die Amerikanische Kommission für Menschenrechte im März 2001 den Fall an und reichte im September 2004 Klage vor dem Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. In Peru wurde aufgrund der Empfehlungen des Abschlussberichts der Wahrheits- und Versöhnungskommission vom August 2003 eine polizeiliche Untersuchung gegen die Verantwortlichen für den Massenmord im Gefängnis Canto Grande vom Mai 1992 eingeleitet, die schließlich im Jahr 2005 zur Einleitung eines Verfahrens wegen vorsätzlichem Mord und anderen Delikten gegen damals verantwortliche hohe Polizeibeamte führte. Mit Ausnahme des damaligen Innenministers, des Generals Juan Briones Davila, wurde jedoch keiner der politisch Verantwortlichen in das Verfahren mit einbezogen. Damit drohte insbesondere der politische Hauptverantwortliche, der Expräsident Fujimori, straffrei auszugehen. Auch in dem Auslieferungsverfahren, das nach seiner Festnahme in Chile im November 2005 gegen ihn eingeleitet wurde, blieb der Fall zunächst unberücksichtigt. Erst im August 2006 wurde in dem Fall ein Verfahren wegen vorsätzlichem Mord gegen ihn eröffnet. Im November 2006 erging das Urteil des Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem die direkte Verantwortung von Alberto Fujimori an der Ermordung der Häftlinge im Gefängnis Canto Grande hervorgehoben wird und die Mitgliedsstaaten der OAS aufgefordert werden, für eine baldige Auslieferung des Exdiktators einzutreten.

DOKUMENTE UND STELLUNGNAHMEN:

GROSSER NATIONALER MARSCH DER OPFER UND DER ANGEHÖRIGEN DER OPFER DER POLITISCHEN GEWALT. Aufruf des Organisationskomitees. Januar 2007   »

URTEIL DES AMERIKANISCHEN GERICHTSHOFS FÜR MENSCHENRECHTE IM FALL "CASTRO CASTRO". 25. November 2006. Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.   »

NEIN ZUR STRAFFREIHEIT DES MASSENMORDES IM GEFÄNGNIS CANTO GRANDE VON 1992! AFADEVIG (Vereinigung der Angehörigen der politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfer der Vernichtungspolitik). Mai 2006.   »

NEIN ZUR STRAFFREIHEIT DES MASSENMORDES IM GEFÄNGNIS VON CANTO GRANDE VON 1992! Angehörige der politischen Gefangenen und Verschwundenen. 6. Januar 2005.    »

NEIN ZUR STRAFFREIHEIT DES MASSENMORDES IM GEFÄNGNIS CANTO GRANDE VON MAI 1992! Presseerklärung der Vereinigung der Angehörigen von politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern der Vernichtungspolitik (AFADEVIG). Mai 2005.   »

BRIEF AN L. UND M.
Brief eines politischen Gefangenen über den Massenmord an politischen Gefangenen im Gefängnis Canto Grande im Jahr 1992 und die anschließende Verlegung ins Gefängnis Yamamayo. »


CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE:

  6. bis 8.05. 1992 Die peruanischen Medien berichten von einem Gefängnisaufstand der Gefangenen wegen "Terrorismus" im Gefängnis "Miguel Castro Castro" in Canto Grande, einem Außenbezirk von Lima. In den folgenden Tagen sind Fernsehbilder von Hubschraubern zu sehen, die Bomben auf die Trakte 1A und 4B des Gefängnisses abwerfen. Die Außerwand des Traktes 1A ist vollkommen zerstört. Es wird von erbittertem Widerstand der Gefangenen im Trakt 4B, sowie der Überführung einer Gruppe von weiblichen Gefangenen ins Gefängnis Chorillos berichtet.

  9.05.1992 Am Abend erklärt die peruanische Regierung, dass der Aufstand der Gefangenen in Canto Grande niedergeschlagen wurde. Es wird von mehreren Toten und Verletzten berichtet.

  10.05.1992 Bei einem Besuch im Gefängnis "Miguel Castro Castro" beglückwünscht der Präsident Alberto Fujimori die Einsatzkräfte der Polizei und der Armee für die "erfolgreiche Niederschlagung des Aufstands". Fernsehbilder und Pressefotos zeigen ihn, wie er zwischen den Reihen von Gefangenen herumläuft, die seit dem Vortag gezwungen werden, bäuchlings im Sand des sogenannten "Niemandslands" des Gefängnisses zu liegen. Fernsehkameras zeigen Osman Morote, einen der Führungskader der Kommunistischen Partei Perus (PCP), allein und verletzt auf dem Boden einer Arrestzelle.

  11.05.1992 Die Spurensicherung der Polizei untersucht die Reste der Trakte 1A und 4B. In Anwesenheit des zuständigen Untersuchungsrichters werden die Leichen geborgen und in das zentrale Leichenschauhaus von Lima gebracht. An den Leichen werden Autopsien vorgenommen. In den Autopsieberichten werden die Todesursachen vermerkt, jedoch keine Angaben über die Kugeln gemacht, die aus ihnen entfernt wurden.

  18.05.1992 Bei der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte geht eine Anzeige der Anwältin Sabina Astete ein, in der diese den peruanischen Staat der Verletzung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, der persönlichen Freiheit, des Legalitätsprinzips, des Grundsatzes des Verbots der rückwirkenden Anwendung von Gesetzen und des Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz im Fall der Gefangenen wegen "Terrorismus" im Gefängnis "Miguel Castro Castro" anklagt. Daraufhin eröffnete die Kommission am 12. Juni 1992 ein Ermittlungsverfahren.

  22.05.1992 500 vermummte und schwer bewaffnete Polizisten dringen in das Gefängnis "Miguel Castro Castro" ein, um die rund 300 Gefangenen, die sich im sogenannten "Niemandsland" befinden, in den provisorisch wieder hergerichteten Trakt 1A zu verlegen. Dabei kommt es zu neuen Misshandlungen der Gefangenen.

  6.06.1992 Unter Berufung auf das neue Antiterrorismusgesetz vom 6. Mai 1992 stellt die Sonderstaatsanwaltschaft aufgrund der Vorfälle vom 6. bis zum 9. Mai im Gefängnis "Miguel Castro Castro" Strafanzeige gegen Osman Morote und weitere Personen wegen Terrorismus, Freiheitsberaubung, der Gefährdung von Personen, der unterlassenen Hilfeleistung, des illegalen Waffenbesitzes, des Widerstands gegen die Staatsgewalt und anderer Delikte.

  21.07.1992 Der turnusmäßig zuständige Untersuchungsrichter weist die Habeus-Corpus-Akte der Anwälte und Angehörigen der Gefangenen zurück, in der diese den Direktor des Gefängnisses "Miguel Castro Castro" und andere Funktionäre unter anderem der Entführung und Körperverletzung durch die Verweigerung von Nahrung und medizinischer Versorgung beschuldigen. Der Richter ordnet lediglich eine allgemeine Untersuchung des Verhaltens der Beamten gegenüber den Gefangenen an.

  7.11.1992 Ein Militärgericht stellt das Ermittlungsverfahren gegen das Polizeipersonal, das an dem Einsatz im Gefängnis "Castro Castro" vom 6. bis zum 9. Mai beteiligt war, mit der Begründung ein, dass sie in Ausübung ihres dienstlichen Pflichten und zur Durchsetzung der Gesetze gehandelt haben.

  20.04.1996 In dem Verfahren wegen der Vorfälle im Gefängnis Canto Grande vom Mai 1992 werden die Häftlinge Osman Morote, Fiorella Montaño, Patricia Zorilla und María Zaire zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil gegen andere Beschuldigte wird aufgeschoben.

  5.06.1997 Der Anwalt Curtis Doebbler erstattet Anzeige bei der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte wegen der willkürlichen Festnahme, Folter und Inhaftierung seiner Mandantin Monica Feria Tinto im Gefängnis "Miguel Castro Castro" und der Vorfälle, die sich im Mai 1992 ereigneten, als seine Mandantin sich in diesem Gefängnis befand.

  13.04.1998 Aufgrund einer Ministerialverordnung und gemäß der Reglementierung über polizeiliche Dokumente wird die passive Dokumentation der Einsatzkommandos und der Verwaltungsvorgänge der kriminalistischen Abteilung aus den Jahren 1990, 1991 und 1992 vernichtet, darunter auch die interne Akte über das Massaker im Gefängnis "Castro Castro" vom Mai 1992.

  6.07.2000 Der Anwalt Curtis Doebbler erstattet eine neue Anzeige bei der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte zu den Ereignissen im Gefängnis "Castro Castro" im Mai 1992, der eine Liste von 610 geschädigten Personen beigefügt ist. Gleichzeitig legt er eine Vollmacht zur Vertretung von Nila Pacheco Neira vor, Mutter von Elvia Nila Zanabria, die am 9. Mai im Gefängnis "Castro Castro" ermordet wurde.

  5.03.2001 Die Amerikanische Kommission für Menschenrechte erklärt die Zulässigkeit der Klagen und fasst die vorliegenden Anzeigen zu einem Fall zusammen.

  31.08.2003 In ihrem Abschlussbericht kommt die Wahrheits- und Versöhnungskommission zu dem Schluss, dass bei den Ereignissen im Gefängnis "Castro Castro" vom Mai 1992 gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Häftlinge verstoßen wurde, weil der Einsatz der Waffen unverhältnismäßig war, das Polizeipersonal nicht angehalten wurde, das Leben der Häftlinge zu schonen, keinerlei Anstrengungen unternommen wurden, um zu einer friedlichen Lösung des Konflikt zu gelangen und den Verletzten medizinische Versorgung verweigert wurde. Die Kommission stellt weiter fest, dass es sich um Delikte nach dem allgemeinen Strafgesetzbuch handelt und empfiehlt, Anklage gegen die verantwortlichen Polizeioffiziere zu erheben, sowie eine Untersuchung über die Verantwortung des damaligen Innenministers, des Generals Juan Briones Davila, einzuleiten.

  3.02.2004 In einem neuen Prozess gegen die vier Häftlinge, die wegen der Ereignisse im Gefängnis "Castro Castro" verurteilt worden waren, spricht die Nationale Strafkammer für Terrorismus des Obersten Gerichtshofs von Peru die Angeklagten frei. In ihrem Urteil kommen die Richter zu dem Schluss, dass "am 6. Mai 1992 kein Aufstand der Häftlinge der Trakte 1A und 4B stattfand und von ihrer Seite auch kein Gewaltakt oder irgendeine Form der Gewaltanwendung vorlag, die das Eingreifen der öffentlichen Gewalt mit den Merkmalen … der Operation ‚Mudanza 1' gerechtfertigt hätte". Außerdem heißt es in dem Urteil, dass "fundierte Hinweise vorliegen, um bei dem Gericht den Verdacht hervorzurufen, dass die Operation ‚Mudanza 1' von höchsten Regierungsreisen geplant wurde, um die Häftlinge wegen Terrorismus in den Trakten 1A und 4B physisch zu eliminieren".

  26.05.2004 Nach einer polizeilichen Untersuchung, die von der "Sonderstaatsanwaltschaft für zwangsweise Verschwundene, illegale Hinrichtungen und Exhumierung von geheimen Massengräbern" im Fall des Massakers vom 9. Mai im Gefängnis "Castro Castro" angeordnet worden war, stellt die Direktion für kriminalistische Ermittlungen der Polizei in ihrem Bericht an die Staatsanwaltschaft fest, dass es nicht gelungen ist, die Identität der direkt Beteiligten festzustellen.

  9.09.2004 Die Amerikanische Kommission für Menschenrechte reicht in dem Fall Klage beim Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.

  16.06.2005 Das "Zweite überprovinzielle Sonderuntersuchungsgericht für Straftaten" eröffnet ein Ermittlungsverfahren gegen Juan Briones Davila (den damaligen Innenminister), Adolfo Cuba y Escobedo (den damaligen obersten Polizeichef) und weitere 10 hohe Polizeioffiziere wegen vorsätzlichem Mord und Körperverletzung im Fall der Ereignisse des Gefängnisses "Miguel Castro Castro" vom Mai 1992, sowie gegen den damaligen Direktor des Gefängnisses, den Polizeioffizier Gabino Cajahuanca, wegen Beihilfe zum Mord. Das Gericht verzichtet auf Haftbefehle gegen die Beschuldigten und verpflichtet sie lediglich, den Vorladungen des Gerichts Folge zu leisten.

  29.08.2006 Das Untersuchungsgericht ordnet die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Alberto Fujimori wegen des Verdachts des vorsätzlichen Mordes an 40 Häftlingen im Gefängnis "Miguel Castro Castro" im Mai 1992 an. Außerdem erlässt das Gericht einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten und ordnet die vorläufige Beschlagnahme seiner Immobilien und Bankkonten an.

  25.11.2006 Der Amerikanische Gerichtshof für Menschenrechte spricht sein Urteil im Fall Castro Castro, in dem er unter anderem zu dem Schluss kommt, dass "der wirkliche Zweck des Einsatzes nicht die Verlegung der weiblichen Häftlinge war, sondern es sich um einen vorsätzlichen Angriff handelte, einen Einsatz, der von vornherein als ein Attentat auf Leib und Leben der Gefangenen geplant war, die sich in den Trakten 1A und 4B des Gefängnisses Miguel Castro Castro befanden". In seinem Urteil ordnet das Gericht an, dass die Vorfälle untersucht und die Schuldigen bestraft werden, die Reste der Todesopfer identifiziert und ihren Angehörigen übergeben werden, der peruanische Staat in einer öffentlichen Zeremonie in Anwesenheit der Angehörigen der Opfer seine Schuld eingesteht, die Überlebenden die notwendige medizinische und psychologische Betreuung erhalten und die Namen der Todesopfer in dem Mahnmal "El Ojo que llora" verzeichnet werden. Außerdem verfügt das Gericht die Zahlung einer Entschädigung an die Opfer und Hinterbliebenen. Die peruanische Regierung reagierte mit Ablehnung auf die angeordneten Sanktionen. Der Präsident Alan García erklärte öffentlich, dass er mit Entschädigungen für die Angehörigen der Todesopfer und die Überlebenden des Massakers nicht einverstanden sei, und "das peruanische Volk" keinesfalls eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die "Terroristen" abhalten werde, wie es das Urteil verfügt.

  Januar 2007 Anhänger der Regierungspartei APRA, des Exdiktators Fujimori und andere erzkonservative Kräfte, darunter der Schriftsteller und ehemalige Präsidentschaftskandidat Mario Vargas Llosa, beginnen eine Kampagne gegen die Einbeziehung der Namen der Toten in die Liste der Opfer von illegalen Hinrichtungen und politischer Gewalt an dem Mahnmal "El Ojo que llora", das in dem Park Campo de Marte (Marsfeld) im Bezirk Jesus Maria in Lima errichtet worden ist. Sie fordern unter anderem den Abriss des Mahnmals, weil es ein "Mahnmal für die Terroristen" sei.

  18.01.2007 Die Bezirksregierung von Jesus Maria beschließt das Projekt "Quipo de la Memoria", dessen zentraler Teil das Mahnmal "El Ojo que llora" gehört, nicht fortzusetzen, und schlägt vor, die dafür vorhandenen Geldmittel, die aus Spenden und einem Zuschuss der Regierung zusammenkamen, für öffentliche Projekte zu verwenden. Bei der Überprüfung des Kontos kommt heraus, dass ein Teil des Geldes bereits für andere Zwecke ausgegeben worden ist.

  21.01.2007 Die Organisationen der Angehörigen der Opfer der politischen Gewalt und con Menschenrechtsorganisationen protestieren mit einer Kundgebung gegen die Vorschläge, das Mahnmal "El Ojo que llora" abzureißen und treten dafür ein, dass es ein Mahnmal zum Gedenken an die Opfer beider Seiten des internen Krieges bleibt.