Aktuell Hintergrund Dokumentation Archiv Links Kontakt

Bericht aus "Die Stimmen der Verschwundenen".

Veröffentlichung der "Defensoría del Pueblo" von Peru.


" ... es gab Momente, in denen ich laut weinen musste, wenn ich an ihn dachte, doch nach und nach, im Lauf der Jahre, konnten wir allmählich vergessen, doch wir können nie vollständig vergessen. So ist es. ... "

C. J. S. A.

Mein Sohn Juan war 19, als er verschwand. Er war unverheiratet, geboren in Huamanga, Schüler im letzten Jahr der Sekundärstufe.

Umstände der Verhaftung

Er wurde am 12. März 1984 in seiner Schule verhaftet. Er war mit seinem jüngeren Bruder zusammen, der jetzt Ingenieur ist. An dem Tag sollte er ein Zusatzexamen ablegen, um seine schlechte Note in Kunst auszugleichen.

Wir wissen nicht, ob es die Guardia Civil oder die PIP war. Sie waren in Zivil gekleidet in Schulgebäude. Sie sahen aus wie "Sinchis". Sie brachten ihn in die Kaserne von Pampa, wo heute die Siedlung "Jardin" liegt. Es waren einige Lehrer und auch mein anderer Sohn dabei, doch niemand hat etwas gemerkt, denn der Polizist näherte sich ihm und tat so, als wäre er ein Freund meines Sohnes. Er gab sich nicht als Polizist zu erkennen und sagte: "Ich werde auch studieren, hier muss man bitten" Dann führte er ihn aus der Schule heraus.

Er kam nicht wieder. Er kam nie wieder. Ich begann ihn zu suchen. Doch da hatten sie ihn schon zum Hauptquartier der Sinchis in der Siedlung "Jardin" geschafft. Dort wurde er gefangen gehalten. Es sieht so aus, als hätten sie ihn gefragt, wo sein Vater arbeitet, und er sagte ihnen, dass ich beim Gericht arbeite. In mein Büro im Gericht kam ein junger Mann. Er saß mehrere Stunden lang im Flur. Ich war bei der Arbeit, und er saß dort. Dann näherte er sich mir und fragte: "Heißen Sie Victor?" "Ja", antwortete ich. "Haben sie Ihren Sohn verschwinden lassen?"" Ja", sagte ich. "Wissen Sie, ihr Sohn lebt und ist wohlbehalten."

Anzeige bei den Behörden

Ein Verwandter hatte eine Straßenecke vom Sitz der PIP entfernt ein Restaurant. Dort gingen mehrere Polizeibeamte essen. Sie erzählten meinem Verwandten: "Er ist dort. Wenn Sie mit ihm verwandt sind, dann sagen Sie seinem Vater Bescheid."

Doch ich war nicht auf der Hut, ich war nachlässig, weil ich dachte, dass sie ihn freilassen würden, denn ich hatte mit Bekannten von der Polizei geredet. Ich war gutgläubig, denn mein Sohn hatte mit diesen Bewegungen nichts zu tun, er war daran nicht beteiligt. Ich dachte, sie werden ihn schon freilassen, sie werden ihn schon freilassen, und seitdem habe ich nichts mehr erfahren.

Ich habe über Jahre, 15 Jahre lang, immer wieder Anzeige erstattet. Bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht. Nachdem er drei Tage verschwunden war, habe ich einen Monat lang in den Militärstützpunkten nach ihm gesucht. Ich habe ebenfalls Anzeige bei der Staatsanwaltschaft für Menschenrechte erstattet. Ich habe mich auch an den Bürgermeister und an die Bürgermeisterin gewandt. Sie wurde später selbst umgebracht. Und an den Bischof, doch der Bischof von Ayacucho wollte nichts mit den Verschwundenen zu tun haben, nicht nur in meinem Fall, sondern mit den Verschwundenen im allgemeinen. Er empfing uns nicht.

Folgen der Gewalt

Meine Frau und ich haben ihn gesucht, nur wir beide. Wir waren verzweifelt und haben viel, sehr viel geweint. Wir haben sehr gelitten, und es gab Momente, in denen wir laut weinen mussten, wenn wir an ihn dachten. Nach und nach, im Lauf der Jahre, konnten wir allmählich vergessen, doch wir können nie vollständig vergessen. So ist es. Es sind jetzt 17 Jahre, dass wir ihn suchen. Seit 1984. 17 Jahre, schon 17 Jahre.

Meine Kinder, meine Frau und ich erinnern uns oft an Juan. Nun ja, wie erinnern uns manchmal. Es gibt Momente, in denen wir an ihn denken, und sie werden traurig, und seine Mutter beginnt zu weinen.

Juli 2000



[zurück zum Index]



Übersetzung aus dem Spanischen nach: "Die Stimmen der Verschwundenen" ("Las Voces des los Desaparecidos"), herausgegeben von der Defensoría del Pueblo (Ombudsman) von Peru, 2000, S. 23 ff. (1. Korrektur)


nach oben