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Öffentliche Anhörung der Wahrheitskommission in Tingo Maria

Fall 16

Aussage von Frau Gisela del Aguila Pisco aus Tocache über die Festnahme und das Verschwinden ihrer zwei Brüder, die im Jahre 1989 vermutlich vom "Kommando Rodrigo Franco" zu Tode gefoltert wurden.

Gisela del Aguila Pisco:

Vielen Dank und schönen guten Tag. Ich bin Gisela del Aguila und komme aus Tocache, um über meine beiden Brüder zu berichten.

Im Jahr 1989 war es schlimm in Tocache. Die Leute wurden gegriffen, als wären sie irgendein Hund, irgendein Tier und umgebracht. Man fand sie tot auf die Straße geworfen. Zu der Zeit griffen sie sich auch meine beiden Brüder. Sie fuhren von Zuhause auf einem Moped weg und sind bis heute nicht wieder aufgetaucht. Ich denke: Warum gibt es so viel Unrecht auf der Welt? Wir sind alle Menschen, alle sind wir Christen. Warum wird einem Menschen einfach so das Leben genommen, ohne dass man weiß aus welchem Grund und warum?

Ich denke, dass meine Brüder niemals jemandem etwas getan haben, und sie wurden umgebracht. Wir, ihre Verwandten, wandten uns an die Staatsanwaltschaft, um Anzeige zu erstatten. Und meine Mutter ging hinein, und sie zogen zusammen mit dem Staatsanwalt los, um sich zu erkundigen, wo meine Brüder waren. Ich wartete draußen. Meine Mutter ging dort hinein, wo sie vermutet wurden. Doch als sie mit dem Staatsanwalt nachsahen, fanden sie niemanden.

Ich war draußen und hörte, wie ein Mann sagte: "Versteckt sie im Bad. Der Staatsanwalt kommt mit der Mutter." Und als meine Mutter herauskam, sagte sie: "Es ist niemand da". Da schrie ich den Staatsanwalt an und sagte: "Herr Doktor, sie tun gar nichts. Meine Brüder sind sehr wohl hier. Ich habe gehört, wie der Mann sagte, dass man sie im Bad verstecken soll. Warum suchen Sie nicht dort? Ich weiß, dass sie dort sind", habe ich zu ihm gesagt.

"Hier ist nichts", antwortete er mir. Damals hatte ich ein Baby von drei Monaten. Ich gab ihm die Brust, doch als ich mich auf die Suche nach meinen Brüdern machte, bekam ich einen Abzess in der Brust, so dass ich mein Baby wegen der Suche nach meinen Brüdern nicht mehr stillen konnte. So suchte ich weiter nach ihnen, um in Erfahrung zubringen, was mit ihnen passiert war. Die Leute, alle, die es gesehen hatten, sagten: "Ja, sie sind dort. In diesem Gebäude halten sie sie fest". Ich versuchte, sie zu finden. Ich versuchte sie zu bewegen zuzugeben, dass sie dort sind, doch sie stritten alles ab. Drei Tage lang ging das so. Dann ging ich hinein zum Kommandanten und sagte wütend zu ihm: "Herr Kommandant, ich weiß, dass meine Brüder hier sind, denn es gibt Leute, die sie gesehen haben. Warum geben Sie mir keine Auskunft? Was wollen Sie? Wenn Sie Geld wollen, kann ich es Ihnen geben", habe ich zu ihm gesagt.

Darauf antwortete er mir: "Gut, Seņora, was wir mit dir machen werden, ist ganz einfach. Bring uns einfach fünf Kisten Bier und zwei Flaschen Whisky. Aber der Whisky muss Chivas sein." Und ich sagte ihm, dass ich sie ihm bringen würde, wie auch immer. Zu der Zeit bekam man in Tocache nur schwer Bier. Es gab nur eine Person, die Bier hatte. So ging ich, so gingen wir zu dritt das Bier besorgen. Wir kauften es und brachten es hin. Ich ging zu ihm hinein und sagte zu ihm: "Seņor, hier sind die fünf Kisten Bier und die zwei Flaschen Whisky." Und er antwortete: "Komm morgen, und wir reden darüber". Um 3 Uhr nachmittags am nächsten Tag ging ich wieder hin. Er reagierte verärgert. Aber das ganze Bier und dem Whisky hatten sie bereits ausgetrunken.

Da sagte ich zu ihm: "Seņor, ich komme, um den Handel über meine Brüder abzuschließen. Ich weiß, dass sie hier sind. Sie können mich nicht anlügen", habe ich zu ihm gesagt. "Und woher weißt du das?" antworteten sie mir. " Weil alle Leute es wissen, und weil jemand gesehen hat, dass sie hier sind", sagte ich zu ihm. "Seņora, der Preis für sie beträgt 5000 Dollar". Ich sagte zu ihm: "Geben Sie mir zwei Tage Zeit. Ich werde das Geld besorgen und es bringen ".

Sie gaben mir die zwei Tage. Ich ging um 3 Uhr nachmittags hin, aber ich belog ihn. "Hier ist das Geld", sagte ich zu ihm, "hier in dieser Tasche". Und sie wollten, dass ich es ihnen gebe. Und da ich sie täuschte, denn ich hatte das Geld nicht, habe ich gesagt: "Seņor, wenn Sie wollen, dass ich Ihnen das Geld gebe, will ich erst sehen, dass Sie meine Brüder freilassen. Sonst bekommen Sie das Geld nicht". Das sagte ich zu ihm. Und da wurde er wütend.

Daraufhin bat ich ihn verzweifelt noch einmal: "Seņor, sagen Sie mir, ob meine Brüder hier sind". "Nein, ich werde dir nichts sagen, ich will, dass du mir erst das Geld gibst. Das Geld ist es, was ich will." "Ich werde dir das Geld nicht geben, solange du meine Brüder nicht freilässt". "Du kannst verschwinden", sagte er mir.

Ich ging nach Hause, um meiner Mutter zu berichten, dass ich nichts erreicht hatte. Den Rest wollte ich ihr nicht erzählen. Sie ließ nicht locker und drängte mich, weiter zu suchen, und so ging ich am nächsten Tag wieder hin. "Seņor", sagte ich, "warum sind Sie so schlecht zu mir? Warum wollen Sie meine Brüder nicht freilassen?" So sprach ich zu ihm und drängte ihn, denn in Wirklichkeit hatte ich das Geld, die 5000 Dollar, nicht.

Am Tag darauf ging ich wieder hin, und er reagierte wütend und sagte: "Und was willst du jetzt?" hat er zu mir gesagt. "Wieso, was willst du", antwortete ich, "ich komme wegen meiner Brüder, der Gebrüder del Aguila", sagte ich. "Ich habe dir gesagt, dass sie hier nicht sind". "Sie sind doch hier", sagte ich. "Verschwinde, ehe ich dich umbringe", antwortete er.

Ich kam am nächsten Tag wieder. Ich war verzweifelt, denn sie waren nun schon eine Woche dort. In meiner Verzweiflung sagte ich zu ihm ... ich warf mich vor ihm auf die Knie und umfasste seine Hosenbeine auf der Höhe der Hüfte. Ich sagte zu ihm: "Geben Sie mir meine Brüder zurück. Ich weiß, dass sie hier sind." So sagte ich ihm, und er antwortete: "Sie sind nicht hier, hier ist niemand. Hör auf, mich zu belästigen, sonst bringe ich dich um."

"Und wenn Sie mich umbringen, so sterbe ich glücklich, wenn ich vorher meine Brüder sehe", sagte ich zu ihm. "Du bist sehr stur", sagte er, "du willst nicht verstehen, wenn wir dir sagen, dass sie nicht hier sind." "Aber ich weiß, dass sie hier sind", sagte ich. Da ergriff er mich und sagte: "Ich werde Sie dir nicht geben." Und ich klammerte mich weiter an seine Hüfte und sagte: "Seņor, wenn Sie sie getötet haben, übergeben Sie mir ihre Leichen. Meine Brüder sind keine Hunde, die man umbringt und auf den Müll wirft. Sogar einen Hund begräbt man, wenn er tot ist, obwohl er nur ein Hund ist. Warum können Sie mir meine Brüder nicht übergeben?", sagte ich.

"Es ist niemand hier." Und er fasste mich und stieß mich weg. Ich fiel hin. "Lieber Gott, hilf mir", sagte ich zu mir, "ich will, dass dieser Mann mir meine Brüder übergibt." Da ging er auf ein Rolltor zu, öffnete eine kleine Seitentür und sagte: "Nun komm, verdammtes Weib, geh rein. Jetzt kannst du dich selbst überzeugen", so sagte er zu mir.

Ich dachte: "Dieser Mann will dich umbringen." Ich sammelte allen Mut und sagte mir: "Ich werde sterben, doch mit der Genugtuung, meine Brüder gesehen zu haben." Zitternd, weinend trat ich ein und folgte dem Mann. Es war ein großer Raum, und er sagte zu mir: "Blick nur geradeaus, nicht zur Seite." Doch ich sah zur Seite, wenn er es nicht bemerkte. An den Seiten waren viele Leute, Männer und Frauen. Sie waren gefesselt und hatten ein weißes Tuch vor dem Mund, das um ihren Kopf gebunden war. Ich sah sie und folgte dem Mann, der um eine Hausecke ging und eine kleine Tür öffnete, und eintrat. "Mach schnell, überzeug dich endlich, und dann mach, dass du hier rauskommst."

Und ich ging hinein und sah einen meiner Brüder, gefesselt, ein weißes Tuch vor den Mund, das um seinen Kopf gebunden war. Ich sah ihn und rief: "Malases", schrie, "Malases", und klammerte mich an die Tür und schrie mit aller Kraft. Als ich die Augen öffnete, sah ich daneben meinen Bruder Melciades. Er hatte keinen Arm mehr. Er war hier abgetrennt. Oh Gott, ich sah seine Füße gegen die Wand gestemmt, und er flüsterte: "Gisella, Gisella. "Er sagte es zwei Mal. Und die Brust meines Bruders war offen. Wenn er atmete, trat blutiger Schaum aus der Wunde. Vielleicht lag mein Bruder gerade im Sterben. Doch trotzdem hörte er mich noch. Ich brach schreiend zusammen. "Melciades", schrie ich mit aller Kraft und wurde ohnmächtig. Sie holten mich dort heraus und warfen mich auf ein freies Feld voller Steine. Als ich aufwachte, stand ein Polizist neben mir. Und als der Polizist sah, dass ich aufstand, näherte er sich und sagte: "Seņora, gehen Sie schnell zur Straße, denn wenn dieser Mann herauskommt, wird er dich umbringen. Und ich antwortete ihm: "Das ist mir egal, von mir aus kann er mich sofort umbringen." Das habe ich ihm gesagt, denn ich fühlte mich außer Stande, weiter zu leben. Und der andere Mann kam nicht heraus. Der, der mich gesehen hatte, brachte mich bis zur Straße, und sagte: "Seņora, du kannst gehen, beeil dich, damit dich der andere Polizist nicht sieht, denn er wird dich umbringen."

Und weil ich wollte, dass sie mich töten, lief ich extra langsam, und fühlte mich, als würde ich auf Watte gehen. "In welchem Moment?", fragte ich mich. "Warum diese Wunden meiner Brüder? Leichter ist es, ihnen eine Kugel zu verpassen und Schluss. Nicht so, in Stücke gehackt, wie sie es mit meinen Brüdern gemacht haben. Mein anderer Bruder, er ist vielleicht durch die Schläge gestorben, die sie ihm versetzt haben."

In dem Moment war es, als ginge ich wieder hin. Auf dem Weg nach Hause war ich vollkommen durcheinander, und nahm kaum wahr, wo ich lang lief. Auf der Landstraße traf ich einen Onkel. Er fragte mich: "Wohin gehst du?" " Ich gehe nach Hause, Onkel", antwortete ich. "Aber Kind", sagte er zu mir, "dein Zuhause ist nicht in dieser Richtung. Dir geht es nicht gut." In diesem Moment habe ich niemandem etwas erzählt, kein Wort. Und er sagte zu mir: "Ich bringe dich hin." Als ich zu Hause ankam, fing ich an zu weinen. Meine Mutter sagte zu mir: "Du gehst deine Brüder suchen, doch mir sagst du nichts. Du weinst nur", sagte sie zu mir, "was soll ich denken? Hast du sie gefunden oder nicht?", fragte meine Mutter.

Ich wollte es ihr nicht erzählen, um ihr den Schock zu ersparen. Erst als die Wahrheitskommission nach Tocache kam, hatte ich jemanden, dem ich es erzählen konnte. Erst da erfuhr meine Mutter, was passiert war. Ich war noch einmal dort, um nach meinem Bruder zu fragen, um die Übergabe seiner Leiche zu verlangen, denn ich sagte mir, bestimmt ist er tot. Also ging ich noch einmal hin und sprach mit einem jungen Mann. "Hören Sie", sagte ich, " ich komme wegen meiner Brüder. Erinnerst du dich, dass ich gestern hier war?" "Ja, Seņora", sagte er zu mir, "aber du kommst zu spät". Als er das sagte, bekam ich einen Schreck. "Warum?", fragte ich. "Wo sind meine Brüder? Haben sie sie umgebracht?", habe ich gefragt. "Ja, Seņora, sie haben sie gestern Nacht getötet. Gestern um Mitternacht haben sie sie in den Huallaga geworfen. Gehen Sie dort suchen. Doch es wird unnütz sein. Sie werden sie nicht finden. Denn Sie haben sie gesehen, und darum haben sie sie in einen Sack gesteckt und mit Steinen und Metall beschwert, damit sie nicht nach oben kommen, damit sie nicht gefunden werden. Denn sie sagen, dass Sie Anzeige erstatten werden. Sie meinen, dass Sie zu allem im Stande wären." "Doch warum haben sie ihnen all das angetan?", fragte ich, "ich möchte meine Bruder begraben."

"Suchen Sie den Fluss ab, Seņora. Dort werden Sie sie finden. Doch es ist unnütz. So wie die sie hinein geworfen haben, werden Sie sie niemals finden." Doch ich ließ nicht locker. Ich bin nach Hause, weinend, und konnte nicht sprechen. Meine Mutter sagte ärgerlich zu mir: "Du kommst immer nach Hause und weinst und sagst mir kein Wort." Und da sagte ich: "Mama, sie haben meine Brüder gestern um Mitternacht in den Fluss geworfen." Meine Mutter begann laut zu weinen, sie ist fast verrückt geworden, sie rannte auf die Straße und begann sich die Kleider vom Leib zu reißen.

Ich bat die Nachbarn, die Leute dort im Haus, mir zu helfen, meine Mutter festzuhalten. Sie fanden sie, meine Mutter, als sie dabei war sich die Kleider herunterzureißen. Und ich sagte mir: "Ich habe jetzt so viele Dinge erlebt, musste schon so viel Schweres durchmachen", habe ich mir gesagt, "morgen gehe ich meine Brüder suchen." Ich ging zum Fluss. Freunde unterstützten mich. Sie haben mir sehr geholfen. Sie sagten mir: "Lass uns zusammen suchen. Wir werden bis Juanjui gehen, um deine Brüder zu finden."

Wir begannen, an den Flussufern zu suchen, am Huallaga, am Tocache. Am Huallaga fanden wir vielleicht 100 Leichen, weggeworfen wie Müll, doch es war kein Müll. Es waren Menschen, Männer und Frauen. Alle schwer gefoltert, der Hals festgebunden, mit einem Kabel gefesselt, die geschwollene Zunge aus dem Mund hängend, die Augen aus den Höhlen getreten. All das habe ich durchgemacht, all das habe ich mir angesehen. Und warum? Weil ich meine Bruder finden wollte.

Denn ich wollte sie finden, zumindest einen von ihnen, um sie zu begraben und mir sagen zu können: Hier sind meine Brüder. Ich will Ihnen eine Kerze aufs Grab stellen. Doch nein, es war alles umsonst. Ich habe überall gesucht, doch es war alles umsonst. Sie waren nicht zu finden. So viele Menschen, die unschuldig gestorben sind, nur weil jemand gesagt hat, sie sind Terroristen, man muss ihn verhaften, man muss ihn umbringen. Nur deshalb.

Doch ich habe nicht aufgehört, nach meinen Brüdern zu suchen. Bei Sonne, bei Regen, an den Flüssen, am Fluss Tocache. Ich habe viele Tote gefunden. Wenn der Fluss sprechen könnte, meine Damen und Herren, der Fluss würde es ihnen erzählen und nicht ich. Eine Sache ist es, die Dinge mit eigenen Augen zu sehen, diese Momente zu erleben, eine andere, zuzuhören, wenn jemand davon erzählt. Alles, was passiert ist, all das, was diese Leute angerichtet haben. Diese Erbarmungslosigkeit, so viele Menschen umzubringen. Für sie waren alle Terroristen, sie waren alle Mörder.

Ich fand Frauen, meine Damen und Herren, mit zerfetzten Brüsten, mit zerstückelten Körpern, so wie man ein Huhn, ein Hähnchen zerlegt, um es zu essen. So sahen die Menschen in den Säcken aus, die man am Fluss fand. Ich hatte eine Rasierklinge dabei, um die Säcke zu öffnen. Darin waren sie eingequetscht, gefesselt, zusammengebunden mit Tüchern, Stromkabeln und verstümmelt. Menschen ohne Kopf, Körperhälften konnte man finden. Leute aus dem Norden, die gekommen waren, um ihre Verwandten zu suchen, hatten nicht die Kraft, auf diese Art zu suchen.

Wenn ich am Hafen von Tocache ankam, warteten sie angstvoll auf mich. "Seņora, vielleicht haben Sie eine Person gesehen, die so und so gekleidet war." Manchmal gab es Übereinstimmungen. "Ja, Seņora, dort und dort." Doch sie sind nicht hin und haben ihre Verwandten geholt, denn sie hatten Angst. Wenn ich die Leiche hole, werden sie mich sehen und mich umbringen, sagten sie. Ich sagte zu ihnen: "Seņora, fahr hin, es ist dein Sohn oder es ist deine Tochter. Geh hin, ich würde es tun, wenn ich meine Bruder finden würde. Ich würde sie sofort holen, um sie zumindest zu begraben und mir sagen zu können, hier liegen sie begraben. "

So schlimme Dinge, meine Damen und Herren, dass Sie vielleicht sagen werden, das ist gelogen. Doch nein, die Leute, die damals in Tocache lebten, wissen, dass diese Dinge in Tocache passiert sind. Sie wissen, was wir in Tocache alles durchgemacht haben, zumindest die, die jemanden aus ihrer Familie verloren haben. Meine Damen und Herren, es ist nicht leicht zu vergessen, es ist nicht leicht, einen geliebten Menschen zu vergessen, der einfach so verschwindet. Wenn jemand an einer Krankheit stirbt, weiß man, er ist gestorben, weil er krank war.

Das ist nicht dasselbe, meine Damen und Herren. Was mir am meisten wehtut, ist, dass sie in Stücke gehackt gestorben sind. Warum haben sie mir die Leichen nicht übergeben? Ich war doch ständig dort, ich wusste doch, dass sie dort waren? Doch leider ist das Leben manchmal so ungerecht. Was kann man da machen, mein Gott? Ich kann mich nur damit abfinden, dass sie tot sind, und dass sie, wo sie sind, aus dem Himmel, für mich beten. So viele Dinge, alles, was ich durchgemacht habe. So viele Dinge, die ich erlebt habe, meine Damen und Herren. Vielleicht bin ich hier, weil ich dadurch stark geworden bin, weil ich Kraft gewonnen habe, mich an meine Erlebnisse zu erinnern, damit die Leute erfahren, wie wir damals gelitten haben.

Nun, meine Damen und Herren, ich bitte Sie... ich will Sie nicht länger aufhalten, die Zeit ist kurz. Es gäbe noch viel zu erzählen viel zu sagen, meine Damen und Herren, doch die Zeit ist knapp, es ist nicht möglich, alles zu erzählen. Es gibt viele, die draußen darauf warten, herein zu kommen und ihre Aussage zu machen. Ich bitte die Wahrheitskommission um Gerechtigkeit, dass sie für Unterstützung für die Kinder meiner Brüder sorgt. Das ist es, worum ich bitte, und irgend eine Art von Unterstützung für meine Mutter, und sei es psychologische Unterstützung. Sie werden sehen, was Sie tun können, wie Sie uns helfen können.

Denn, meine Damen und Herren, wenn man erzählt, sind es nur Worte, doch die Dinge selbst zu erleben, ist sehr hart, sehr schlimm einen, meine Damen und Herren. Man müsste tapfer sein, man muss Mut haben, her zu kommen und zu erzählen, darüber zu sprechen was passiert ist. Ich verlange von der Wahrheitskommission nur eins. Ich verlange vor allem Gerechtigkeit Strafe, für die, die meine Bruder ermordet haben. Ich weiß, dass sie von einem gewissen Gavilán ermordet worden sind, das haben sie meinem Bruder gesagt. Dieser Mann hat sich an meinem Bruder abreagiert und ihn in Stücke gehackt, auch wenn sie meinen anderen Bruder nicht zerstückelt haben, sie haben in nur mit Schlägen getötet. Aber den anderen haben sie in Stücke gehackt. Wissen Sie wie man ein Hähnchen, ein Huhn zerlegt? So haben sie meinen Bruder in Stücke zerlegt.

Das erkläre ich vor Kameras, denn ich war dort, ich habe meinen Bruder gesehen. Erst jetzt spreche ich darüber, erst jetzt sage ich es vor meiner Mutter, die mir gegenüber sitzt. Sie wusste es nicht, nichts von diesen Dingen. Ich hatte nicht den Mut, es ihr zu sagen, denn ich wusste, sie würde davon krank. All diese Zeit habe ich es herunter geschluckt, doch jetzt rede ich darüber, und Sie hören zu. Vielleicht gibt es Leute, die sagen, ich lüge, doch nein, meine Damen und Herren, ich lüge nicht, ich spreche die Wahrheit.

Ich überlasse es Ihrem Urteilsvermögen, dem der Kommission. Ich verlange Gerechtigkeit, vor allem Gerechtigkeit, meine Damen und Herren. Das ist es, was ich verlange.

Quelle: Homepage der Wahrheits- und Versöhnungskommission: http://www.cverdad.org.pe/

Übersetzung aus dem Spanischen: MPP-A (1. Korrektur)


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