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Öffentliche Anhörung der Wahrheitskommission in Huanta

1. Sitzung, Fall Nr. 4

Aussage von Mitgliedern der Familien Auqui Tenorio und Castillo García über die willkürliche Inhaftierung, das gewaltsame Verschwinden und die illegale Hinrichtung von ihren Angehörigen durch Armee, Polizei und sogenannte "Selbstverteidigungskomittees" in den Jahren 1980 bis 1985 in Huanta und Umgebung.

Teil 3: Aussage von Ciprina Huamani Janampa:

Meine Damen und Herren der Wahrheitskommission, ... geehrte Behördenvertreter, meine Herren Journalisten der nationalen und internationalen Presse, ich bin hier, um einmal mehr eine Aussage darüber zu machen, was mit meinem Mann passiert ist, wie ich es schon oft getan habe und angezeigt habe.

Nun, ich bin die Ehefrau von Rigoberto Tenorio, der im Jahr 1980 d. h. im Jahr 1972, Entschuldigung, 1971 von Lima hier nach Huanta versetzt wurde, um an der Oberschule Gonzalez Vigil Unterricht in vormilitärischer Ausbildung zu geben. Er arbeitete dort bis 1984. Er war, wie die ganze Stadt weiß, eine sehr anständiger Mensch, der alle gut behandelte, eine Person, … ein vorbildlicher Vater, der sich immer um seine Kinder sorgte, sehr liebevoll, und der immer sagte, der Schatz meines Zuhauses sind meine Kinder. Und dann ereilte ihn vollkommen unerwartet das Schicksal, dass vielen anderen widerfahren ist. Bei zwei Gelegenheiten wurde unser Haus durchsucht. Damals, in jenen Tagen, um die Zeit herum, gab es ein Attentat auf die Station der Zivilpolizei und ... dann ist der Nachrichtendienst ausgerückt und mit ihm die von der Marine, und haben mein Haus gestürmt, etwa ... so etwa um 5:00 Uhr nachmittags und haben es durchsucht. Und ich fragte sie, warum sie eingedrungen waren, und sie sagten, dass hier die Terroristen versteckt seien, die das Attentat begangen hatten.

Beim nächsten Mal, bei einem anderen Attentat, war es das gleiche. Sie drangen um 1:00 Uhr nachts bei uns zu Hause ein und fragten, wo mein Mann sei, und dann durchsuchten sie alle Winkel des Hauses. Wir hatten ein großes Haus mit einem Gemüsegarten. Doch als ich ... ich bemerkte, … als sie die Tür zu meinem Schlafzimmer eintraten, bemerkte ich, dass sie von der Marine waren, denn ich erkannte sie. Ich erkannte sie an den Uniformen. Sie trugen schwarze Kapuzen und waren schwer bewaffnet. Als ich aus dem Bett aufstand, sagten sie mir, dass ich mich mit den Händen gegen die Wand gestützt hinstellen sollte... und dass... sie zogen meinen Kindern, die schliefen, die Decke über den Kopf. In jener Nacht war mein Mann mit seinen Freunden zu einem Fest gegangen, das hier in Cinco Esquinas stattfand. Also durchsuchten sie mein Schlafzimmer und die anderen Räume, und sie suchten auch im Garten, und dabei bemerkte ich einen, der in eine Manta gewickelt war, und er fragte mich nach meinem Mann, und ich erklärte ihm, wo er war.

Nun, das war es, was ich schon erlebt hatte, dieses Attentat, nach dem sie in mein Haus gekommen sind. Aber ich … wir hatten einen Laden in Macachacra. Zu diesem Laden ging ich nur zwei Mal in der Woche, um während des Wochenmarktes zu verkaufen. Also kam ich eines Morgens um 6 Uhr früh mit der Ware an, an einem Sonntag. Ich habe ich wie immer meine … meine Waren ausgepackt, als ein Kunde kam und mit einem großen Schein zahlte, den ich wechseln gehen musste. Ich lief zu den Läden nebenan, kam zurück und bediente den Mann, und in dem Moment merkte ich, dass ich, ... ich merkte, dass bewaffnete Männer hinter mir standen und einer hielt mir hier einen Revolver hin. Die Männer waren groß und trugen Ponchos, alles war … mit einer Wollmütze wie die Leute vom Lande. Ich reagierte, ich weiß nicht, wo ich die Kraft hernahm, und stieß seine Hand weg und sagte: "Was ist los?" Und er sagte, dass ich … dass ich mitkommen muss. "Aber warum", antwortete ich. "Du musst mitkommen." Das einzige, woran ich dachte, war mein Baby, das in einem Winkel lag, und ich rannte zu meinem Baby, ergriff mein Baby. "Aber wieso muss ich ...?" "Nein, nein, du musst mitkommen", und sie schleppten mich mit Gewalt mit. Ein 13jähriges Mädchen, blieb im Laden und passte auf die Sachen auf. Und sie nahmen mich mit. Doch als ich schon am Brunnen im Park war, durch den sie mich führten, bemerkte ich, dass das ganze Dorf von Marineinfanteristen besetzt war. Sie standen an den Fenstern, schwer bewaffnet, an den Ecken. Erst da bemerkte ich, dass sie das Dorf besetzt hatten.

Sie brachten mich ins Gemeindehaus von Macachacra, das sie eingenommen hatten und als Hauptquartier benutzten. Sie ließen mich eintreten und begannen mich zu schlagen. Doch ich hielt das Baby fest in den Armen. Dann fragten sie mich, wen … wen ich unterstütze, wem ich helfe, dass ich sagen soll, wer die Terroristen sind. Doch ich antwortete, dass ich es nicht weiß, dass ich nichts weiß, ich komme einfach hierher, um in meinem Laden zu arbeiten und meinem Mann zu helfen, die Familie zu unterhalten. Das war meine Antwort. Doch sie schlugen mich wieder, zogen mich an den Haaren, stießen mich auf den Boden. Sie sagten mir, ich soll sehen, wo ich meinen Bastard lasse, denn wenn ich nicht rede, würde ich sterben. Und ich hielt mein Baby noch fester, ich klammerte mich noch mehr an meine Tochter. Ich ließ sie nicht los. Sie stießen mich auf den Boden, traten mich, doch ich ließ das Baby nicht los. Daraufhin führten sie mich in einen Raum. In diesem Raum befanden sich schon eine Menge andere Leute, die festgenommen worden waren, doch der größte Teil waren Leute vom Lande, aus den Bergen. Wenn Wochemarkt ist, kommen auch sie mit ihren Waren herunter. Er fragte mich: "Wen von diesen Leuten kennst du?" Ich antwortete: "Ich kenne alle, denn diese Leute kommen in meinen Laden und kaufen bei mir. Doch was sie sonst machen oder wer sie sind, weiß ich nicht." Das war meine Antwort. Da griff er sich erst einen und dann noch einen von den Leuten, die dort waren, natürlich von hinten mit den Händen hinter dem Rücken, und fragte: "Kennt ihr diese Frau?" Und sie antworten: "Nein, nein, wir kennen sie nicht." Er griff sich den nächsten und fragte: "Kennst du sie?" "Ja, ich kenne sie, denn ich kaufe in ihrem Laden." "Aha! So, so. Und du kennst ihn nicht?" sagte er zu mir. "Nein, ich kenne sie nicht. Ich kenne sie nur vom Sehen, aber ich weiß nicht, was sie machen." "Ah, sehr gut, dass du sie nicht kennst." Er ergriff einen von ihnen an den Haaren und stieß seinen Kopf wieder und wieder an die Wand, bis er ihn zertrümmert hatte. Ich sah zu. Der andere kam und versetzte mir einen Fußtritt. "Sieh zu, so wirst du sterben." Es kam ... ein Mann mit Maske und einem bemalten Gesicht herein, griff sich einen anderen und sagte: "Pass auf, wenn du nicht redest, wenn du uns nicht hilfst, wirst du so sterben." Und er schnitt ihm vor meinen Augen die Kehle durch und stieß seinen Körper und seinen Kopf mit dem Fuß zur Seite. Ich klammerte mich weiter an meine Tochter. Ein anderer kam herein und sagte: "Hast du schon überlegt, wem du deinen Bastard hinterlässt, denn so wirst du sterben, wenn du nicht redest." Ich sagte: "Ich habe nichts, worüber ich reden kann. Ich weiß nichts über die Leute und die Dinge, nach denen Sie mich fragen. Ich weiß nichts." Diese Qual ertrug ich von 6 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags. Und zum Glück kam um 3 oder so um 4 Uhr herum ein Major von ihnen und betrat den Raum, denn der andere hatte bereits einen Strick und ein Stück Stoff geholt, das er vor meinen Augen zerriss, und dabei sagte er: "Damit werden wir dir die Arme fesseln und damit werden wir dir die Augen verbinden." Ich glaubte, dass ich sterben würde, und hatte mich bereits damit abgefunden, denn was blieb mir anderes übrig. Da kam der Major herein und fragte: "Was ist? Habt ihr die Señora schon verhört und ihre Aussage aufgenommen?" "Ja, aber diese Frau redet nicht." Da sagte er: "Bringt sie mal her." Sie brachten mich zu ihrem Vorgesetzten. Es schien so, als wäre er ihr oberster Chef. Und er begann mich auszufragen. Ich riss mich zusammen und antwortete, und er fragte, was ich arbeite, und ich sagte ihm, das ist mein Laden, ich verkaufe Sachen. Dann fragte er, wer mein Mann ist, also sagte ich ihm, dass mein Mann an der Oberschule González Vigil arbeitet und für die vormilitärische Ausbildung zuständig ist, und dass er Unteroffizier der Armee ist. "Ah, ein Kollege. Sieh da, unser Kollege. Aber wie ist es möglich, dass Sie das nicht gesagt haben, dass man Sie nicht danach gefragt hat, Señora? Wenn das so ist, dann entschuldige ich mich dafür, dass meine Untergebenen nicht wissen, was sie tun. Entschuldigen Sie bitte, verzeihen Sie uns. Sie können gehen." Und so nahm ich einfach mein Baby und sagte: "Wie gut, Gott sei Dank!" Doch er griff nach einem Blatt Papier und sagte: "Unterschreiben Sie dieses Papier, um zu bestätigen, dass Sie hier in gutem Zustand herausgekommen sind, dass Sie gut behandelt worden sind." "Nein, das kann ich nicht unterschreiben", sagte ich ihm, "ich werde nicht unterschreiben." Und ich unterschrieb nicht.

So ging ich, ich unterschrieb nicht. Sie ließen mich frei, ich ging ... ich kam nach Hause und erzählte es meinem Mann. Der war empört und wollte zur Marine gehen, um sich zu beschweren und seiner Wut Luft machen. Doch ich hielt ihn zurück, ich flehte ihn an, es nicht zu tun, denn ich wusste, wozu sie fähig waren. Sie hatten bereits viele Leute umgebracht. Zu jener Zeit waren schon viele Leute gestorben. Wenn jemand sich an seinen Mann klammerte, um ihn zu verteidigen, wenn sie ihn wegführten ... auch. Sie respektierten weder die Alten, noch die Kinder, niemanden. Darum flehte ich meinen Mann an, und als er mich so aufgelöst sah, sagte er: "Fahr nach Lima." Ich reiste für drei Monate nach Lima, um mich davon zu erholen, was sie mir angetan hatten. Mein Mann blieb mit den Kindern und dem Laden zurück. Und als ich zurückkam, schon sehr viel ruhiger, als ich nach drei Monaten zurückkam, war er wieder …(Wechsel der Kassette) … Palomino ... hatte uns gesagt: "Tenorio, sei wachsam. Als ihr neulich runter zum Park gingt, sagte er zu mir, 'dieser Tenorio ist schon das zweite Mal davongekommen, aber beim dritten Mal wird er uns nicht entwischen.' Sieh dich vor, Tenorio", sagte er. "So?" Doch mein Mann hatte mir Mut eingeflößt und zu mir gesagt: "Du brachst überhaupt keine Angst zu haben. Ich bin Unteroffizier, ich bin bei der Armee. Warum hast du Angst? Hier sind meine Diplome. Ich habe nichts getan. Ich bin kein Nichtstuer, ich bin nicht irgendwer, dass sie mich einfach mitnehmen könnten. Wenn sie mich festnehmen, gehst du hin und sagst, hier sind die Diplome meines Mannes. Er ist ein Kollege von euch. Warum sollten sie das mit mir machen. Du brauchst überhaupt keine Angst zu haben."

Er beruhigte mich. Doch am 7. Juli 1984 reisten wir von Huanta nach Ayacucho, um für seine Arbeit seine Papiere im Hauptquartier der Armee vorzulegen, und da geschah es, dass die Marineinfanterie mit drei Wagen ausrückte, ich erinnere mich, es waren Kombis … ein Konvoi, wie man sagt, mit mehreren Wagen voller Soldaten und einem Panzerwagen und einem Jeep. Sie hielten den Bus an und stiegen ein. In den Bus, in dem wir fuhren, stiegen etwa 10 schwer bewaffnete Marinesoldaten mit bemalten Gesichtern und fragten nach den Ausweisen. Also begannen wir alle, unsere Ausweise vorzuzeigen, also auch mein Mann, und er sagte: "Ich bin der Unteroffizier des Heeres Tenorio und zeigte seinen Ausweis." Und sie antworteten: "Ah, hört mal, hier gibt es einen Tenorio." "Er soll aussteigen", sagte er. "Steig aus", sagten sie daraufhin, "du begleitest uns, Kollege." Und mein Mann sagte sogar noch: "Aber gerne." Dann gingen sie. Als mein Mann schon am Aussteigen war, kehrte er um. Da fragte ihn einer: "Hast du was vergessen?" "Ich habe meine Tasche vergessen." Er hatte eine Tasche vom Typ James Bond, in der er seine Papiere, seine persönlichen Dokumente aufbewahrte. Und er kam zurück, um sie zu holen. Ich sagte ihm noch: "Nimm sie nicht mit." "Nein, bleib ganz ruhig." Wie immer beruhigte er mich, damit ich mir keine Sorgen machte. … (Weint.)

Stimme einer anderen Person: Beruhige dich, beruhige dich. Trink etwas Wasser. Trink etwas Wasser (unhörbar).

Stimme von Cipriana Huamani Janampa:
Er versuchte immer, mich zu beruhigen. Das einzige, was ich dachte, war, dass wir in Richtung der Kaserne des Heeres in Ayacucho fuhren, und dass ich, sowie ich in Ayacucho ankäme, mit dem Kommandanten des Heeres sprechen würde. Das ging mir durch den Kopf, als sie meinen Mann aus dem Bus holten. Und ich sah ihn, wie er in den Wagen stieg. Sie stülpten ihm einen Sack über den Kopf. (Weint.) Und sobald ich angekommen war, ging ich zum Kommandanten, an dessen Namen ich mich im Moment nicht erinnere, und erzählte ihm, was passiert war, und er sagte mir: "Machen Sie sich keine Sorgen, Señora, ich rufe sofort über Funk dort an." Er nahm das Funkgerät und rief dort, im Hauptquartier der Marine, an. Ja, antworteten sie, sie hätten ihn mitgenommen, doch es handle nur um eine kleine Befragung, für die sie ihn mitgenommen hätten, und sie würden ihn sofort wieder freilassen, in etwa einer halben Stunde oder einer Stunde. Da sagte er zu mir: "Señora, beruhigen Sie sich, ruhig, ganz ruhig, ihm wird nichts passieren. Ich habe es ihnen gesagt, wie Sie gehört haben, und es sind meine Untergebenen und sie müssen ihn freilassen." Ich wurde ruhiger, wartete und wartete und verlangte, er solle bitte noch einmal anrufen, um nachzufragen, ob sie ihn schon freigelassen haben. "Können Sie anrufen?"

Beim zweiten Anruf sagten sie, sie hätten ihn bereits unterwegs freigelassen, vielleicht ist er mit Sendero mitgegangen. (Weint.) Und mir gefror das Blut in den Adern, (Weint.) denn (Weint.) das war so üblich bei ihnen. Wenn ein Verwandter nach einem Verhafteten fragte, den sie mitgenommen hatten, (Weint.) antworteten sie, dass er sicherlich bei denen von Sendero oder dass er bestimmt schon zu Hause sei. Da dachte ich mir, dass meinem Mann das gleiche passiert ist. Sofort sagte der Kommandant: "Gehen Sie nach Hause (Weint.) und sieh nach deinen Kindern. Sie haben ihn schon freigelassen. Sicher ist er längst zu Hause. Beruhigen Sie sich", sagte er mir noch. Ich sagte mir, das er wahrscheinlich zu Hause sei und kehrte zurück. Als ich zu Hause ankam, fragte ich meine Kinder - das war so um 6.30 Uhr abends. (Weint.) Da sagten mir meine Kinder: "Unser Papa ist noch nicht nach Hause gekommen. Ihr seid doch zusammen weg." Da habe ich den älteren alles erzählt, doch den kleinen habe ich nichts gesagt. …

Es war an einem Sonnabend, als das passiert war, und am Sonntag konnte ich gar nichts machen, nirgends nachfragen. Das einzige, was mir einfiel, war, mich an den Staatsanwalt zu wenden, an den Staatsanwalt Palomino. Ich sagte ihm: "Herr Staatsanwalt, Sie sind die höchste Autorität in diesem Ort. Helfen Sie mir, bitte helfen Sie mir, (Weint.) tun Sie etwas für meinen Mann. Er ist Ihr Freund." Und mehr noch als ein Freund, war er der Pate meiner jüngsten Tochter. Und er sagte mir: "Nein, nein, Señora Cipriana", so sagte er mir, "deinen Mann haben sie ins Stadion geschafft. Sie haben ihn gleich, von dem Moment an, als sie ihn in den Wagen einsteigen ließen, auf den Boden … auf den Boden des Wagens gestoßen und begonnen, ihn mit Fußtritten zu traktieren. Und wir haben uns für ihn stark gemacht, denn wir waren alle dabei … der Richter, der Staatsanwalt. Wir waren in diesem Wagen mitgekommen, und wir haben es gesehen und ihnen gesagt, warum sie diesen Mann auf diese Art mißhandeln, dieser Mann ist … sehr vertrauenswürdig, er ist Lehrer am González Vigil, er ist Lehrer für vormilitärische Ausbildung, er ist sehr anständig, er ist unser Freund. Darauf antworteten sie: 'Mischen Sie sich nicht ein, mischen Sie sich nicht ein, denn das Hauptquartier der Marine ist wie eine Seifenschale und Sie können jederzeit ausrutschen.' So haben wir für uns für ihn stark gemacht." Das sagte er mir. Dass ich nichts für meinen Mann tun könne, dass er selbst nichts tun könne. "Wir werden überhaupt nichts tun können, denn sonst wird uns das gleiche passieren." Da fragte ich ihn noch: "Aber dann, wer kann dann etwas für meinen Mann tun?" Ich fühlte mich ... Sie verstehen sicher, dass man in einem Moment, in dem einem so etwas widerfährt, nicht weiß, ob Tag oder Nacht ist, an wen man sich wenden kann, wohin man gehen kann. Es war die reine Verzweiflung … (Weint.) ich blieb bei meinen acht Kindern.

Ich fragte mich, (Weint.) ich dachte daran, was diese Nacht wohl passieren würde. Ich dachte die ganze Zeit, da sie schon einmal in unser Haus gekommen waren, dass sie wiederkommen würden, dass sie uns auch mitnehmen würden, meine älteste Tochter. (Weint.) Wir beide gingen ins Bett, die Schuhe gut zugebunden. (Weint.) Ich zog meiner Tochter eine dicke Hose an, denn ich dachte, wenn sie sie mitnehmen, werden sie sie vergewaltigen, sie werden ihr etwas antun. (Weint.) Ich versuchte, meine Tochter zu schützen. Wir verbrachten die Nacht im Sitzen. (Weint.) Ah, alle Leute wissen das. Für uns waren die Marineinfanteristen ein Horror. Wenn sie mit ihrem Wagen an unserer Tür vorbeifuhren, schliefen wir die ganze Nacht nicht. Als es hell wurde, ging ich sofort zur Staatsanwaltschaft, um Anzeige zu erstatten. Dabei blieb es. Der Staatsanwalt hat nie irgendwelche Nachforschungen darüber angestellt, was geschehen ist. Ich fuhr nach Ayacucho, und es war das gleiche. Ich lief von einer zuständigen Behörde zur anderen, damit sie mir helfen, damit sie mir helfen, ihn zu suchen, ihn zu finden, (Weint.) doch nichts. Was sollte ich mit meinen acht kleinen Kindern machen? Mein ältester Sohn war gerade einmal 15 Jahre alt. Ich hatte keinen Beruf, wir lebten vom Einkommen meines Mannes. Er unterhielt die Familie.

Also blieb mir nichts anderes übrig. Ein Tag nach dem anderen ging vorbei, ich suchte weiter, fragte herum, und dann … als ich nirgendwo eine Antwort bekam, wusste ich …, sagte ich mir, dass er vielleicht irgendwo da am Fluß war, wo es einen Erdrutsch gegeben hatte. Der Erdrutsch von Yahuarcuna war ein Ort, wo die Marineinfanteristen die Leichen der Leute hinwarfen, die sie umgebracht hatten. Also ging ich dorthin. Ich wusste, dass ich mich anders anziehen musste. Ich kleidete mich wie die Bäuerinnen, packte mir mein Baby auf den Rücken und ging auf die Suche. Es stimmte, dort gab es viele Tote. Ich suchte, (Weint.) doch auch dort fand ich nichts. Mein Mann war nicht darunter. (Weint.) Ich fragte herum, überall habe ich gesucht, an Erdrutschen, Felsspalten. (Weint.) Da erzählte mir jemand, dass es bei Iribamba ein Massengrab gäbe. Auch dort bin ich hin. Ich fand es auch und sah, wie ein Hund eine Leiche anfraß. Ich nahm ihm den Knochen weg. Ich suchte alles ab, um zu sehen, ob er dabei war. Ja, dieses Massengrab gab es. (Weint.) Ich legte mein Baby ab, begann zu suchen, die Erde … aufzuwühlen, denn es war mit etwas Dornengestrüpp und etwas Erde bedeckt. Ich begann die Leichen heraus zu zerren. Doch ich bekam nur das Bein von einem heraus. Ich wollte erst auch das andere und den Arm herausziehen, (Weint.) doch ich konnte nicht mehr.

Ich ging sofort zurück und meldete es den Behörden hier, um eine Erlaubnis zu bekommen, damit die Leichen geborgen werden konnten. Wir bekamen die Erlaubnis, doch uns wurde auch bestimmt, dass als Begleitschutz Soldaten der Marine mitkämen. Sie begleiteten uns. Ich weiß nicht mehr, wer dabei war. Ich konnte die Angehörigen mobilisieren. Wir zogen mit Spaten und Spitzhacke los und einem Kleinlaster, den ich mietete. Ich brachte sie hin, wir gruben sie aus. Ich suchte verzweifelt, ob einer davon mein Mann war. Doch er war nicht dabei. Wir fanden, ich weiß nicht, ein oder zwei Personen. Ich glaube, ihre Verwandten erkannten sie wieder. Doch sie waren verstümmelt und verunstaltet, ohne Zunge. Es war unerträglich. Bei allen waren die Arme mit einem Strick, oder wenn nicht mit Draht auf den Rücken gefesselt. So um 6 Uhr abends begannen wir dann all diese Leiche abzutransportieren. Da sagten die von der Marine: "Wir fahren in der Fahrerkabine." Und da sagte ich zu ihnen: "Nein, ihr fahrt auf der Ladefläche. Wenn ihr mitkommen wollt, dann steigt auf die Ladefläche. Wir haben diesen Wagen bezahlt und werden in der Kabine fahren. Ihr seht zu, dass ihr euer Gewissen fragt, was ihr diesen Leuten angetan habt." So war es. Ich weiß nicht, woher ich den Mut nahm. Denn etwas früher hatte einer gefragt, wer die Leichen gefunden hat, und ich sagte, "ich, denn ich suche nach meinem Mann". Und da machte er eine Bewegung mit dem Kopf ... als wolle er mir drohen. Wir beluden den Wagen und fuhren nach hier zurück. Natürlich fuhren sie auf der Ladefläche, denn diese Leute ... diese Leichen waren schon verwest. Wir brachten sie zum Krankenhaus. Als all die Leichen abgeladen wurden, lud einer seine Waffe durch und sagte zu mir: "Warte nur, warte nur, du hast sehr viel Mut." Ich antwortete nicht, und so war … so war es. Zu der Zeit überwachten sie mich schon.

Und dann eines Tages kamen sie zu mir in den Laden. Es waren zwei Personen und durch ihr Auftreten merkte ich sofort, dass es Militärs waren. Doch sie kamen in Zivil. Sie traten in Zivil in den Laden und verlangten zwei Bier. Ich gab sie ihnen, und sie setzten sich in eine Ecke. Doch zu meinem Glück fiel einem ein Schlüsselbund herunter, und als er sich bückte, sah ich, dass er einen Revolver an der Hüfte trug. Da bekam ich eine Gänsehaut, ich ging in den hinteren Teil des Ladens hinter einen Plastikvorhang, versteckte mich dort und begann sie durch einen Spalt zu beobachten. Sie unterhielten sich. "Deine Beute oder meine Beute?" Und der andere sagte: "Überlass sie mir. Es ist meine Beute." Da war mir klar, dass sie gekommen waren, um mich in meinem Laden umzubringen. Ich weiß nicht, wie ich so schnell reagierte, doch ich kniff mein Baby, das in einem Winkel schlief, und es begann zu schreien. Da sagte: "Eijeijei, meine Kleine, hast du immer noch Bauchschmerzen? Ist ja gut, meine Kleine, ist ja gut, ganz ruhig." Da die Kleine laut schrie, tat ich so, als würde ich sie beruhigen. Ich ging hin und her, während ich sie in den Armen wiegte, und lief nach draußen, trat vor die Tür, und an der Tür begann ich zu laufen. Ich rannte, rannte, rannte, und als ich mich umdrehte, nachdem ich bereits drei oder vier Häuserblocks hinter mich gebracht hatte, als ich mich umdrehte, sah ich, dass sie hinter mir waren. Doch zu meinem Glück traf ich den Herrn Antonio La Torre, und Dank sei diesem Mann. Er hat mir sehr geholfen, möge er in Frieden ruhen, denn er ist inzwischen gestorben. Also, dieser Herr … ich sage zu ihm: "Señor Antonio, sie verfolgen mich, sie … sie wollen mich umbringen." Und er sagte: "Nimm diesen Schlüssel, lauf, er ist für mein Haus. Versteck dich da." Also lief ich dort hin, ich rannte weiter. Doch den Herrn La Torre haben sie … haben sie festgehalten und ihn gefragt: "Wo ist diese Frau hin? Wo ist diese Frau hin? Was hat sie dich gefragt?" Und er hat geantwortet: "Nichts. Sie sucht ihren Sohn, der weggelaufen ist." "Nein, du verbirgst etwas!"

Und sie haben ihn bis an seine Tür begleitet, und ich war drinnen. Und in der Tür haben sie versucht, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen, doch er sagte - denn er war Anwalt: "Wenn ihr einen Durchsuchungsbefehl habt, könnt ihr hereinkommen. Wenn nicht, werdet ihr Ärger mit mir bekommen. Ich kenne meine Rechte. Bei mir kommt ihr mit so etwas nicht durch." Ich hörte von drinnen zu und betete, ich betete und flehte Gott an, dass sie nicht hereinkämen. Und da gingen sie. Dieser Herr gab mir die Kraft, dieser Herr Don Antonio La Torre gab mir die Kraft, mich abzufinden und aus Huanta wegzugehen, denn ich hatte nie daran gedacht, wegzugehen, solange ich seine Reste, die Reste meines Mannes nicht gefunden hatte, solange ich keine Gerechtigkeit gefunden hatte. Ich wollte nicht weg (Weint.), ich wollte nicht weg. Dieser Herr sagte zu mir: "Señora Cipriana, Sie haben viel getan. Gehen Sie weg, gehen Sie und denken Sie an Ihre acht Kinder. Was wird sein, wenn Ihnen etwas passiert? Ich werde Ihnen helfen, von hier wegzukommen." Also blieb ich drei Tage in seinem Haus versteckt. Meine Kinder sind mit ihren Kleidern in Taschen auf dem Rücken über Umwege (Weint.) hingekommen, indem sie diejenigen, die hinter mir her waren, in die Irre geführt haben. Ich erinnere mich, dass ich an einem Morgen mit meinen Kindern mit ... in Begleitung dieses Herrn in einem Auto aufgebrochen bin. Ich habe nichts aus meinem Haus mitgenommen. Wir gingen mit dem, was wir auf dem Leibe hatten. (Weint.) Ich hatte kein Geld. Ich erinnere mich daran, dass ich zwei Fahrkarten kaufte (Weint.) und meine Kinder auf den Schoß nahm. Ich weiß nicht, wie wir alle auf diese zwei Sitzplätze passten. (Weint.) Ich ging nach Lima, ich ging nach Lima, und habe viel geweint.

Mir kam es vor, als würde ich mich weigern, nach meinem Mann zu suchen. Ich fühlte mich schuldig. (Weint.) Und ich kam in Lima an und fand keine Ruhe. Ich hatte keine Arbeit. Meine Kinder hatten das Schuljahr nicht beendet. Sie hatten ein Trauma erlitten. Dass sie in einem fremden Haus Zuflucht suchen mussten, hat meine Kinder sehr belastet. (Weint.)

Die Wahrheit ist, dass der Überlebenskampf, um meine Kinder über die Runden zu bringen, sehr hart war, und schlimmer noch, ohne die Wahrheit zu kennen, ohne zu wissen, was mit meiner Familie, mit meinem Mann passiert war, wo er war, warum sie ihn mitgenommen haben, (Weint.) welche Beweise sie hatten, welches seine Schuld war, was er gemacht hat und wer mir jetzt die Antworten darauf gibt. (Weint.) Ich fand keine Ruhe in Lima. Wir trafen uns mit anderen Angehörigen und bildeten eine Organisation der Angehörigen. (Weint.) Wir begannen, Gerechtigkeit zu suchen, beim Generalstaatsanwalt, den zuständigen Behörden. Wir liefen weiter von einer Stelle zur anderen, informierten die Presse, doch wir erhielten weiter keine Ant ... Antwort. Als wir uns dann bei einem dieser Proteste auf der Plaza de Armas anketteten, schafften wir es … besetzten wir den Regierungspalast, denn wir verschafften uns fast gewaltsam Zugang. Wir kamen hinein, - es war schon während der Regierungszeit von Alan García - und wurden nur vom Sekretär von Alan García empfangen. Das war zusammen mit der Mama Angelica, die auch aus Ayacucho war. Und er sagte uns nur, worum es geht, und dass sie nichts darüber wüssten, was für eine traurige Geschichte, doch jetzt würden sie sie untersuchen, wir sollten ihnen unser Telefon geben und sie würden uns Bescheid geben, wir sollten uns beruhigen. Das war … das war die ganze Antwort aller Regierungen. Und wir erfuhren nie etwas. Wir erfuhren nie die Wahrheit. Aus diesem Grund sage ich Ihnen, wenn ich jetzt hier bin und ein weiteres Mal meine Geschichte erzähle, Anklage erhebe, dann ist es, um den übrigen Frauen Mut zu machen, denn hier in Huanta haben wir sehr gelitten, vor allem die Frauen vom Lande. Wir sollten keine Angst haben (Weint.), wir sollten unsere Kräfte vereinen … die Angst verlieren. Wir müssen die Dinge ans Licht bringen, alle gemeinsam aufstehen, sonst werden wir keine Gerechtigkeit erhalten, sonst werden wir nie die Wahrheit darüber erfahren, was mit unseren unschuldigen Verwandten geschehen ist, die sich niemals um Politik gekümmert haben.

Ich appelliere auch an die Wahrheitskommission, denn jetzt liegt es in ihren Händen, die Wahrheit herauszufinden. Ich hoffe, dass alles untersucht wird, Punkt für Punkt, Fall für Fall, und dass diese Mörder, diese Henkersknechte ihre Verbrechen bezahlen. Wir werden erst zur Ruhe kommen, wenn der Mörder hinter Gittern ist und wir ein Dokument sehen, in dem steht, dass er zu lebenslänglicher Haft verurteilt, weil er viele Tausend … Tausende von Menschen umgebracht hat. Ich beschuldige den Kommandanten "Camión", diesen Mord begangen zu haben, denn in Huanta ermordete der Kommandant "Camión" viele Menschen, ohne zu fragen, wer sie waren, ob sie wirklich Terroristen waren, wie sie unterstellten, oder nicht. Sie sind die Schuldigen all dessen, was passiert ist. Da ist das Stadion von Huanta. Ich glaube ... für mich ist das genau das Massengrab all jener Personen, deren Reste wir nicht finden konnten. Und ich möchte den Behörden, den Autoritäten sagen, dass es ihnen zukommt ... die Mittel zu stellen, um dieses Stadion von Huanta einmal umzugraben, die Erde umzuwälzen, auszugraben, dort nachzusehen, denn dort können wir wenigstens die Gebeine unserer Angehörigen finden. Ich bin vollkommen sicher, dass dort viele Menschen begraben sind. Desgleichen appelliere ich an die Regierung von Alejandro Toledo, der in einer seiner Reden einmal sagte, dass er die Angehörigen der Verhafteten und Verschwundenen unterstützen wird. Sehr gut, vielen Dank, Herr Alejandro Toledo, aber vergessen Sie es bitte nicht, damit es nicht nur Versprechen bleiben, vergessen Sie nicht ihre Brüder und Schwestern und dass es so viele Kinder gibt, die Ihre Unterstützung brauchen, Gerechtigkeit brauchen, diese Gerechtigkeit … auf die wir schon so viele Jahre - jetzt sind es schon zwanzig Jahre - warten … Gerechtigkeit, und dass die Wahrheit ans Licht kommt, dass sie aufgeklärt wird, damit wir erfahren, wo unsere Verwandten sind. Und dass er nicht die unschuldigen Mütter vom Lande vergisst, dass er sich um diese Brüder und Schwestern kümmert und zusieht, was er ihnen geben kann, und zusieht, wie er die Kinder unterstützen kann, die zu Waisen gemacht worden sind, wie meine … deren Zukunft verbaut worden ist. Vielleicht wären aus meinen Kindern auch Personen geworden, die der Gesellschaft hätten nützlich sein können, doch jetzt haben sie noch nicht einmal die Oberstufe abgeschlossen, denn es fehlt ihnen der Vater. Und wie viele davon gibt es in Peru?

Ich bitte Sie, ich bitte Sie, Herr Alejandro Toledo, ich denke, es ist Ihre Pflicht zu helfen, jede Art von Unterstützung zu geben und uns moralische Genugtuung zu verschaffen, denn wir verlangen keine materielle Entschädigung. Wir verlangen eine Wiederherstellung unserer moralischen Integrität, damit wir in Würde leben können, damit wir zur Ruhe kommen, damit man nicht weiter mit dem Finger auf uns zeigt und sagt, aus Huanta, aus Ayacucho, alles Terroristen. Nein, wir waren niemals Terroristen. Darum hoffe ich, dass all das in Betracht gezogen wird und wir Hilfe erhalten, dass die Kinder gratis studieren können, damit die Jugend nicht ohne Zukunft ist. Vielen Dank an alle ... an die Wahrheitskommission, die Menschrechtsorganisationen, die uns auf die eine oder andere Art in diesem Kampf begleitet haben, und uns Mut gegeben haben, diesen Kampf fortzusetzen, weiter Auskunft über unseren Verwandten zu verlangen. Das einzige, was ich will, ist Gerechtigkeit. Meine Damen und Herren, denen es zukommt, im Namen all der einfachen Frauen, all der Mütter verlange ich Gerechtigkeit. Danke.

(Abschließende Bemerkung eines Mitglieds der Kommission.)

Ich möchte nur hinzufügen, dass wir nicht möchten … dass wir niemals zugeben werden, dass es eine nationale Versöhnung gibt, solange es keine Gerechtigkeit und Aufdeckung der Wahrheit gibt.

Quelle: Homepage der Wahrheits- und Versöhnungskommission: http://www.cverdad.org.pe/

Übersetzung aus dem Spanischen: MPP-A (1. Korrektur)


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