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INTERAMERIKANISCHE KOMMISSION FÜR MENSCHENRECHTE

BERICHT 42/99
FALL 11.045

HUGO MUŅOZ SÁNCHEZ, BERTILA LOZANO TORRES, DORA OYAGUE FIERRO, LUIS ENRIQUE ORTIZ PEREA, ARMANDO RICHARD AMARO CONDOR, ROBERT EDGAR TEODORO ESPINOZA, HERÁCLIDES PABLO MEZA, FELIPE FLORES CHIPANA, MARCELINO ROSALES CÁRDENAS Y JUAN GABRIEL MARIŅOS FIGUEROA
(LA CANTUTA)
PERU

11. März 1999


(Auszüge)


I. Zusammenfassung

1. Mittels einer Petition, die der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (im weiteren "die Kommission") von der Nichtregierungsorganisation Asociación Pro Derechos Humanos (APRODEH) am 30. Juli 1992 vorgelegt wurde, wird die Republik Peru (im weiteren "Peru", "der Staat" oder "der peruanische Staat") angeklagt, die Menschenrechte des Professors der Nationalen Universität "Enrique Guzmán y Valle" (in La Cantuta, Lima), Hugo Muņoz Sanchez, und der Studenten derselben Universität, Bertila Lozano Torres, Dora Oyague Fierro, Luis Enrique Ortiz Perea, Armando Richard Amaro Condor, Robert Edgar Teodoro Espinoza, Heráclides Pablo Meza, Felipe Flores Chipana, Marcelino Rosales Cárdenas und Juan Gabriel Mariņos Figueroa verletzt zu haben, indem die genannten Personen in den Morgenstunden des 18. Juli 1992 in der Universität von Angehörigen der peruanischen Armee entführt, gefoltert und am selben Tag illegal hingerichtet wurden.

2. Der Antragsteller führt an, dass durch die oben erwähnten Tatsachen der Staat zu Lasten der Opfer das Recht auf persönliche Freiheit, das Recht auf persönliche Sicherheit, das Recht auf Leben, das Recht auf Rechtsgarantien und das Recht auf den Schutz der Justiz verletzt hat, die in den Artikeln 7, 5, 4, 8 und 25 der Amerikanischen Konvention für Menschenrechte (im weiteren die "Konvention" oder "Amerikanische Konvention") garantiert sind. Der Staat hat der Annahme der Klage nicht widersprochen.

3. Die Kommission beschließt, die Petition bezüglich der Unvereinbarkeit der Amnestiegesetze Nr. 26.479 und 26.492 mit der Amerikanischen Konvention anzunehmen, die Entscheidung über die Annahme im Hinblick auf die unzureichende Untersuchung und Bestrafung der intellektuellen Hintermänner des Massakers der Universität "La Cantuta" zu vertagen, die Analyse des Falles fortzusetzen und sich den Parteien zur Verfügung zu stellen, um zu einer freundschaftlichen Einigung auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte, die in der Konvention verankert sind, zu gelangen.

II. Bearbeitung durch die Kommission

Der Antragsteller reichte seine Anklage am 30. Juli 1993 ein. Am 4. August 1992 wurde der Fall eröffnet und Information vom peruanischen Staat angefordert. Der Staat antwortete am 8. Oktober 1992. Beide Parteien legten bei verschiedenen Gelegenheiten zusätzliche Schriftstücke vor.

III. Standpunkte der Parteien

A. Standpunkt des Antragstellers

5. Es wird vorgebracht, dass Vladimiro Montesinos Torres, Berater und Funktionär des Nationalen Nachrichtendienstes, der General des Heeres, Julio Salazar Monroe, derzeit Verteidigungsminister und damals Chef des Nationalen Nachrichtendienstes (SIN), der General des Heeres Juan Rivero Lazo, Chef der Direktion für Nachrichtenbeschaffung der Armee, und der General des Heeres Luis Perez Documet, Chef der Direktion für Spezialkräfte der Armee (DIFE), sich einige Monate vor dem 18. Juli 1992 trafen, um den Plan einer Operation mit dem Namen "Secuestro" zu erarbeiten und zu beschließen, der beinhaltete, eine Gruppe von Personen der Nationalen Universität "Enrique Guzmán y Valle" zu entführen und illegal hinzurichten. Dieser Plan wurde nach Ausführungen des Antragstellers von dem General Nicolas Hermoza Rios genehmigt.

6. Es wird vertreten, dass außerdem beschlossen wurde, die Ausführung der Verschleppung und der späteren Ermordung einer Sondereinsatzgruppe mit dem Namen "Colina" zu übertragen, die aus Mitgliedern des Nachrichtendienstes der Armee (SIE) und der DINTE bestand, darunter der Major des Heeres Santiago Martin Rivas, alias "Kike", der Hauptmann des Heeres Eliseo Carlos Pichilingue Guevara, die Unteroffiziere Eduardo Soza Davila, alias "El Chato", Nelson Carbajal Garcia, Juan Supo, José Pino, zwei weitere Armeeangehörige, die unter dem Namen "Petete" und "Rambo" bekannt waren, sowie weitere, nicht identifizierte Personen.

7. Es wird vorgetragen, dass in den frühen Morgenstunden des 18. Juli 1992 Mitglieder des Nachrichtendienstes der Armee (SIE) und der Direktion für Nachrichtenbeschaffung der Armee (DINTE), Santiago Martin Rivas, Eduardo Soza Davila, Eliseo Pichilingue, Nelson Carbajal Garcia, Juan Supo, José Pino, Manuel Guzmán Calderon und andere, in ihrer Mehrheit Mitglieder der sogenannten "Gruppe Colina", maskiert und bewaffnet in die Unterkünfte der Studenten und Dozenten der nationalen Universität "Enrique Guzmán y Valle" (La Cantuta) eindrangen. Bei ihnen befand sich der Leutnant des Heeres Aquilino Portella Nuņez oder Julio Cesar Estrada von der Direktion der Spezialkräfte der Armee (DIFE) und Chef der "Basis für zivile Aktion" in der Universität. Weiterhin beteiligten sich an der Aktion einige Soldaten der Einheit BIG-19 der Direktion für Spezialkräfte (DIFE) unter dem Befehl des Majors des Heeres Manuel Guzmán Calderon, die die Unterkünfte der Studenten sicherten, um die Entführung zu erleichtern.

8. Es wird angeführt, dass die Militärs, nachdem sie sich in den Unterkünften der Studenten befanden, alle Studenten zwangen, ihre Schlafzimmer zu verlassen und sich auf den Bauch zu legen. Dann begann einer der Soldaten nacheinander die Köpfe der Studenten anzuheben, indem er sie an den Haaren hochzog, und es wurden diejenigen ausgesondert, die festgenommen werden sollten. Dies geschah mit Hilfe des Leutnants des Heeres Aquilino Portella Nuņez oder Julio Cesar Estrada von der Direktion der Spezialkräfte der Armee (DIFE) und Chef der "Basis für zivile Aktion" in der Universität, der die Studenten kannte und eine Liste mit den Namen derer in Händen hielt, die festgenommen werden sollten. Die festgenommenen Studenten waren: Bertila Lozano Torres, Dora Oyague Fierro, Luis Enrique Ortiz Perea, Armando Richard Amaro Condor, Robert Edgar Teodoro Espinoza, Heráclides Pablo Meza, Felipe Flores Chipana, Marcelino Rosales Cárdenas und Juan Gabriel Mariņos Figueroa

9. Es wird aufgezeigt, dass im Bereich, wo die Unterkünfte der Dozenten liegen, die Militärs gewaltsam in die Wohnung des Professors Hugo Muņoz Sanchez eindrangen und sie dazu die Mauer überstiegen, die den Innenhof begrenzt, und die Hintertür einschlugen. Im Folgenden knebelten sie den Professor Muņoz Sanchez und bedeckten seinen Kopf mit einer schwarzen Hose. Einige der Angreifer durchsuchten das Schlafzimmer des Professors Muņoz Sanchez und verhinderten gleichzeitig, dass seine Frau das Schlafzimmer verließ. Danach nahmen sie den Professor Muņoz Sanchez, der in dem Moment barfuss war, mit nacktem Oberkörper und nur mit einer Hose bekleidet, mit Gewalt mit. Auf dem Weg aus dem Haus des Professors Muņoz Sanchez versuchten am Eingangstor zu den Unterkünften der Dozenten einige Zeugen, darunter Octavio Mejía Martel und seine Frau, sich für ihn einzusetzen, doch sie wurden mit der Waffe bedroht und gezwungen zurückzuweichen.

10. Es wird angeführt, dass im Folgenden die Militärs die Universität verließen und den Professor Muņoz Sanchez und die 9 Studenten, Lozano Torres, Oyague Fierro, Ortiz Perea, Amaro Condor, Teodoro Espinoza, Pablo Meza, Flores Chipana, Rosales Cárdenas und Mariņos Figueroa, mitnahmen. Die Opfer wurden unmittelbar danach zu einem Brachgelände außerhalb der Stadt gebracht und in einem Zustand vollkommener Wehrlosigkeit gefoltert und in Rückenlage oder kniend mit Schüssen in den Kopf ermordet.

11. Es wird argumentiert, dass die Leichen der Opfer an drei Stellen in dem Gebiet namens Cerro Santa Rosa, das im Besitz der SEDAPAL ist, auf der Höhe des Kilometers 1,5 der Fernstraße Ramiro Priale heimlich vergraben und mit Kalk bedeckt wurden. Aufgrund einer öffentlichen Anklage des Abgeordneten Henry Pease gruben die Vollstrecker der Morde die Leichen später wieder aus, um sie zu verbrennen und an einer anderen Stelle in Chavilca, Cieneguilla erneut zu begraben.

12. Es wird angeführt, dass am 12. Juli 1993 die Zeitschrift "Sí" unter der Leitung von Ricardo Uceda eine Skizze veröffentlichte, in der die Stelle verzeichnet war, wo ein Teil der Reste der Entführten der Universität "La Cantuta" vergraben waren. Daraufhin beraumte die Staatsanwaltschaft einen Ortstermin in der Niederung von Chavilca bei der Ortschaft Cieneguilla ein. Bei diesem Ortstermin wurde die Existenz von vier heimlichen Gräbern festgestellt, die Knochenreste - die meisten davon verbrannt - zwei Schlüsselbunde, ein Projektil, Reste von Kleidung, Haare usw. enthielten. Aufgrund einer weiteren Anzeige des Direktors der Zeitschrift "Sí" führte die Staatsanwaltschaft eine Suchaktion in der Nähe des Kilometers 1,5 der Fernstraße Ramiro Priale auf einem Gelände durch, das auf dem Gebiet der Wasseraufbereitungsanlage La Atarjea des Unternehmens SEDAPAL liegt und bis zu dem Moment von der Polizei als Schießübungsplatz benutzt wurde, wo weitere geheime Gräber gefunden wurden, in denen sich Knochenreste (ein komplettes menschliches Skelett mit Kleidung, ein halbes Skelett, menschliches Gewebe, Reste von Haaren und Kleidung), sowie Kugeln, Projektile und Kalkreste befanden.

13. Es wird behauptet, dass die von der Staatsanwaltschaft gefundenen Beweise die Schlussfolgerung zuließen, dass die Reste, die in Cieneguilla und in der Nähe des Kilometers 1,5 der Fernstraße Ramiro Priale gefunden wurden, zu mindestens drei der Opfer gehörten, den Studenten Luis Enrique Ortiz Perea, Armando Amaro Condor und Juan Gabriel Mariņos Figueroa. Es konnte auch eindeutig festgestellt werden, dass ein Teil der Reste zu Bertila Lozano Torres gehörten, wie die Untersuchung durch den Zahntechniker Juan Miguel Vasquez Tello ergab. Das weiteren konnte der Schluss gezogen werden, das mehrere der Reste, die in Cieneguilla gefunden wurden, zu den Studenten Robert Teodoro Espinoza und Heraclides Pablo Meza gehörten, da die Angehörigen ihre Kleidungsstücke identifizieren konnten. Ferner konnte ermittelt werden, dass einige der in Cieneguilla gefundenen Reste zu dem Professor Hugo Muņoz Sanchez gehörten.

14. Es wird dargelegt, dass die Angehörigen der Opfer am 20. August 1992 verschiedene Habeus-Corpus-Akten einreichten, die zurückgewiesen wurden. Die Staatsanwaltschaft, repräsentiert durch die 8. Staatsanwaltschaft der Provinz Lima, führte keine weitergehenden Untersuchungen durch und schreckte im August 1993 davor zurück, den Fall zu verfolgen.

15. Es wird vorgebracht, dass am 2. April 1993 der Abgeordnete Henry Pease verkündete, er habe aus Kreisen der Armee ein Dokument mit Anschuldigungen erhalten. Darin wurde detailliert über die Ermordung der Studenten berichtet und als Verantwortliche der Taten hohe Offiziere der Armee und des Nachrichtendienstes namentlich genannt. Angesichts dessen sah die Verfassungsgebende Versammlung die Notwendigkeit, eine Kommission zu bilden, um die Vorfälle zu untersuchen.

16. Es wird angeführt, dass am 6. Mai 1993 der Divisionsgeneral des Heeres Rudolf Robles Espinoza, der drittgrößte Offizier der Institution, ein Dokument öffentlich machte, in dem er Anschuldigungen gegen den Nationalen Nachrichtendienst und das Oberkommando der Armee wegen der Verletzung von Menschenrechten erhob und sich ausdrücklich auf die Ermordung der Studenten der Universität "La Cantuta" bezog. Aufgrund dieser Anklage wurde der genannte Militär entlassen, angeklagt und mit dem Tod bedroht, weshalb er um politisches Asyl in Argentinien bitten musste.

17. Es wird argumentiert, dass im Mai 1993, fast zehn Monate nach den Ereignissen, die Militärjustiz beschloss, in den Fall einzugreifen, und eine Untersuchung begann, die die klare Absicht verfolgte, den Fall an sich zu ziehen, um zu verhindern, dass die Untersuchungskommission des Kongresses oder eventuell die Ziviljustiz gegen die obersten Befehlshaber der Armee, die in den Fall verwickelt waren, ermittelte.

18. Es wird darauf hingewiesen, dass parallel dazu nach Entdeckung der Leichen in Cieneguilla im Juli 1993 ein Sonderstaatsanwalt für die entsprechenden Ermittlungen eingesetzt wurde. Am 8. Dezember 1993 erstattete der Sonderstaatsanwalt Victor Cubas Villanueva vor dem 16. Untersuchungsbericht für Strafsachen von Lima Strafanzeige gegen mehrere Offiziere der peruanischen Armee wegen des Massakers der Universität "La Cantuta" vom 18. Juli 1992. Diese Anzeige erfolgte trotz des starken Drucks und der anonymen Drohungen, denen der Staatsanwalt ausgesetzt war.

19. Es wird angeführt, dass bis dahin gegen die beschuldigten Militärs sowohl bei der Ziviljustiz als auch bei der Militärjustiz ermittelt wurde, wodurch ein Streit um die Zuständigkeit absehbar war. So legte am 17. Dezember 1993 der Ermittlungsrichter General Narco Antonio Rodriguez Huerta bei dem Strafrichter Carlo Nagno Chacon Widerspruch gegen die Zuständigkeit der Ziviljustiz ein. Dabei führte er an, dass bei der Militärjustiz bereits Ermittlungen im Fall La Cantuta liefen, dass die beschuldigten Armeeangehörigen seiner Gerichtsbarkeit unterständen und dass die Ziviljustiz den Fall abgeben solle. In der Woche darauf übergab der Strafrichter den Zuständigkeitsstreit dem Obersten Gerichtshof der Republik.

20. Es wird dargelegt, dass die Akte der Strafkammer des Obersten Gerichtshofs übergeben wurde und sowohl die Klageschrift des Staatsanwalts als auch der Bericht des Richters beigefügt wurden, die darin übereinstimmten, dass die beschuldigten Armeeangehörigen von einem Zivilgericht abgeurteilt werden sollten, da es sich um gewöhnliche Straftaten handelte und nur die Ziviljustiz dazu in der Lage wäre, die notwendigen Garantien zu geben, um eine ernsthafte und unparteiliche Untersuchung der Tatbestände zu gewährleisten. Nachdem die Parteien ihre Standpunkte dargelegt hatten, erklärte am 3. Februar 1994 die Strafkammer des Obersten Gerichtshofs, der mit fünf Richtern besetzt ist, dass sie zur keinem einheitlichen Beschluss gekommen sei, welche Gerichtsbarkeit für den Prozess gegen die Militärs, die der Entführung und Ermordung des Professors und der 9 Studenten der Universität "Enrique Guzmán y Valle" beschuldigt wurden, zuständig sei.

21. Es wird vorgebracht, dass daraufhin der Abgeordnete der Regierungspartei Julio Chu Meres am Abend des 7. Februar 1994 einen Gesetzesentwurf vorlegte, demgemäß für die Entscheidung des Zuständigkeitsstreits in der Strafkammer des Obersten Gerichtshof drei Stimmen ausreichten, anstatt vier, wie bis dahin vorgeschrieben. Über diesen Gesetzentwurf wurde in den frühen Morgenstunden des 8. Februar 1994 abgestimmt. Die Fraktion der Regierungspartei verabschiedete das genannte Gesetz, und der Präsident der Republik, Alberto Fujimori, setzte es sofort am nächsten Tag in Kraft.

22. Es wird dargelegt, dass schließlich am 11. Februar 1994 in strikter Anwendung des verabschiedeten Gesetzes und ohne abzuwägen, ob es verfassungskonform war, die drei Richter der Strafkammer, die nunmehr die notwendige Anzahl der Stimmen besaßen, beschlossen, das Verfahren gegen die Beschuldigten im Fall der Ermordung der Studenten und des Professors der Universität "La Cantuta" der Militärjustiz zu übergeben.

23. Es wird darauf verwiesen, dass am 21. Februar 1994 die Kriegskammer des Obersten Militärgerichtsrats (CSJM) 10 Beschuldigte in erster Instanz zu Gefängnisstrafen von einem bis zu 20 Jahren verurteilte, darunter die Majore Santiago Martin Rivas und Carlos Pichilingue Guevara, Einsatzleiter und Verwaltungschef der so genannten "Gruppe Colina", und Ausführende des Massakers an dem Dozenten und den 9 Studenten der Universität "La Cantuta". Der Oberste Militärgerichtsrat revidierte das oben erwähnte Urteil und fasste am 3. Mai 1994 einen neuen Beschluss, mit dem er die folgenden Angehörigen der peruanischen Armee verurteilte: Brigadegeneral Juan Rivero Lazo, den Oberst der Kavallerie Federico Augusto Navarro Perez, den Hauptmann der Infanterie Jose Adolfo Velarde Astete, die Majore der Pioniere Santiago Enrique Martin Rivas und Carlos Eliseo Pichilingue Guevara, die Unteroffiziere Julio Chuqui Aguirre, Nelson Rogelio Carbajal Garcia und Jesus Antonio Soza Saavedra. Das Urteil ordnete außerdem die Zahlung einer Entschädigung an die Angehörigen der Ermordeten an, die zu gleichen Teilen von den Verurteilten und dem peruanischen Staat zu zahlen sei.

24. Es wird argumentiert, dass obwohl der General Rudolf Robles Espinoza und andere Vertreter der Armee die intellektuelle Mitwirkung des Oberbefehlshaber der Armee Nicolas de Bari Hermoza, des Präsidentenberaters und Ex-Hauptmanns der Armee Vladimiro Montesinos und anderer hoher Führer der Armee offen gelegt hatten, die Militärjustiz weder Ermittlungen gegen sie angestellt noch eine Befragung durchgeführt, geschweige denn angeklagt und verurteilt hat. Der Antragsteller fügte einen Zeitungsartikel mit einem offenen Brief des Generals Rudolfo Robles Espinoza bei, in dem es folgendermaßen heißt:

Meine Damen und Herren ... ich bin der Divisionsgeneral Rudolfo Robles Espinoza. 1992 war ich Oberbefehlshaber der 3. Militärregion (...) Ich habe meine Aufgaben immer ohne Zweifel und Murren akzeptiert. Doch der Grund für diese letzte Versetzung ist eine für einen Soldaten und jeden Menschen untolerierbare Niedertracht, denn sie hatte mit der systematischen Verletzung der Menschenrechte der Bevölkerung von Peru durch eine Gruppe von Mördern zu tun, die unter dem Befehl des Ex-Hauptmanns der Armee, Vladimiro Montesinos, und mit der untertänigen Zustimmung des Generals (i. R.) Nicolas de Bari Hermoza Rios, dem unwürdigen Oberbefehlshaber der Armee, Verbrechen begehen, mit denen sie ungerechterweise die ganze glorreiche peruanische Armee beschmutzen. Meine absolute Loyalität gegenüber meiner Armee (...) zwingen mich, vor meinem Volk folgende Anklage zu erheben: 1) Das Verbrechen an der Universität "La Cantuta", bei dem ein Dozent und 10 Studenten dieser Universität umgebracht wurden, wurde von einer Spezialeinheit des Nachrichtendienstes begangen, die unter dem direkten Befehl des Präsidentenberaters und eigentlichen Chefs des SIN, Vladimiro Montesinos, steht und deren Aktionen mit dem Nachrichtendienst des Heeres (SIE) und der Direktion für Nachrichtenbeschaffung des EMGE (DINTE) koordiniert werden, doch in jedem Fall dem Oberbefehlshaber der Armee bekannt und von ihm genehmigt sind. Diese Einheit wurde von dem Major Martin Rivas Santiago Enrique befehligt (...) Dabei war auch der Leutnant der Infanterie Portella Nuņez Aquilino (...) in dieser Nacht war die DIFE unter den Befehl des Brigadegenerals Perez Documet Luis, alias "Tuto" für die Absicherung zuständig, und das Eindringen oder den Angriff übernahm die BIC-19 unter dem Befehl des Oberstleutnants der Infanterie Guzmán Calderon (...). Außerdem waren der Unteroffizier AIO Sosa Davila (...) und der Unteroffizier AIO Ramos beteiligt. (...) Auch wenn diese Einheiten die Ausführenden sind, so tragen andere, wie die DINTE, der Brigadegeneral Juan Rivero Lazo oder der Chef für Spezialeinsätze, Oberst Navarro Perez Federico Augusto die Verantwortung für die Planung, Führung und Kontrolle der niedrigeren Ränge ...".

25. Es wird darauf hingewiesen, dass am 14. Juni 1995 in den frühen Morgenstunden und in überraschender Weise die Mehrheitsfraktion der Regierungspartei im Kongress das Gesetz Nr. 26.479 verabschiedete, mit dem eine Amnestie für Militär-, Polizei- und Zivilpersonal erklärt wurde, das in Fälle von Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist, die in der Zeit von 1980 bis zur Verabschiedung des Gesetzes begangen wurden. Der Präsident der Republik setzte das Gesetz am selben Tag in Kraft.

26. Es wird angeführt, dass nach Artikel 1 des genannten Gesetzes die Begünstigten alle Funktionäre der Armee, der Polizei oder Zivilisten sind, gegen die eine Anzeige, eine Strafe, ein Verfahren, eine Anschuldigung oder eine Verurteilung für eine allgemeine Straftat oder ein militärisches Dienstvergehen vor einem Militär- oder Zivilgericht vorliegt. Im Artikel 3 des genannten Gesetzes wird die sofortige Freilassung aller verfügt, die ihrer Freiheit beraubt sind, sei es in Form von Arrest, vorläufiger Festnahme, Untersuchungshaft oder einer Freiheitsstrafe. Der Artikel 6 des erwähnten Gesetzes verfügt die definitive Einstellung aller Strafverfahren, unabhängig davon, ob es läuft oder bereits Urteil ergangen ist, und verbietet die Wiederaufnahme von Ermittlungen der Tatbestände, die Gegenstand der betreffenden Prozesse waren. Das erwähnte Amnestiegesetz 26.479 wurde unverzüglich vom Obersten Militärgerichtsrat umgesetzt, der am 15. Juli 1995 die Freilassung aller wegen des Massakers an der Universität "La Cantuta" Verurteilten verfügte.

27. Es wird darauf hingewiesen, dass die Fraktion der Regierungspartei am 18. Juni 1995 das Gesetz Nr. 26.492 verabschiedete, das sogenannte Gesetz zur Auslegung des Amnestiegesetzes, mit dem man sich Kompetenzen anmaßte, die anderen Gewalten des Staates zukommen, indem man in die Rechtsprechung eingriff und den Anwendungsbereich der Amnestie ausweitete. So erklärte dieses Gesetzes, dass das Amnestiegesetz weder die Funktion der Rechtsprechung noch die Verpflichtung des Staates beeinträchtigt, die volle Gültigkeit der Menschenrechte zu anzuerkennen und zu gewährleisten. Das erwähnte Gesetz verfügte in Artikel 2 das Verbot, dieses Gesetzes mit juristischen Mitteln zu revidieren, was verhindert, dass jemand, der sich dadurch in seinem Recht beeinträchtigt sieht, die Gerichte anrufen kann, um sich zu verteidigen. Dieses zweite Gesetz weitete die Amnestie auf das gesamte Militär-, Polizei- und Zivilpersonal aus, unabhängig davon, ob eine Anzeige vorliegt oder nicht.

B. Position des Staates

28. Am 8. Oktober 1992 führte der Staat an, dass er Informationen vom Verteidigungsminister und der Staatsanwaltschaft abwarte, und setzte die Kommission davon in Kenntnis, dass der Justizminister folgendes informiert habe:

Gemäß dem Bericht der Staatsanwaltschaft der Nation sind nach Art. 5 des Gesetzes Nr. 45.592 die Anzeigen über das angebliche Verschwinden von Hugo Muņoz Sanchez, Dora Oyague Fierro und Juan Mariņos Figueroa unter dem Datum des 18. Juli 1992 verzeichnet. Als Verantwortlicher wird der peruanische Staat genannt, und der Fall befindet sich derzeit im Stadium der Ermittlungen. Die Bürger Bertila Lozano Torres, Roberto Teodoro Espinoza, Marcelino Rosales Cárdenas, Felipe Flores Chipana, Luís Enrique Ortiz Perea, Armando Amaro Condor und Heráclides Pablo Meza sind in dieser Liste nicht verzeichnet, weshalb das Innenministerium es für angemessen erachtet habe, aus Gründen der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Mitteilung zu machen, damit sie davon Kenntnis nimmt.

29. Am 4. November 1992 setzte der Staat die Kommission davon in Kenntnis, dass das Verteidigungsministerium nach Abschluss der Nachforschungen informiert habe, dass "die genannten Bürger unter keinen Umständen von Angehörigen der Armee verhaftet oder festgenommen worden sind". Der Staat fügt hinzu, dass nach Angaben der Polizei am 18. Juli 1992 keinerlei Polizeieinsatz in der Nationalen Universität "La Cantuta" stattgefunden habe, dass ein Untersuchungsgericht für Strafsachen eine Habeus-Corpus-Aktion zu Gunsten von Dora Oyague Fierro für unbegründet erklärt habe und das Oberkommando der Streitkräfte mitgeteilt habe, dass eine Staatsanwältin der Provinz Lima einen Ortstermin an einem Berg in der Nähe der Universität durchgeführt habe, wo sie keinerlei menschliche Reste fand, die darauf schließen ließen, dass das untersuchte Verbrechen begangen wurde.

30. Am 5. November 1992 brachte der Staat der Kommission zur Kenntnis, dass die Staatsanwaltschaft der Nation darüber informiert habe, dass sie verschiedenen Maßnahmen zur laufenden Untersuchung der Vorfälle eingeleitet habe, sie jedoch bis jetzt zu keinem Ergebnis gekommen sei und darum die Untersuchung fortgesetzt würde.

31. Am 30. Dezember 1992 brachte der Staat der Kommission zu Kenntnis, dass das Innenministerium mitgeteilt habe, das Kommissariat von Chosica habe weder Dora Oyague Fierro noch andere Studenten der Universität "La Cantuta" festgenommen, und am 6. Januar 1992 teilte er mit, dass die Staatsanwaltschaft trotz verschiedener Untersuchungen die Verantwortlichen für die Vorfälle nicht ermitteln konnte und deshalb die Untersuchung fortgesetzt würde.

32. Am 7. Oktober 1993 führte der Staat an, dass die ermittelnden Staatsanwaltschaft der Provinz Lima sich für nicht zuständig erklärt habe und die Ermittlungen der Kriegskammer des Obersten Militärgerichtsrat übergeben habe.

33. Am 5. Februar 1996 stellte der Staat fest, dass in dem Fall Nr. 157-V-93 gegen den Brigadegeneral Roland Rivero Lazo und andere zu Lasten von Hugo Sanchez Muņoz und anderen, der Oberste Militärgerichtsrat mittels Vollstreckungsbefehl am 3. Mai 1994 verfügt habe, dass die Majore Santiago Martin Rivas und Carlos Pichilingue Guevara und die Unteroffiziere Julio Chuqui Aguirre, Nelson Carbajal Garcia und Jesus Sosa Saavedra zu gleichen Teilen mit dem peruanischen Staat eine Entschädigung an die Angehörigen der Opfer zu zahlen haben. Da jedoch die Pfändung ihrer Gehälter nicht für die Zahlung dieser Entschädigung ausreiche, habe das Verteidigungsministerium die Entschädigungssumme von 3 Millionen neuen Soles deponiert, damit sie den Angehörigen der Opfer ausgezahlt werde.

IV. Analyse
...

V. Schlussfolgerungen

48. Die Kommission ist der Ansicht, dass sie für die Untersuchung dieses Falles zuständig ist, was die Vereinbarkeit der Amnestiegesetze Nr. 24.479 und 26.492 mit der Amerikanischen Konvention im Hinblick auf die Freilassung der Personen, die für den Massenmord an der Universität "La Cantuta" angeklagt und verurteilt wurden, angeht. Die Kommission beschließt, die Entscheidung über ihre Zuständigkeit in der Materie bezüglich einer eventuellen intellektuellen Mittäterschaft bei besagtem Massenmord bis zum Abschluss der Untersuchung zu vertagen. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass nach Artikel 46 und 47 der Amerikanischen Konvention die Klage im Rahmen der oben ausgeführten Sachlage zulässig ist.


Aufgrund der oben ausgeführten Tatsachen und juristischen Argumente und ohne ein endgültiges Urteil über den Fall vorwegzunehmen

BESCHLIESST

DIE INTERAMERIKANISCHE KOMMISSION FÜR MENSCHENRECHTE


1. den vorliegenden Fall für zulässig zu erklären, was die Vereinbarkeit der Amnestiegesetze Nr. 26.479 und 26.492 mit der amerikanischen Konvention im Hinblick auf die Freilassung der Personen, die für den Massenmord an der Universität "La Cantuta" angeklagt und verurteilt wurden, angeht;

2. die Entscheidung über ihre Zuständigkeit in der Materie bezüglich einer eventuellen intellektuellen Mittäterschaft bei besagtem Massenmord bis zum Abschluss der Untersuchung zu vertagen;

3. diese Entscheidung dem Antragsteller und dem Staat mitzuteilen;

4. die Untersuchung des Falles weiterzuführen;

5. sich den Parteien zur Verfügung zu stellen, um eine freundschaftliche Lösung auf der Grundlage des Respekts der in der Amerikanischen Konvention garantierten Rechte zu erreichen, und die Parteien aufzufordern, sich zu dieser Möglichkeit zu äußern;

6. diesen Beschluss zu veröffentlichen und in den Jahresbericht der Vollversammlung der OAS einzubeziehen;

Beschlossen und unterzeichnet am Sitz der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte in der Stadt Washington am 11. März 1999.

(Unterschriften)




Übersetzung aus dem Spanischen. Quelle des Orignaltextes: Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (http://www.cidh.oas.org)