Aktuell Hintergrund Dokumentation Archiv Links Kontakt


Peru: Die Auslassungen in der Antrittsrede von Alan Garcia

Er schwieg über die Empfehlungen der Wahrheitskommission

Christiano Morsolin (*)


Die Feier der "Fiestas Patrias", des Nationalfeiertags, der in Peru seit seiner Unabhängigkeit am 28. und 29. Juli begangen wird, hatte dieses Jahr eine besondere Bedeutung, da sie mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten der Republik, Alan Garcia von der APRA, und der Vereidigung des Kabinetts zusammenfiel. Einige Analysten weisen auf gewisse Leerstellen im Programm hin, das der Präsident vorstellte, wie die Zurückhaltung bei der Erwähnung von Maßnahmen gegenüber den großen Bergbauunternehmen und Erdölgesellschaften und das Schweigen über das Thema der Menschenrechte und die Entschädigungen für die Opfer der politischen Gewalt, die fast drei Jahre nach der Vorlage des Abschlussberichtes der Wahrheits- und Versöhnungskommission immer noch ausstehen.

In diesem Punkt beschränkte er sich darauf, die Militärs zu loben und zu verteidigen und daran zu erinnern, dass 1200 Mitglieder seiner Partei während des internen bewaffneten Konflikts ermordet wurden. Doch nichts über die restlichen fast 68.000 Opfer, Bauern der Zivilgesellschaft. Alan Garcia "vergaß" auch, sich auf den Kampf gegen die Korruption und das Auslieferungsverfahren gegen den Ex-Diktator Alberto Fujimori zu beziehen. Diese Auslassungen erscheinen bedeutsam, und zwar nicht nur, weil die Amtszeit der Regierung der APRA erst beginnt, sondern auch, weil drei Tage zuvor der Anwalt Alfredo Echeverry, der Peru in dem Auslieferungsverfahren gegen Fujimori vertritt, in Lima eintraf, um davor zu warnen, dass der flüchtige Ex-Staatschef aus Chile fliehen könnte.

Susana Villaran de la Puente (Ex-Mitglied der Amerikanischen Kommission für Menschenrechte) fragt: "Und die Umsetzung der Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission? Nichts! Kein einziges Wort! Der Präsident Garcia sprach nicht über die Diagnose der Wahrheits- und Versöhnungskommission über unsere sozial ausgrenzende und diskriminierende Gesellschaft. Dagegen war es eine zweideutige Botschaft an die Streitkräfte, denen er verspricht, ihre Ehre zu stärken, ihnen ihre Selbstschätzung wiederzugeben und dafür zu sorgen, dass sie ihren Status wieder erhalten. Worum geht es? Hat er den Handschuh aufgehoben, den der Kardinal Cipriani in seiner Gedenkmesse gegen die Wahrheits- und Versöhnungskommission in den Ring geworfen hatte? Bedeutet demnach die Wiederherstellung der Ehre der Streitkräfte nicht, dass eine tiefgehende Reform durchgeführt und ihrem Leben und ihrer Arbeit durch eine moderne Vision der Verteidigung der Demokratie Würde verliehen wird, sondern die Straffreiheit für diejenigen, die die Menschenrechte verletzt und damit das Ansehen der Institution beschmutzt haben? Ohne die Einhaltung der Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission wird es keine tiefgehende Veränderung zwischen dem Staat und der Gesellschaft und der Form geben, wie wir unter Peruanern miteinander umgehen. Es wird keine Gerechtigkeit für die Tausenden von Opfern des internen bewaffneten Konflikts geben, für Zehntausende von Bauern, Quechuasprecher, Arme. Für den größten Teil derer, die auf Wahrheit, Wiedergutmachung, Gerechtigkeit warten."

Teivo Teivainen (Direktor des Programms für Studien über Demokratie und globale Veränderung der Universität San Marcos in Lima) und Mitglied des internationalen Rats des Weltsozialforums als Experte der Nichtregierungsorganisation NIGD aus Helsinki) kommt in seiner Analyse zu dem Schluss, dass "in der Rede des neuen Präsidenten der Republik Alan Garcia ein Element, dem Beachtung geschenkt werden muss, die Todesstrafe ist. Er setzte sich sehr stark für die Todesstrafe für Vergewaltiger von Kindern ein. Entscheidend dabei ist, dass die Einführung der Todesstrafe in Peru bedeuten würde, dass es sich aus dem Pakt von San José de Costa Rica zurückziehen würde, d. h. aus einer der elementaren Säulen des interamerikanischen Systems für Menschenrechte."

Ich denke, dass einer der Beweggründe von Alan Garcia, für die Todesstrafe einzutreten, eben der ist, damit einen Konflikt mit dem interamerikanischen Systems der Menschenrechte zu provozieren, und da das Thema der Todesstrafe für Vergewaltiger von Kindern in der peruanischen Bevölkerung sehr populär ist, könnte dieses der Regierung Garcia ermöglichen, sich ohne übermäßige interne Kritik aus dem Pakt von San José zurückzuziehen. Der Austritt aus dem Pakt von San José würde dann die Straffreiheit von Leuten der Regierung von Alan Garcia, einschließlich ihm selbst, sowie der von Fujimori, mit denen es scheinbar schon seit einiger Zeit eine Verständigung oder vielleicht sogar eine Allianz im Punkt Straffreiheit gibt, erleichtern. Angesichts der Möglichkeit, dass das interamerikanische System für Menschenrechte sich gegen Leute der Regierungen von Alan Garcia oder Alberto Fujimori stellt und urteilt, ist es verständlich (wenn auch bedauerlich), dass Alan Garcia versucht, sich auf diese Art dem System zu entziehen, bevor die Urteile ergehen.

Es besteht eine Ähnlichkeit mit der Art, wie Alberto Fujimori den Fall der Chilenen, die in Verbindung mit der MRTA standen, benutzte, um den "Austritt" Perus aus dem interamerikanischen System für Menschenrechte zu erklären. Es war eine Rechtfertigung, die große Akzeptanz im Volk fand. Für mich war und ist jedoch offensichtlich, dass das Hauptmotiv Fujimoris war, sich aus dem System zurückzuziehen, bevor der Fall über das Verfassungsgericht, der seine zweite Wiederwahl bedrohte, vor den Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gelangte. Alles in allem erscheint das Vorgehen von Alan Garcia ein ähnliches Manöver zu sein: die Benutzung eines "populären" Themas für den Rückzug aus dem interamerikanischen System für Menschenrechte mit dem Ziel, zukünftige Urteile des Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte über schwerwiegendere Themen zu vermeiden. Natürlich ist es riskant und problematisch, über die Beweggründe der Personen zu spekulieren. Doch die Tatsache, dass Alan Garcia in seinen Reden und seinem Handeln den klaren Eindruck vermittelt hat, dass er die Straffreiheit in punkto Menschenrechte wieder einführen und stärken will, lassen mich denken, dass es diese Beziehung zwischen seinen Kampagnen für die Todesstrafe für Vergewaltiger von Kindern und für die Straffreiheit in Fällen von Verletzungen der Menschenrechte gibt.

Dabei muss in Betracht gezogen werden, dass das interamerikanische System für Menschenrechte elementar war, um die schweren Fälle der Verletzung von Rechten der Peruaner zu untersuchen und eine Bestrafung zu fordern, und dass es eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Rechtsmissbrauch in Peru und bei den Bestrebungen gespielt hat, dass sich Fujimori und andere Staatschefs für Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor der Justiz verantworten müssen.

Javier Diez Canseco (Präsidentschaftskandidat für die Sozialistische Partei) fragt sich: "Ist die Kampagne für den Rückzug aus dem Pakt von San José durch die gerechtfertigte Entrüstung der Bürger über die fehlende Sicherheit und die kriminelle Vergewaltigung und Ermordung von Minderjährigen motiviert, oder gibt es andere Motive, die nicht ans Licht kommen, die jedoch mehrere der Fürsprecher bewegen?"

Sowohl die Amerikanische Kommission als auch der Amerikanische Gerichtshof für Menschenrechte haben sich aktiv dafür eingesetzt, dass die Verfahren über das Massaker in den Gefängnissen während der ersten Regierung von Alan Garcia wieder aufgenommen werden. Unter anderem haben sie verfügt, dass Prozesse wieder aufgenommen werden, in denen Garcia direkt beschuldigt wird und bei denen es um eine direkte Beteiligung des ersten Vizepräsidenten, des Vizeadmirals Giampietri, geht: der Fall des Gefängnisses El Fronton und die - bewiesene - illegale Hinrichtung von zahlreichen Gefangenen, die sich ergeben hatten und unbewaffnet waren. Und beide Institutionen haben eine Rolle bei den Bestrebungen gespielt zu ereichen, dass Fujimori wirklich ausgeliefert wird und den Schutz der Kimonos der japanischen Regierung verlässt, um sich vor der peruanischen Justiz zu verantworten. Wenn heute, mitten im Verfahren für dessen Auslieferung aus Chile, dem interamerikanischen System für Menschenrechte ein Schlag versetzt wird und der Anwalt des Flüchtigen als Repräsentant der Kommission für außenpolitische Beziehungen des Kongresses eingesetzt wird, ist dies kein Zufall, so ist das nicht ohne Bezug. Darin liegen reichliche Bezüge zwischen der APRA und den Fujimoristen. Es ist nicht das erste Mal, dass versteckte Absichten weitaus wichtiger sind, als die, die öffentlich vertreten werden, und der Kampf für die Straffreiheit ist eine Fahne, die seit dem 28. Juli mit der Messe von Cipriani und seinem Angriff auf die Wahrheits- und Versöhnungskommission und der von Giampietri initiierten Kampagne erhoben wurde.

Nicht fern davon sind die Erklärungen von Allan Wagner, dem neuen Verteidigungsminister, der sich gegen die "ungerechten" Prozesse gegen Militärs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wendet, die von der Wahrheits- und Versöhnungskommission und den Untersuchungen über die Verletzung von Menschenrechten offen gelegt wurden. Die Wahrheit ist, dass die Streitkräfte sich weigern, die Namen der Beteiligten an schweren Verbrechen, die unter Pseudonymen auftraten, herauszugeben und damit ihre Straffreiheit sicherstellen. Und natürlich fordert der Amerikanische Gerichtshof für Menschenrechte, dass sie identifiziert werden und dem Gericht übergeben werden. Ist das Verfolgung? Gewiss, die Beschuldigten müssen sich vor der Justiz verantworten, und diese sollte über ihre Lage befinden. Alles andere ist Straffreiheit, und danach riecht die derzeitige Kampagne über die Todesstrafe, danach, dass die Türen geschlossen werden sollen, um sich der Beobachtung und der Aktion des interamerikanischen Systems für Menschenrechte zu entziehen.

Der Angriff des Kardinals Cipriani gegen die Wahrheits- und Versöhnungskommission

Wie es Tradition ist, wurde Stunden vor der Vereidigung des neuen Präsidenten eine Gedenkmesse abgehalten, die der Kardinal Cipriani, Erzbischof von Lima und Mitglied des Opus Die, zelebrierte. Was an seiner Predigt zum Nationalfeiertag am meisten Polemik hervorrief, war seine Klage über das negative Urteil, das der Abschlussbericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission vor drei Jahren über das Verhalten der Kirche bei der Verteidigung der Menschenrechte in den Diözesen Ayacucho, wo er in jenen Jahren Erzbischof war, Huancavelica und Apurimac abgab. "Mich bewegen nicht die menschlichen Glorien noch peinigen mich die Kränkungen. Auf ungerechte Weise hat die Wahrheits- und Versöhnungskommission meine Brüder negativ beurteilt. Ich wende mich auch gegen die Prozesse, in denen die Streitkräfte, die Polizei und die "Rondas" (paramilitärische Bauernhilfstruppen) herabgewürdigt werden, die alle einen wesentlichen Anteil an der Befriedung hatte. Es ist nicht richtig, die Seite umzublättern, ohne meine persönliche Position über die so genannte Wahrheits- und Versöhnungskommission klar zu machen", sagte er, und fügte hinzu, dass die Wahrheits- und Versöhnungskommission eine "politisierte Kommission" ist und er der Auffassung ist, dass es eine Ungleichbehandlung gab, als es darum ging, die Rolle der Kirche in jenen Jahren zu beschreiben.

Der erste, der sich äußerte, war der emeritierte Bischof von Chimbote, Monseņor Luis Bambaren (prophetische Stimme der Kirche der Armen, inspiriert von der Theologie der Befreiung), der dem Erzbischof von Lima Autorität absprach, indem er klarstellte, dass seine Kritik gegen die Wahrheits- und Versöhnungskommission nicht die Meinung der katholischen Kirche repräsentiert. "Viele glauben, dass der Kardinal der Chef aller Bischöfe von Peru ist, doch so ist es nicht. Er (Cipriani) ist Erzbischof von Lima, und folglich spricht er als solcher. Die offizielle Stimme, der Sprecher der peruanischen Bischofskonferenz ist ihr Vorsitzender, Monseņor Cabrejos. Was der Kardinal gesagt hat, war seine persönlichen Meinung", präzisierte er. Im Unterschied zu Cipriani ist Bambaren der Ansicht, dass die Arbeit der Wahrheitskommission "in Bezug auf die Angelegenheiten der Kirche seriös und sehr gemäßigt war". Er beklagte auch, dass auf dieses Thema zurückgekommen wird, obwohl fünf Jahre seit den Vorfällen vergangen sind.

Sofia Macher (Ex-Mitglied der Wahrheits- und Versöhnungskommission und international anerkannte Expertin für Menschenrechte) unterstrich: "Es ist überraschend, dass Cipriani die Gedenkmesse zum Nationalfeiertag benutzt, um die Gelegenheit auszunutzen, seine persönlichen Ansichten und vor allem seinen Groll zum Ausdruck zu bringen. Das ist etwas, was vollkommen dem Bild widerspricht, das er von sich als Pastor der Kirche präsentieren will. Es war eine politische Rede, doch von sehr schlechter Qualität.

Er verlangte, dass man ihn um Entschuldigung für den Aufruhr um die Briefe an den Vatikan und für die Kritik an der Kirche von Huancavelica, Apurimac und Ayacucho (alle mit Bischöfen des Opus Dei) im Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission bittet, und erhob den Anspruch, auch seine Brüder, die Mitglieder der "Rondas" und die Militärs, zu verteidigen, die ebenfalls gekränkt wurden. Seine Haltung gegenüber der Wahrheits- und Versöhnungskommission ist vollkommen entgegengesetzt der der Kirche von Peru. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hatte Tage zuvor eine Erklärung an den neuen Präsidenten gerichtet, in der er ihn aufforderte, den Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission nachzukommen. Was den Vorwurf anbelangt, die Wahrheits- und Versöhnungskommission würdige nicht die Bedeutung der "Rondas", so ist dieser vollkommen falsch. Wir, die Mitglieder der Kommission, maßen ihnen eine sehr große Bedeutung zu. Entweder lügt er, oder er hat sich einfach nicht die Mühe gemacht, den Bericht zu lesen. Und was die Militärs anbelangt so ist das, was er verlangt, eindeutig Straffreiheit. Die Strafprozesse laufen und ich weiß nicht, wieso ihn dies derartig aufregt. Ich glaube, dass er derartig gefühlsmäßig, subjektiv, egoistisch reagiert, fügt ihm noch zusätzlichen Schaden zu. In Ayacucho, Huancavelica und Apurimac werden bereits Erklärungen verfasst, in denen aufgezeigt wird, dass dort die Kirche den Opfern den Rücken kehrte. Die Zeitungen haben Kommentare darüber veröffentlicht, und mehr noch, einige nennen ihn nur noch Herr Cipriani (nicht mehr Kardinal) und schlagen ihm vor, dass er besser eine politische Kandidatur anmelden solle."

Teivo Teivainen schreibt, dass "die Erklärungen von Cipriani im wesentlichen etwas bestätigen und klar machen, was wir bereits wissen: er ist eine autoritäre Personen mit einer Mentalität, die vollkommen gegen die Menschenrechte gerichtet ist, und die mit seinen Handlungen und Unterlassungen Komplize der Massaker war, die der peruanische Staat insbesondere in Ayacucho begangen hat."

Der ehemalige Präsident der Wahrheits- und Versöhnungskommission Salomon Lerner erklärte seinerseits, dass die Kritik von Cipriani bei ihm den Eindruck erweckt, sie sei "ungerecht und er habe den Abschlussbericht nicht gelesen". Und er unterstrich: "Ich habe in einer Reihe von Sitzungen mit Organisationen der Kirche teilgenommen, um über das Problem der Gewalt zu sprechen. Der größte Teil der Hierarchie war immer sehr aufgeschlossen für den Dialog und äußerte sich lobend über die Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission. Doch da ist noch eine andere Sache. Die Kirche besteht nicht nur aus Pfarrern und Bischöfen. Wir alle sind die Kirche. Ich bin Katholik und betrachte mich als Teil der Kirche. Und viele, die in der Menschenrechtsbewegung gearbeitet haben, sind Personen, die mit der Kirche verbunden sind. Und viele der Opfer sind Teil dieser Kirche, die sie oftmals nicht anerkennen will: die der Armen. Wenn also gesagt wird, dass die Kirche herabgewürdigt wird, zeigt das eine elitäre Sichtweise", erklärte der Rektor der "Pontifica Universidad Catolica de Peru".

Es ist notwendig, daran zu erinnern, dass der Vorsitzende der peruanischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Trujillo, Monseņor Miguel Cabrejos, am 26. Juni erklärte, die neue Regierung solle die Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission umsetzen, um zu zeigen, dass die Verteidigung der Menschenrechte für sie nicht in den Hintergrund rückt. Laut Cabrejos sollte der Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission "nicht missachtet werden, sondern herangezogen werden, um die Opfer der politischen Gewalt zu entschädigen". In diesem Sinne vertrat er die Ansicht, dass die neue Regierung von Alan Garcia Perez sich bemühen sollte, die Empfehlungen der Kommission umzusetzen. Er fügte hinzu, dass eine der Hauptfunktionen des Staates der Schutz des menschlichen Lebens ist, und aus diesem Grund dürften die Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnung Kommission nicht missachtet oder von der Tagesordnung gestrichen werden.

"Die Empfehlungen sollten von der Regierung der APRA umgesetzt werden", erklärte er gegenüber der Presse. Cabrejos vertrat die Ansicht, dass der Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission "wichtig" ist, um das intensive Drama zu kennen, das Tausende von Peruanern während des internen Krieges durchlebten. Und mehr noch: Monseņor Cabrejos vertrat, dass das Abschlussdokument der Wahrheits- und Versöhnungskommission nicht als "exzessiv" kritisiert werden kann. Vielmehr sammelt es einfach die Tatsachen, die die Opfer der Auseinandersetzung mit der Subvention erlebten, erklärte er.

Die Verteidiger der Menschenrechte im Visier

Der Jahresbericht von 2005 der "Beobachtungsstelle zum Schutz der Verteidiger der Menschenrechte" (FIDH/OCMT) vom 22. März hob in seinem Kapitel über die Situation der Verteidiger der Menschenrechte in Peru hervor, dass Salomon Lerner Febres selbst, Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission, im August 2005 bedroht wurde. Das gleiche passierte anderen Dutzenden von Verteidigern der Menschenrechte, Zeugen, Opfern, Angehörigen von Opfern, peruanischen Richtern und Staatsanwälten, die wegen ihrer Untersuchungen der Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte, die in Peru in den letzten beiden Jahrzehnten begangen wurden, Opfer von Drohungen und anderen Einschüchterungsversuchen wurden.

Der Bericht erwähnt die Drohungen gegen die Sonderstaatsanwältin für Menschenrechte Cristina Olazabal, die Anwältin der "Vereinigung pro Menschenrechte" (APRODEH) Gloria Cano, und die Vertreter der "Nationalen Koordination für Menschenrechte" (CNDDHH), Francisco Soberon und Alejandro Silva. Cristina Olazabal, zuständige Staatsanwältin für Verletzungen von Menschenrechten, die zwischen 1980 und 2000 im Departement Ayacucho begangen wurden und von der Wahrheits- und Versöhnungskommission aufgedeckt wurden, war das Opfer von Drohungen und schweren Anfeindungen von Seiten der Repräsentanten der APRA. Diese Drohungen erfolgten nach der Anklageerhebung für die Verbrechen - die Fälle Accomarca, Cayara, El Fronton und andere -, in denen gegen den Parteichef der APRA und ehemaligen Präsidenten von Peru, Alan Garcia, sowie mehrere hohe Militärs wegen ihrer möglichen Verantwortung ermittelt wird. Im Februar 2005 beschuldigte der ehemalige Senator David Sifuentes Cristina Olazabal und Gloria Cano, "das Gesetz und den Rechtsstaat zu benutzen wie Banditen eine Granate".

Danach, im März, wurde gegen Dr. Olazabal, Francisco Soberon und Gloria Cano Anzeige erstattet wegen "Bildung einer illegalen Vereinigung zur Begehung einer Straftat", und sie wurden beschuldigt, Teil einer Verschwörung zu sein, mit der die Kandidatur von Alan Garcia in den Präsidentschaftswahlen von 2006 verhindert werden soll. Auf der anderen Seite wurde mehrere Male versucht, Olazabal zu entlassen. Später, im April diesen Jahres, erhielt Soberon eine feindselige anonyme E-Mail, in der auf "Colina Futura" Bezug genommen wird, den Namen der paramilitärischen Gruppe, die in den neunziger Jahren zur Ermordung von Gegnern des Regimes von Alberto Fujimori gebildet worden war. Der Absender der Botschaft war derselbe wie der einer anderen E-Mail mit einer Drohung, die APRODEH im Jahre 2003 erhalten hatte. Und schließlich informiert der Bericht über einen Anruf, den die "Ökumenische Stiftung für Entwicklung und Frieden" (FEDEPAZ) im November 2005 erhalten hat und in dem Drohungen gegen Francisco Soberon und Alejandro Silva ausgesprochen wurden, falls sie sich weiter in den Medien äußern, nachdem am 17. Oktober 2005 die CNDDHH bei einer Präsentation in Washington, USA, wegen der Drohungen gegen Verteidiger der Menschenrechte, Zeugen, Opfer und Angehörige, sowie peruanische Richter und Staatsanwälte wegen ihrer Untersuchungen über die Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte, die in Peru in die letzten beiden Jahrzehnten begangen wurden, öffentlich Alarm geschlagen hatte.

Im August 2005 erhielt Salomon Lerner Febres, ehemaliger Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission, Präsident der "Union der Universitäten von Lateinamerika" und des Instituts für Demokratie und Menschenrechte der Universität Catolica in Lima, anonyme E-Mails mit Beleidigungen. Am 8. September 2005 nahm die Sekretärin von Salomon Lerner, der sich auf einer Auslandsreise befand, einen Telefonanruf an, in dem dieser mit dem Tod bedroht wurde. Lerner sowie 12 andere ehemalige Mitglieder der Wahrheits- und Versöhnungskommission, darunter Sofia Macher und Carlos Ivan Degregori, hatten bereits zuvor beleidigende E-Mails erhalten, in denen ihnen vorgeworfen wurde, dass sie die peruanischen Streitkräfte angreifen. Die Botschaften, die Lerner erhielt, der Jude ist, waren außerdem antisemitisch und unterzeichnet von einer unbekannten Gruppe namens "Pachacutec". Außerdem läuft gegen Lerner und andere ehemalige Mitglieder der Wahrheits- und Versöhnungskommission eine Anzeige, die von den Generälen im Ruhestand, José Valdivia und Wilfredo Mori, sowie den Obersten der Armee Carlos Medina, Nelson Gonzales, Emilio Murgueytio, Wilfredo Guadalupe, Manuel Delgado und Carlos Sanchez erstattet wurde, welche in dem Bericht der Kommission als Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen erwähnt sind. Die ehemaligen Mitglieder der Wahrheits- und Versöhnungskommission werden der "öffentlichen Verleumdung" beschuldigt. Insgesamt neun Anzeigen wurden im letzten Jahr gegen die 12 ehemaligen Mitglieder der Wahrheits- und Versöhnungskommission bei der Staatsanwaltschaft erstattet, um sie einzuschüchtern und die laufenden Strafprozesse wegen Verletzungen der Menschenrechte lahm zulegen.

Ist der Aufbau der Demokratie inmitten der Straffreiheit möglich?

Man darf nicht vergessen, dass der Admiral im Ruhestand und derzeitige Vizepräsident Luis Giampietri Roja sich in diversen mündlichen und schriftlichen Erklärungen öffentlich gegen den Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission ausgesprochen hat. Die Berufung des Admirals im Ruhestand Giampetri in die Regierung der APRA ruft Erinnerungen wach an die Nähe dieses Offizier zur Regierung des Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, sowie seine Beteiligung bei der Niederschlagung des Aufstands im Gefängnis "El Fronton" im Jahre 1986, die mit dem Tod von rund 100 Gefangenen wegen Terrorismus endete. Die Erfahrungen von Giampietri als Offizier der Sondereinheit für Spezialeinsätze der Marine (FOES) und seine Beteiligung an der Befreiung vom Geiseln aus der Residenz des japanischen Botschafters waren entscheidend für seine Wahl durch die APRA, trotz seiner Beteiligung an den Ereignissen von El Fronton im Jahre 1986, wegen denen ein Verfahren wegen "Delikts gegen das Leben, die physische Unversehrtheit und Gesundheit" vor dem Militärgericht durchgeführt wurde. Im Bericht, den die Wahrheits- und Versöhnungskommission über den Fall der Gefängnisse der Staatsanwaltschaft übergab, kam diese zu dem Schluss, dass der Prozess vor dem Militärgericht (bei dem Luis Giampetri einer der Beschuldigten war) ungültig war und ein neuer Prozess durchgeführt werden sollte.

Iris Jave, ehemalige Pressereferentin der Wahrheits- und Versöhnungskommission, erwähnte, dass "jetzt in der Zeitung La Primera, die Juan Carlos Tafur führt und in der regelmäßig der Vizepräsident Luis Giampietri, Abgeordneter und unerbittlicher Feind der Wahrheits- und Versöhnungskommission, schreibt, eine Anschuldigung wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern erschienen ist. ... In Wirklichkeit ist ihr Interesse nicht so sehr die Transparenz bei den Ausgaben oder die Offenlegung der Finanzen sondern die weitere Abwertung der Wahrheits- und Versöhnungskommission, sodass eines Tages der Bericht in Vergessenheit gerät und die Forderungen der Opfer ein Thema der Vergangenheit sind".

Diese Kampagne sowie die Auslassungen in der Antrittsrede von Alan Garcia Perez, der nichts über die Empfehlungen der Wahrheitskommission sagte, sind zusammen mit der "Segnung" durch den Kardinal Cipriani sehr besorgniserregende Zeichen, wenn man bedenkt, dass sowohl gegen denen Präsidenten Garcia als auch seinen Vizepräsidenten Giampetri Ermittlungsverfahren wegen Verletzung der Menschenrechte laufen.

Die Zivilgesellschaft warnt weiter vor den Gefahren, die die Demokratie in Peru läuft, mit dem täglichen Engagement von sozialen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen wie "Para que no se repita", "Consejería de Proyectos", "Asociación Solidaridad Países Emergentes" - ASPEM, "Forum Solidaridad Perú Tierra Nueva", "Movimiento Laicos para Latinoamerica" - MLAL, "Centro Internacional por la Justicia Transicional" - ICTJ (das vor kurzem das Buch "Das Erbe der Wahrheit. Die Strafjustiz in der peruanischen Übergangsgesellschaft" veröffentlicht hat), APRODEH, Plataforma PIDHDD -Sektion Peru, CONADES und anderen.

Das Institut "Bartolome de Las Casas" (gegründet von Pater Gustavo Gutierrez, Begründer der Theologie der Befreiung) organisiert vom 22. bis zum 24. August das internationale Seminar "Bedingungen für die Versöhnung in Peru" mit der Beteiligung als Experten von Salomon Lerner, Patricia Valdez (Argentinien), P. Robert Schreiter (USA), Elisabeth Lira (Chile), Kimberley Theidon (USA), Gustavo Gutierrez, Federico Arnillas, Carlos Ivan Degregori und anderen. Es wird die Gelegenheit sein, um zu fragen: Ist der Aufbau der Demokratie inmitten der Straffreiheit möglich?


(*) Christiano Morsolin ist ein italienischer Pädagoge und Mitarbeiter internationaler Netzwerke. Er arbeitet seit 2001 in Lateinamerika mit Erfahrungen in Peru, Ecuador, Kolumbien und Brasilien.




Quelle: Prensa de Frente (http://www.prensadefrente.org/pdfb2/index.php/new/2006/08/26/p1944)
Übersetzung aus dem Spanischen