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Pressemitteilung

Wir, die Eltern, Geschwister, Söhne, Töchter und Witwen der 253 politischen Gefangenen, die am 19. Juni 1986 in den Gefängnissen El Frontón, Lurigancho und Callao ermordet wurden, erfüllen unsere verwandtschaftliche Pflicht, das Andenken an unserer Angehörigen zu bewahren, und erklären unter Berufung auf unser verfassungsmäßiges Recht, Gerechtigkeit zu verlangen, folgendes:

1. Am 19. Juni dieses Jahres ist der 20. Jahrestag der grauenhaften Ermordung unserer Verwandten, und in diesen langen Jahren haben die Staatsanwaltschaft und die Justiz die Verantwortlichen geschützt und gedeckt, während wir verfolgt und inhaftiert wurden, weil wir Gerechtigkeit verlangten. Sie haben sich unter Berufung auf verschiedene Gesetzesartikel geweigert, die Massenmörder vor Gericht zu stellen. Als Beleg reicht es zu erwähnen, dass der Fall auf skandalöse Weise sieben Mal von verschiedenen Staatsanwälten eingestellt worden ist, die damit die Straffreiheit besiegeln wollten.

2. Der Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte stellte in drei Urteilen fest, dass der peruanische Staat verantwortlich für den Tod unsere Angehörigen ist. Auf Grund unseres unermüdlichen Drängens begann die Staatsanwaltschaft im Jahre 2001 eine zögerliche und halbherzige Untersuchung, die auf die Verjährung des Verbrechens abzielte. Dazu kam die berechnende und verwerfliche Haltung des Instituts für Rechtsmedizin, das nach den Exhumierungen im Jahre 2003 versuchte, uns die Reste unsere Angehörigen vermischt und ohne Identifizierung in Pappkartons zu übergeben.

3. Der Staatsanwalt Mario Gonzáles schloss in der Anklage, die er im Jahre 2005 formulierte, weder den damaligen Staatschef, Alan Garcia Pérez, noch die Mitglieder seines Ministerrates ein, die das Protokoll unterzeichneten, das den Militäreinsatz anordnete, bei dem unserer Verwandten ermordet wurden. Wir als Hinterbliebene legten Einspruch gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Form einer rechtliches Beschwerde ein, und am 6. April diesen Jahres hat die 3. Nationale Oberstaatsanwaltschaft unserer Beschwerde stattgegeben, wobei sie in der Begründung folgendes anführte:

Der Oberstaatsanwalt der 3. Nationalen Staatsanwaltschaft für Strafsachen hat beschlossen, "der Beschwerde zu einen Teil stattzugeben und den Staatsanwalt der 5. Überbezirklichen Staatsanwaltschaft für Strafsachen aufzufordern, die Untersuchung auszuweiten...". Des Weiteren hat er in der Begründung seiner Resolution angeordnet, die Aussagen der Überlebenden des Massenmordes, der Militärs und Polizisten, die die Befehle ausführten, der Sprengtrupps der Marine, der Ex-Minister Carlos Blancas und Luis Alva Castro sowie unabhängigen Gutachtern einzuholen. Außerdem heißt es in der Resolution:

10. "... es muss unter Androhung der gesetzlichen Sanktionen von der Kriegsmarine gefordert werden, dass sie das unbeschnittene Filmmaterial der Videos und Fotografien, die sie anlässlich der Niederschlagung des Aufstandes in El Fronton gemacht hat, aushändigt ..."

11. "Die Fernsehsender Kanal 7 und Kanal 9 müssen erneut unter Strafandrohung aufgefordert werden, das von ihnen angefertigte Filmmaterial unbeschnitten auszuhändigen und die Namen der Journalisten oder des Personals, die von den Vorfällen berichteten und zusammen mit dem Obersten Staatsanwalt der Nation César Elejalde in einem Hubschrauber an den Ort des Geschehens gelangten preiszugeben."

Und schließlich "... wird der Staatsanwalt aufgefordert, mehr Einsatz und Eile bei der Erfüllung seiner Pflichten zu zeigen ... bei den eingeholten Aussagen ist eine gewisse Nachgiebigkeit bei der Ausübung seiner staatsanwaltlichen Funktionen feststellen ... und ihm wird zum letzten Mal eine Frist von 120 Tagen gewährt, um die oben angeführten Ermittlungsmaßnahmen abzuschließen ..."

4. Diese Resolution bestätigt nur, was wir seit 20 Jahren anprangern, und wir wiederholen es einmal mehr: die Staatsanwaltschaft und die Justiz sind Komplizen des Massenmordes. Es ist nicht nur "Nachgiebigkeit", wie es in der Resolution heißt, sondern Alan Garcia und sein Ministerrat werden eindeutig gedeckt, indem sie von der Anklage ausgenommen werden. Auf diese Art wird die Vernichtungspolitik, die der peruanische Staat während des internen Krieges anwandte, unterstützt. Dieselbe Politik wendet der US-Imperialismus gegen die Völker an, die sich gegen Unterdrückung und Armut auflehnen, wie die ganze Welt bei der Aufdeckung der grausamen Folter von Gefangenen in Irak und Afghanistan und im Gefängnis Guantánamo mit Grauen gesehen und verurteilt hat.

5. Wir fordern die Staatsanwaltschaft und die Justiz auf, ihre Pflicht zu erfüllen, die Schuldigen anzuklagen, vor Gericht zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Wahrheit über die Vorfälle ans Licht kommt, damit die Schuldigen, hauptsächlich Alan Garcia, sich nicht erneut darauf berufen können, dass ihre Verbrechen verjährt sind. Wir behaupten einmal mehr, dass für dieses fürchterliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemand ordnungsgemäß vor Gericht gestellt und weniger noch inhaftiert worden ist. Doch auf der anderen Seite befinden sich Tausende von politischen Gefangenen, darunter Überlebende dieses Massenmordes, seit 10, 12 bis hin zu 18 Jahren in Haft, verurteilt von Gerichten mit anonymen Richtern und mit verfassungswidrigen Gesetzen, die von Fujimori und Montesinos erlassen und von der Regierung Toledo beibehalten und verschärft worden sind, welche zudem droht, zu den Haftmethoden der 90er Jahren zurückzukehren

6. Trotz der Proteste der Tausenden von Opfern der Politik des Staates während des internen Krieges und der diversen nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, haben die Regierungen, die einander an der Macht abgelöst haben, arrogant ihre Verantwortung geleugnet. Es reicht zu erwähnen, dass keiner der 24 Präsidentschaftskandidaten und der fast 3000 Kandidaten für die Parlamentswahlen ihren politischen Willen bekundet haben, die Situation der im Zusammenhang mit dem internen Krieg zwangsweise Verschwundenen und Ermordeten, der politischen Gefangenen, der von der Justiz Gesuchten und politischen Asylanten zu untersuchen und zu lösen.

Wir, die Angehörigen, werden nicht oben, bis wir Gerechtigkeit erhalten, und die Tatsachen und die historische Wahrheit so registriert werden, wie sie waren, und in diesem Sinne rufen wir einmal mehr unser Volk, von dem wir stets Verständnis und Unterstützung erhalten haben, alle Menschenrechtsorganisationen und demokratischen Persönlichkeiten, sowie die nationale und internationale Presse auf, zur Suche nach der Wahrheit beizutragen.

Lima, 15. Mai 2006




ASOCIACION DE FAMILIARES DE PRESOS POLÍTICOS, DESAPARECIDOS Y VICTIMAS DE GENOCIDIO (Vereinigung der Angehörigen der politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfer der Vernichtungspolitik)


AFADEVIG
www.afadevig.org





Übersetzung aus dem Spanischen.