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Ist es ein Verbrechen, Lehrerin zu sein?


Iris Quiñonez Colchado

August 2005


Zum Zeitpunkt meiner Verhaftung arbeitete ich als Lehrerin in der staatlichen Schule 6065 in Villa El Salvador. Heute befinde ich mich in der Frauenhaftanstalt mit geschlossenem Sonderregime von Chorrillos. Ich wurde wegen des angeblichen Delikts des Landesverrats zu lebenslanger Haft verurteilt, abgeurteilt durch ein Militärgericht ohne Recht auf Verteidigung und einen ordentlichen Prozess. Derzeit warte ich auf eine neue Verhandlung.

Als ich als Grundschullehrerin arbeitete, sah ich die prekäre Situation, in der meine Schüler lebten. Die meisten von ihnen kamen mit nichts weiter als einer Tasse Tee und einem Brötchen im Magen zur Schule. Es war eine harte Arbeit zu erreichen, dass sie aufpassten und lesen und schreiben lernten. Ich nehme an, dass ihre Gedanken damit beschäftigt waren, wie sie mit dem Mittagessen, das sie aus den Volksküchen erhielten, ihren fast leeren Magen füllten.

Ihre Eltern waren in der Mehrzahl ambulante Händler, die früh am Morgen das Haus verließen, um ihre Waren aufzubauen, und erst spätabends zurückkehrten. Wie wir alle wissen, deckt das Essen, das in den Volksküchen zubereitet wird, nicht die Menge an Proteinen, Vitaminen und Mineralien ab, die Kinder im Wachstum benötigen.

"Meine Schüler, Wesen, die nicht nur nach Milch und Brot, sondern auch nach Zuwendung hungerten, suchten meine Nähe".

Ich gebe ein Beispiel eines Essens an einem Tag: Weizenschrot mit Hähnchen, 25 Kilogramm Kartoffeln, 5 kg Hähnchen für insgesamt 300 Rationen. Desgleichen sah ich, wie die Mütter, die zu Hause kochten, auf dem Markt drei Krebse und einen kleinen Beutel gehacktes Gemüse kauften, um daraus eine Suppe zuzubereiten. Wenn wir in Betracht ziehen, dass unsere Kinder die Zukunft unseres Landes sind, frage ich mich: Wozu verurteilen wir diese Zukunft? Unterernährte Kinder mit unumkehrbaren neurologischen Schäden. Das ist die Wirklichkeit von Hunderten Millionen Menschen, denn die wirtschaftliche Lage ist schlecht und die extreme Armut steigt weiter.

Meine Schüler, Wesen, die nicht nur nach Milch und Brot hungerten, sondern auch nach Zuwendung, suchten meine Nähe, um eine liebevolle Geste oder Aufmerksamkeit zu erhalten, die sie zu Hause nicht bekamen, oder den Schmerz über eine Tracht Prügel mit mir zu teilen, die sie von der Mutter oder dem Vater erhalten hatten, weil sie irgendeine Besorgung vergessen hatten oder einfach, weil dies die Form war, wie diese ihre Frustration über die Not, in der sie lebten, abreagierten, indem sie sie an den Schwächsten ausließen, ihren Kindern.

Montags kamen sie mit Hemden in die Schule, die viel schmutziger waren, als ich sie am Freitag gesehen hatte. Die Exkremente von Flöhen waren über die ganzen Hemden verteilt. Ich konnte nicht unterscheiden, ob die Stiche an ihrem Hals von Flöhen oder von Läusen stammten, die ihre Köpfe befallen hatten. Ich sprach mit den Eltern über den Zustand der Kinder, ihre Hygiene, doch ich erreichte nichts. Vielleicht hatten sie den Willen, etwas zu ändern, doch die materielle Tatsache war, dass die Eltern arbeiten mussten und die größeren Geschwister, die nicht älter als zehn unter zwölf Jahre waren, die Verantwortung der Eltern übernehmen mussten.

Daher beschloss ich, die ersten beiden Schulstunden am Montag (von 13 bis 15 Uhr) der persönlichen Hygiene zu widmen. Die Kinder brachten Schüsseln und Eimer mit, von denen ein Teil dazu diente, Wasser vom Brunnen ins Klassenzimmer zu tragen, und ein anderer Teil dazu, dass sich die Kinder den Kopf wuschen und sich gegenseitig mit einem Läusekamm die Kopfläuse entfernten. Der Rest der Behälter wurde zum Waschen ihrer Hemden verwendet, die sie danach auf einer an diesem Tag eigens angebrachten Leine aufhängten.

Meine Lage als Lehrerin unterschied sich nicht von der der großen Mehrheit der Bevölkerung. Das Gehalt, das ich erhielt, reichte gerade einmal, um davon zwei Wochen zu essen. Um es aufzubessern, ging ich Wäsche waschen. Mein Haus, wenn man die Hütte, wo ich wohnte, so bezeichnen konnte, bestand aus Strohmatten, die von innen mit Zeitungspapier verkleidet waren, und einem Dach aus Strohmatten mit Plastikplanen. Die Bezirksverwaltung von Villa El Salvador hatte uns ein Grundstück überlassen, wo eine ganze Siedlung für Lehrer dieses Distrikts entstanden war. Es gab keine sanitäre Grundversorgung. Das Wasser mussten wir von einem Wasserhahn holen, der sich auf dem zentralen Platz (in der Mitte der Siedlung) befand.

Das Wasser kam im Allgemeinen ab 23 Uhr abends und in den frühen Morgenstunden. Wir leuchteten uns mit einer Kerosinlampe. Die Mehrheit der Hütten hatte ein Loch im Boden, das als Latrine diente. Andere warteten auf die Flutung des Abwasserkanals, die zu bestimmten Tageszeiten durch eine Pumpe der Wasserbetriebe SEDAPAL erfolgte, und die Strömung des Wassers hatte einen Graben gebildet, der bis zu dem Feldern reichte. Unter den gleichen Bedingungen wie ich lebten andere Lehrer und Tausende von Personen.

Die Lehrer, die wir in der SUTEP organisiert waren, führten Kampfmaßnahmen durch, damit der Staat etwas gegen unsere prekäre Situation unternahm. Wir organisierten Arbeitsniederlegungen und Streiks, demonstrierten in den Straßen von Lima, um gegen die wirtschaftlichen Maßnahmen der Regierung zu protestieren. Ich beteiligte mich an diesem Kampf um die Durchsetzung unserer Forderungen, ich identifizierte mich mit dem Kampf der arbeitenden Bevölkerung. Und so kam es, dass ich am 3. November 1989 von der Polizei verhaftet wurde, als ich auf dem Weg zum Fischereihafen von Villa Maria del Triunfo die Avenida Pachacútec entlang ging.

Während ich dort unterwegs war, hörte ich, wie jemand sagte: "Das ist sie, die mit der blauen Jacke." "Das ist die, die weggelaufen ist." "Halt oder ich schieße!" Ein Polizeitransporter hielt, vier Polizisten stiegen aus, zwei von ihnen mit Maschinenpistolen in der Hand, und forderten mich auf, die Hände zu erheben, während sie die Taschen meiner Jacke und meiner Hose durchsuchten. Sie fanden nichts. Ich fragte: "Was ist los?" Sie antworteten in barschem Ton, bedeckten meinen Kopf mit meiner Jacke, und ein anderer fesselte mir die Hände mit Handschellen auf dem Rücken.

Unmittelbar danach hoben sie mich auf die Ladefläche des Transporters: "Du hast verloren, Terruca, jetzt bringen wir dich um." Sie drückten den Lauf der Maschinenpistolen an meinen Kopf und luden sie durch: "Stirb, Terruca, aus dieser Sache kommst du nicht heraus." Sie sprachen über Funk und fragten, was sie mit den Festgenommenen tun sollten, denn wir waren zwei. Als sie mich auf den Wagen hoben, war dort noch eine andere Person. Sie brachten uns auf ein freies Feld. Ich nahm an, dass es sich um ein freies Feld handelte, denn man hörte von weitem das Geräusch der Autos.

Der Wagen hielt, sie ließen uns absteigen und sagten: "Wir sind gut, wir werden dir eine Chance geben, du wirst so schnell rennen, wie du kannst." Wohin sollte ich rennen mit Handschellen und bedecktem Kopf, sodass ich nichts sehen konnte? Ich sagte: "Señores, ich habe nichts getan, mit mir haben Sie sich geirrt." "Ich gar nicht bei dieser Verbrennung von Reifen." (Denn das war es, was sie mir vorwarfen, als sie mich so plötzlich festnahmen.) "Komm, du dreckige Hündin, fang an zu laufen, ich sterbe fast vor Lust zu schießen." Meine Ohnmacht und die Furcht, dass sie mich töteten, waren so groß, dass ich anfing zu weinen und sie anflehte, mich zur Polizeistation zu bringen. "Mörderische Hündin, du wirst uns nicht sagen, was wir zu tun haben."

Sie brachten mich zur Polizeistation von San Juan de Miraflores. Mit Schlägen versuchten sie, mich dazu zu zwingen, ein Protokoll zu unterschreiben, in dem es hieß, dass sie bei mir Dynamit in Form von "russischem Käse" mit Lunte und Zündern und eine Tasche mit ich weiß nicht wie vielen anderen Sachen mehr gefunden hatten. Ich weigerte mich zu unterschreiben.

Sie brachten mich in eine Zelle, wo sich andere Verhaftete befanden, denn ich hörte, wie sie sagten: "Ihr, was glotzt ihr, verdammt, dreht euch zur Wand." Unter Schlägen rissen sie mir die Hose und die Unterhose herunter. Ich lag auf dem Boden und versuchte mich zu wehren, schrie, dass ich unschuldig sei, dass ich nicht bei dieser Verbrennung von Reifen gewesen war, derer sie mich beschuldigten. Das T-Shirt, dass ich noch an hatte, zogen sie mir über den Kopf. Da ich laut schrie, befahl jemand, mir den Mund zu bedecken. Sie stopften mir einen Lappen in den Mund. Ich hörte wie sie sagten: "Diese Hündin wird noch nicht einmal schlucken, guck, wie mager sie ist." Ihre Schläge mit einem Gummiknüppel zielten auf meine Brüste, Beine, Füße. Nun verlangten sie, dass ich ihnen Namen sagte: "Wer war noch bei dir, Terruca? Es waren um die 17 Leute, die die Straße blockiert haben. Wer waren deine Genossen?" Ich weinte, fühlte, wie die Tränen sich in meinen Ohren sammelten. Die Angst ließ nicht nach. Ich dachte, dass sie nicht aufhören würden, bis ich tot wäre.

"... In dieser Polizeistation wurde ich vergewaltigt, sie begannen, meine Schamhaare auszureißen ... dann steckten sie die Hand in meine Vagina und danach vergingen sie sich sexuell an mir ..."

Der Mann, der mit mir zusammen verhaftet worden war, sagte: "Die Arme, lasst sie, tut ihr das nicht an." Sie gingen zu ihm und sagten zu ihm: "Und wie kommt es, dass du sagst, du kennst sie nicht, verdammt?" Er antwortete: "Ich kenne sie nicht, doch die arme Frau, lasst sie". Sie drohten ihm, indem sie zu ihm sagten: "Warte, bis wir uns dich greifen."

Ich klage an, dass ich in dieser Polizeistation vergewaltigt worden bin. Sie begannen meine Schamhaare auszureißen. Jedes Mal wenn sie eine Hand voll herausrissen, fragten sie mich: "Wirst du nun reden, verdammte Hündin?" Dann steckten sie die Hand in meine Vagina, um sich danach sexuell an mir zu vergehen. Ich weiß nicht, wie viele es waren. In diesem Moment schöpfte ich Kraft daraus, an meinen Sohn, an meine Familie zu denken, die leiden würden, wenn sie mich nicht wiedersähen. Woran ich mich jedoch erinnere, ist, dass der letzte das T-Shirt, das meinen Kopf bedeckte, hochhob, um mich anzusehen. Und einer von ihnen, dem es nicht reichte, was sie mir angetan hatten, steckte den Lauf seines Gewehrs in meinen Anus und sagte: "Hier fehlt es noch."

Derjenige, der die Befehle erteilte, sagte, dass sie mich fertig machen sollten, um mich zur Antiterrorismuspolizei DINCOTE zu überführen, und dass eine Gruppe von ihnen ausrücken sollte, um mein Haus zu durchsuchen.

Sie brachten mich zur DINCOTE. Mir tat der ganze Körper weh. Ich fühlte eine schreckliche Scham, denn ich begriff nicht, dass dies die Essenz ihrer repressiven Politik war: sich an den Schwachen auszutoben.

Als ich ankam, tat ein Offizier so, als sei er ärgerlich wegen des Zustandes, in dem sie mich übergaben. Er begann auf mich einzureden, dass ich mir keine Sorgen machen sollte, dass sie mich hier nicht so behandeln würden, wie es die Guardia Civil getan hatte. Er sagte: "Wenn du kollaborierst, wird dir nichts passieren. Außerdem gibt es das Reuegesetz. Wenn du dich daran hältst, kommst du sofort frei. Kollaboriere, sag uns zumindest einen Namen, einen einzigen, und du kommst frei. Du bist noch jung, komm. Wenn du nicht kollaborierst, gehst du für 15 Jahre für nichts ins Gefängnis. Einen einzigen Namen von denen, die an dieser Blockade teilgenommen haben. Du kennst sie." Meine Antwort war: "Ich war nicht bei dieser Blockade, Señor, und ich habe nichts zu bereuen, denn ich habe nichts getan."

Als dieser Offizier, der mich erst so freundlich behandelt hatte, meine Antwort hörte, wurde er wütend und sagte: "Bearbeitet sie und hört nicht auf, bis sie Namen nennt." Halb schleifend brachten sie mich an einen anderen Ort, wo es nach altem Urin und Exkrementen roch. Davor hatte ich gedacht, dass die Dinge in der DINCOTE anders seien, zumal angesichts der scheinbaren Freundlichkeit, mit der sie mit mir geredet hatten.

Ich zitterte immer noch vor Angst. Ich war sicher, dass sie mich nicht töten würden, doch mit der Ungewissheit, nicht zu wissen, was mit mir passieren würde, was dies bedeuten würde: "Bearbeitet sie." Einer von ihnen ließ es mich wissen. Er sagte: "Wir werden dir eine kleine Erfrischung geben. Mal sehen, ob du dann das Gedächtnis wieder bekommst und uns die Namen deiner Genossen sagst." Sie ergriffen mich von hinten und tauchten meinen Kopf in eine Wanne mit faulem Wasser, das zähflüssig war, etwa so wie Gelatine. Mit den Händen mit Handschellen auf den Rücken gefesselt hatte ich das Gefühl, dass ich ertrinke. Ich wollte den Kopf hochheben, doch sie erlaubten es nicht. Als ich das Gefühl hatte, dass ich sterbe, zogen sie meinen Kopf heraus. Ich übergab mich. Dann wieder den Kopf in dieses stinkende Wasser. Ich übergab mich wieder.

Sie wiederholten das Ganze vier bis fünf Mal. Einer sagte: "Verdammt, lasst sie, scheinbar habt ihr keine Mütter, keine Schwestern ..." Er näherte sich mir und flüsterte in mein Ohr: "Yolanda, sei nicht dumm, sag ihnen einen Namen, auch wenn es der von einem Freund, von einem Bekannten oder von deinem Mann ist. Sie bringen ihn her, stellen fest, dass er unschuldig ist, und er kommt frei. Sei nicht dumm. Wegen nichts lässt du zu, dass sie dich so misshandeln." Ich antwortete ihm: "Ich kenne niemanden."

Ein anderer kam und sagte: "Ah! Du kennst niemanden. Du mörderische Hündin, wie viele hast du umgebracht? Wie vielen hast du den Gnadenschuss gegeben?" Er griff meine Brustwarze und zog und drückte sie so stark, als wollte er sie zerdrücken und gleichzeitig aus meiner Brust reißen. Der Schmerz war so stark, dass ich mit ganzer Kraft schrie. Sie ließen mich mit Handschellen zurück. Einer von ihnen kam, trocknete mit einem Lappen etwas meinen Kopf und sagte zu mir, dass ein Anwalt gekommen sei, um mich zu besuchen.

Die Parafinprobe, die dazu dient festzustellen, ob jemand Sprengstoff in der Hand gehabt hat, ging negativ aus. Nach zehn Monaten fand meine Verhandlung statt, bei der ich freigesprochen wurde. Der Staatsanwalt legte keine Revision ein, weil er sagte, dass sich in der Verhandlung meine Unschuld erwiesen habe.

Im Jahr 1990 ging ich an die Schule zurück, erschüttert durch all das, was mir widerfahren war, doch in dem Vertrauen, dass eines Tages die Gerechtigkeit siegen würde.

Als ich meine Arbeit wieder aufnahm, war die Situation nicht mehr dieselbe. Die Lehrer wurden vom Nachrichtendienst und von der DINCOTE überwacht. Sie hörten von außerhalb des Klassenzimmers den Unterricht mit, über den Rektor sahen sie die Hefte der Kinder durch. Wir Lehrer waren beim Betreten und Verlassen der Schule einer strikten Kontrolle unterworfen. Wenn wir in der Pause etwas auf dem Markt kaufen wollten (der nebenan war) mussten wir der Portiersfrau die eingekauften Sachen zeigen. Wenn wir uns beschwerten, antworteten sie, dass sie Beamte der USE seien.

Es war im März des Jahres 1992, als die DINCOTE mich in der Schule suchte. Waren sie zuvor gekommen, um uns im Rahmen ihrer Verfolgungspolitik gegen die Lehrer zu überwachen, traten sie nun unter ihrem eigenen Namen auf, um uns zu verhaften. Das Delikt? Meine frühere Verhaftung. Daraufhin sah ich mich gezwungen, meine Arbeit zu kündigen, und ging nicht mehr an meinen Arbeitsplatz. Ich begann, mir den Lebensunterhalt als ambulante Händlerin auf verschiedenen Märkten im Süden Limas zu verdienen.

Am 23. August 1992 traf ich auf dem Weg zu einer Schule in Surco, wo ich eine Vertretung über drei Monate übernehmen sollte, einen jungen Mann aus Villa El Salvador. Dieser Junge lebte einen Block von meinem Haus entfernt. Seine Mutter versorgte mich mit Wasser, indem sie mit einem Schlauch mein Becken füllte. Wir begannen uns zu unterhalten. Ein Mann in Zivilkleidung näherte sich uns, zog seine Waffe und sagte zu ihm: "Keine Bewegung, Simon." Ich wollte mich entfernen, er sagte, nein, nicht, bis sie festgestellt hätten, ob ich mit Simon zu tun hätte. Er sprach über Funk, und ein Kleinbus mit verdunkelten Scheiben tauchte auf. Er ließ uns einsteigen und sagte uns, dass wir uns ducken sollten. Er begann, Anweisungen einzuholen, drohte uns, dass er uns verschwinden lassen würde, und nach längerer Fahrt wurden wir zur DINCOTE gebracht.

Derjenige, der mich verhaftete, war der Offizier "Maquina", der Fahrer des Kleinbusses war der Offizier "Melcocha" (das waren die Namen, die sie benutzten). Ich wurde in ein Büro gebracht, mir wurde der Kopf verhüllt, und sie legten mir Handschellen an. Dort sagte man mir, dass ich seit dem Jahr 1991 gesucht würde. Sie nannten mich bei einem angeblichen Decknamen und begannen, auf mich einzuschlagen. Mit Fußtritten und Faustschlägen warfen sie mich auf den Boden, und ebenfalls mit Fußtritten und Faustschlägen brachten sie mich wieder auf die Beine. Andere kamen und zwangen mich, mich hinzuknien, andere ließen mich mit Schlägen wieder aufstehen. Drei Tage und drei Nächte zwangen sie mich zu stehen, mit Handschellen, ohne einen Tropfen Wasser oder Essen. Als ich versuchte, stehend vor mich hin zu dösen, warf mich ein Schlag gegen die Wand, und mit einem anderen Schlag wurde ich an meinen ursprünglichen Platz zurückbefördert.

Sie brachten verhaftete Personen, fragten sie, ob sie mich kannten. Ich hörte, dass die Mehrheit von ihnen sagte, sie kenne mich nicht, außer einer Lehrerin, die behauptete, mich zu kennen. Sie hatte sich dem Reuegesetz unterworfen und nannte alle Kollegen, die am Streik des Jahres 1991 teilgenommen hatten. Eines Nachts hörte ich, wie eine junge Frau darauf einging, sexuellen Verkehr mit einem von der DINCOTE zu haben, der ihr ihre Freiheit versprach. Das Verbrechen der jungen Frau: sie hatte bei einer Gelegenheit mit einem jungen Mann namens Simon gesprochen. Sie kam nicht frei. Ein Gericht aus anonymen Richtern verurteilte sie zu zehn Jahren Gefängnis.

Der Offizier "Melcocha" kam an einem Tag und begrapschte mich. Er legte seinen Penis in meine Hände, die mit Handschellen gefesselt waren, und fuhr dann mit seinen Hände über meinen Busen und meine Genitalien. Er schlug mir auf dem Rücken und sagte: "Mach dich nicht so steif ..." Ich befand mich dreißig Tage in den Händen der DINCOTE und erlitt ihre Bosheiten, Demütigungen, körperliche und psychologische Folter, vollkommen isoliert (sie erlaubten mir weder, den Anwalt zu sprechen noch meine Angehörigen, die täglich bei der DINCOTE vorsprachen). Sie erlaubten mir auch nicht, die Pakete mit Lebensmitteln oder Kleidung in Empfang zunehmen, die meine Angehörigen jeden Tag daließen. Das ging so, bis ich am 20. September 1993 meine Anhörung hatte.

Meine Verhaftung erfolgte am 23. August des Jahres 1992 um 8 Uhr früh auf der Straße. Bei mir wurde absolut nichts Verdächtiges gefunden und schon gar keine Feuerwaffen.

Am 15. September führten sie mich der Presse vor, gekleidet in gestreifter Sträflingskleidung und mit einem Waffenarsenal, Dynamit, Fahnen, Büchern, und behaupteten, dass sie all das bei mir gefunden hätten. Alles eine Inszenierung, wie ich bei der Vorführung vor der Presse selbst erklärte. Bereits dort wurde ich verurteilt, denn es wurde gesagt, dass ich die Höchststrafe von lebenslanger Haft erhalten würde, die ich im Gefängnis Yanamayo in Puno verbüßen würde, obwohl man noch nicht einmal meine Aussage aufgenommen hatte.

Ich klage außerdem an, dass meine Anhörung ohne die Anwesenheit eines Staatsanwalts und eines Verteidigers, noch nicht einmal eines Pflichtverteidigers, stattfand. Auf meine Beschwerde antwortete der Leutnant "Tortuga", dass der Offizier "Maquina" mein Verteidiger sein würde. Am 23. September wurde ich der Armee übergeben, denn so verfügte es die Polizei. Mein Fall würde vor einem Militärgericht verhandelt werden, da man mich des so genannten Delikts des "Landesverrats" beschuldigte.

Wenn ich mich richtig erinnere, blieb ich in der DINCOTE bis zur zweiten Oktoberhälfte. Dann wurde ich zur Militärbasis von Las Palmas gebracht (wo früher die Kavallerie der Armee war). Dort empfing mich eine Person in Zivilkleidung, die sich als Agent des Nachrichtendienstes vorstellte.

Am 2. November brachten sie mich vor ein Gericht, alle trugen Kapuzen und Uniformen der Armee, sogar derjenige, der sagte, er sei mein Pflichtverteidiger. Bewaffnete Soldaten innerhalb und außerhalb des Saals. Sie fragten mich nach meinen Personalien und stellten mir eine einzige Frage, an die ich mich deutlich erinnere: "Warum befanden Sie sich am Tag ihrer Verhaftung nicht bei ihrem Kind?" Das war die ganze gerichtliche Untersuchung, die sie in meinem Fall durchführten. In Wirklichkeit war es eine Farce. Das Urteil stand bereits fest, der "Beweis": "geheime Aussagen" von Personen, die sich dem Reuegesetz unterworfen hatten.

Das zeigt, wie meine Rechte verletzt wurden. Weder in der DINCOTE noch vor dem Militärgericht wurde mir erlaubt, mein Recht auf Verteidigung auszuüben, noch hatte ich einen ordentlichen Prozess. Mit dem Polizeibericht, der auf tendenziöse Art erstellt worden war, und ohne jeden Beweis wurde ich im Stil der Inquisitionsgerichte von maskierten Richtern zu lebenslanger Haft verurteilt. Meinem Anwalt wurde nur erlaubt, den Gerichtssaal zu betreten, als das Urteil verlesen wurde, womit einmal mehr die Verfassung und internationale Abkommen verletzt worden sind.

Am 3. November wurde das Urteil verkündet. Nicht nur ich, sondern die Mehrheit erhielt lange Haftstrafen, die sie im Hochsicherheitsgefängnis Yanamayo verbüßen sollten. Wir waren etwa 15 Männer und Frauen, darunter ein Minderjähriger von 16 Jahren.

Wir wurden sofort der Polizei übergeben, die uns Frauen unter brutalen Schlägen ins Frauengefängnis mit geschlossenem Sonderregime von Chorrillos und die Männer in das Gefängnis des Justizpalastes brachten.

Und so befinde ich mich heute in diesem Gefängnis, nachdem ich mehr als fünf Jahre im Gefängnis Yanamayo war, weit weg von meiner Familie, von meinem Sohn, der damals neun Jahre alt war. In diesen fünf Jahren wurde mir nicht erlaubt, ihm eine einzige Umarmung, einen einzigen Kuss, eine einzige zärtliche Geste zu geben. Ich sah ihn in den fünf Jahren nur in einer unterteilten Besucherkabine, während ich den Besuch einer erwachsenen Person erhielt, die ihn begleitete.

Ich bin nicht die einzige Lehrerin, die bedroht, verfolgt, verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurde. Unser Verbrechen? Unseren Beruf auszuüben.


Heute steht sie vor einer neuen Verhandlung. Sie hofft, dass sie Gerechtigkeit erhält und ihre verfassungsmäßigen Rechte respektiert werden.



Universelle Menschenrechtserklärung - 1948

Artikel 19 "Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

Doch in Peru ging man so weit, ein vollkommen willkürliches, subjektives Gesetz über "Apologie des Terrorismus" zu erlassen und den Beschuldigten die Nationalität abzuerkennen.




Quelle: AFADEVIG - Asociación de Familiares de Presos Políticos, Desaparecidos y Víctimas de Genocidio (www.afadevig.org) (Vereinigung der Angehörigen der politischen Gefangenen, Verschwundenen und Opfern der Vernichtungspolitik des peruanischen Staates)

Übersetzung aus dem Spanischen



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