Jose Carlos Mariátegui      PERU KÄMPFT
UNA PUBLICACION DEL CIRCULO DE TRABAJO MARIATEGUI  EN ESPAŅOL Y ALEMAN
Peru kämpft
Nr. 7
FRAUEN IN DER PERUANISCHEN REVOLUTION

Als der Vorsitzende Gonzalo im September 1992 verhaftet wurde, waren 4 seiner 5 Begleiter Frauen. Bei seinem zweiten öffentlichen Aufruf zu einem Friedensabkommen im November 1993 hatte er eine Gruppe von Parteimitgliedern um sich versammelt, die wiederum zu einem Großteil aus Frauen bestand. Und wenn man den peruanischen Massenmedien glauben kann, setzte sich auch das auf dem 1. Parteitag der KPP im Jahre 1988 gewählte Zentralkomitee mehrheitlich aus Frauen zusammen. Dies sind nur einige Beispiele für die unübersehbare Präsenz von Frauen in der Führung der peruanischen Revolution. Die sogenannten "Senderologen", selbsternannte Sachverständige in Sachen "Sendero Luminoso", wie die Kommunistische Partei Perus auch genannt wird, haben seit Beginn des Volkskrieges viel über die massive Teilnahme von Frauen am bewaffneten Kampf spekuliert. Unter anderem schrieben sie diese der persönlichen Bindung an den Vorsitzenden Gonzalo als Vaterfigur zu, oder führten sie auf Familienbeziehungen zurück, indem sie versuchten nachzuweisen, daß es innerhalb der Partei ganze Clans gibt, die sich geschlossen dem bewaffneten Kampf widmeten. Alle diese Erklärungsversuche offenbaren den reaktionären Klassenstandpunkt dieser Leute, von dem aus sie die Frauen nur als Anhängsel der Männer, als zu rationellem Denken unfähige, rein gefühlsmäßig motivierte Wesen sehen können, die sich von den Männern für deren Interessen einspannen lassen. Tatsache ist jedoch, daß sich die peruanischen Frauen der Revolution anschließen, weil sie in zunehmendem Maße erkennen, daß die PCP die einzige Partei ist, die ihre Forderung nach Gleichberechtigung aufgreift und verwirklicht.

Welche Position vertritt die PCP in der Frauenpolitik?

Die politische Linie der PCP stützt sich auf die Ideologie des Proletariats, den Marxismus-Leninismus-Maoismus, Gonzalogedanken, der vertritt, daß ohne die massive Beteiligung der Frauen die proletarische Revolution nicht möglich ist. Von Anfang an stellte der Marxismus den Kampf der Frauen in Zusammenhang mit dem Klassenkampf. Der Vorsitzende Mao faßt diese Position treffend zusammen, wenn er sagt: "Die Emanzipation der Frauen ist ein Teil der Emanzipation des Proletariats." Er läßt aber auch keinen Zweifel daran, daß die Emanzipation der Frauen von den Frauen selbst erkämpft werden muß: "Die Frauen tragen auf den Schultern die Hälfte des Himmels, und sie müssen sie erobern."

Durch die historische Analyse der Situation der Frau gelangt Engels zu der Grundthese, daß diese bedingt ist durch die Besitzverhältnisse an den Produktionsmitteln, die Form der Ausübung des Besitzrechts und die Produktionsverhältnisse, die daraus hervorgehen. Er definiert als entscheidenden Einschnitt der Geschichte und große geschichtliche Niederlage der Frau die Änderung des Erbrechts von der weiblichen zur männlichen Linie vor vielen Jahrtausenden. Damit verlor die Frau nicht nur ihre Stellung als Familienoberhaupt, sondern auch ihr Besitzrecht und ihr öffentliches Mitspracherecht und geriet in wirtschaftliche, politische und ideologische Abhängigkeit vom Mann. Da nunmehr die Vaterschaft der Kinder eindeutig feststellbar sein mußte, verwandelte sich die matriarchalische Großfamilie zunächst in die Vielehe der Männer und dann in die monogame Kleinfamilie. Gleichzeitig wurde der gemeinschaftliche Besitz der Produktionsmittel in der kommunistischen Urgesellschaft abgelöst durch den Privatbesitz an Produktionsmitteln, und es bildeten sich die ersten Staaten, um die Interessen der Unterdrücker gegen die Unterdrückten mit organisierter Gewalt durchzusetzen. Auf diese Art stellt Engels eine Beziehung zwischen Privatbesitz, Familie und Staat her. Demnach definiert er den Privatbesitz an Produktionsmitteln als die materielle Basis der Unterdrückung der Frau und nicht die geschlechtliche Arbeitsteilung, wie oftmals unter Berufung auf den Marxismus behauptet wird.

Zur ideologischen Rechtfertigung der Unterdrückung im allgemeinen und der der Frauen im besonderen wird seit Jahrtausenden die These von der vorbestimmten "menschlichen Natur" benutzt, und als Abart davon ist von der angeblichen "weiblichen Natur" die Rede. Eine besondere Rolle spielte dabei die Religion. Der Marxismus hingegen hat klargestellt, daß alle Menschen, also sowohl Männer als auch Frauen, ein Produkt der jeweiligen Gesellschaft sind, und bekämpft entschieden die These der "weiblichen Natur". Er vertritt die Position, daß ebenso wie die Gesellschaft veränderbar ist, auch die Menschen veränderbar sind.

Die Emanzipation der Frau läßt sich nur durch die Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln verwirklichen, was zunächst die Kleinfamilie und danach den Staat überflüssig machen und zu ihrem Verschwinden führen wird. Die objektiven Interessen der Frauen decken sich somit mit denen des Proletariats. Der Marxismus vertritt die Forderung nach der Emanzipation der Frau und bekämpft die These von der Befreiung der Frau, wie sie bürgerliche und kleinbürgerliche Feministinnen vertreten, denn diese bewirkt die Spaltung der Unterdrückten in Männer und Frauen und verschleiert die wahren Ursachen der Unterdrückung der Frau. Die Emanzipation der Frau kann nicht aus dem Bruch mit der Männergesellschaft hervorgehen, sondern nur durch den Bruch mit der Ausbeutergesellschaft an sich.

Die Situation der Frau in der peruanischen Gesellschaft

Ausgehend vom Marxismus analysiert die PCP die Situation der Frau in der peruanischen Gesellschaft. Mariátegui, der Gründer der PCP, schenkte dem Kampf der Frauen besondere Aufmerksamkeit und schuf die Grundlagen für die spezifische Linie der Partei. Er geht von dem allgemeinen Charakter der peruanischen Gesellschaft aus, den er als halbfeudal und halbkolonial definiert, und der die Stellung der Frau bestimmt. Die wesentlichen Merkmale dieser Gesellschaft sind Rückständigkeit und Abhängigkeit, deren Hauptursachen die Feudalität, der Imperialismus und der bürokratische Kapitalismus sind. Die wirtschaftliche Basis Perus bilden einerseits die feudalen Strukturen auf dem Lande, gekennzeichnet durch private und staatliche Latifundien, die sich auf Formen der Leibeigenschaft und Gratisarbeit stützen und hauptsächlich für den Export produzieren, und Minifundien, die von den armen Bauern mit primitivsten Mitteln bewirtschaftet werden, hauptsächlich der Selbstversorgung dienen und häufig rechtlich nicht abgesichert sind. Mit der wirtschaftlichen Macht geht die politische Macht der Großgrundbesitzer einher. Andererseits hat sich in den Städten ein Kapitalismus entwickelt, der vollkommen den Notwendigkeiten des imperialistischen Kapitals unterworfen ist. Es ist ein abhängiger, kranker Kapitalismus, der sogenannte bürokratische Kapitalismus, der nur die für den Imperialismus nützlichen Produktionszweige entwickelt, auf der Ausnutzung der billigen Rohstoffe und Arbeitskräfte basiert und das Land in wirtschaftlicher, politischer, ideologischer und militärischer Abhängigkeit hält. Der Staat ist eine Diktatur der Großbourgeoisie und der Großgrundbesitzer, die als einzige von den bestehenden Verhältnissen profitieren und sie daher mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten versuchen. Das Fundament dieser Gesellschaft bildet die Familie. Sie übernimmt soziale Aufgaben, die in den imperialistischen Ländern in der Regel gesamtgesellschaftlich getragen werden, wie die Existenzsicherung bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter, Unglücksfällen und materiellen Rückschlägen oder die Finanzierung der Ausbildung. In den herrschenden Klassen kommt der Familie nicht zuletzt die Aufgabe zu, die Machtkonzentration zu garantieren, indem eine relativ geringe Zahl von einflußreichen Familien die Machtpositionen in Wirtschaft, Politik und Militär unter sich aufteilt.

Die gesellschaftliche Rolle der Frau definiert sich vor allem aus ihrer Funktion innerhalb der Familie, die sie zur Mutter, Vermittlerin traditioneller moralischer Werte an die Kinder und zur Hausarbeit bestimmt. Damit kommt der traditionellen Frauenrolle eine wichtige systemerhaltende Funktion zu. Die Frauen streben an, sich gut zu verheiraten und dabei möglichst sozial aufzusteigen, und ihre Erziehung erfolgt im Hinblick darauf. Bei den Frauen der herrschenden Klassen ist eine umfassende Ausbildung auf guten Schulen und Universitäten selbstverständlich, denn sie dient dazu, ihren Marktwert als Repräsentations- und Luxusobjekt zu erhöhen. Aus dem gleichen Grunde streben oft auch Frauen aus der Mittelschicht, dem städtischen Kleinbürgertum, eine gute Berufsausbildung an. Daneben werden den Frauen aus der Oberschicht und der gehobenen Mittelschicht aber auch zunehmend die Möglichkeiten einer beruflichen Karriere eröffnet. In Peru ist es eine altbekannte Praxis, daß die Vergabe von Posten aufgrund der politischen Zuverlässigkeit erfolgt. Dabei ist unwesentlich, ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Aus diesem Grunde sind heute Frauen in wichtigen politischen und wirtschaftlichen Positionen keine Seltenheit mehr.

Die Frauen aus der Unterschicht werden dagegen häufig im Hinblick auf ihre Verwendbarkeit als häusliche Arbeitskraft erzogen, die auf eine materielle Entlastung des Mannes als Hauptverdiener ausgerichtet ist. Die Berufstätigkeit wird vor allem als Übergang zur Ehe verstanden, obwohl viele Frauen auch nach ihrer Heirat darauf angewiesen sind, den niedrigen Lohn ihres Mannes mit außerhäuslicher Arbeit aufzubessern. Typisch ist das Mädchen vom Lande, das vor seiner Heirat als Dienstmädchen für freie Kost und Logis und eventuell ein Taschengeld arbeitet, um dann nach der Heirat als Straßenhändlerin oder Putzfrau zum Familieneinkommen beizutragen. Wie auch in den kapitalistischen Ländern erlaubt die Berufstätigkeit der Frauen, die Löhne der Arbeiter im allgemeinen zu drücken, denn die Kapitalisten zahlen ihnen nur so viel Lohn, wie sie zur Erhaltung ihrer Arbeitskraft und den Unterhalt ihrer Familie unbedingt brauchen. Trägt die Frau mit bezahlter Arbeit zum Einkommen bei, kann der Lohn entsprechend gekürzt werden, zumal die Eingliederung der Frauen in den Produktionsprozeß die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verschärft. In Peru sind aufgrund der langanhaltenden Krise der letzten Jahre die Löhne ständig gesunken, und der Durchschnittslohn eines Arbeiters liegt weit unter dem Existenzminimum. Ähnlich ist es mit dem Mittelstand. Heute kann kaum eine Familie aus dem Volk mit nur einem Gehalt überleben. Die Regel ist, daß nicht nur Vater und Mutter, sondern auch die Kinder zum Familieneinkommen beitragen. Aus dem gleichen Grunde besteht die Großfamilie sowohl auf dem Lande als auch in der Stadt weiter und dient als soziale Sicherheit. So bedeutet die Berufstätigkeit für die Frauen in den seltensten Fällen materielle Unabhängigkeit von Mann oder Eltern.

Die Situation der Frauen auf dem Lande ist in noch stärkerem Maße eingebunden in die Familie. Die Mädchen arbeiten von klein auf im Haushalt und auf dem elterlichen Hof mit, um dann nach ihrer in der Regel sehr frühen Heirat dieselben Aufgaben auf dem Hof ihres Mannes zu erfüllen. Die wenigsten Frauen aus armen Familien, die die große Mehrheit darstellen, haben eine Schulbildung, die über die Grundschule hinausgeht, häufig sprechen sie nur sehr wenig Spanisch und viele sind faktisch Analphabeten. Der Aufgabenbereich der Frauen ist klar umrissen; ihre Pflichten umfassen neben der Hausarbeit und den Kindern häufig die Versorgung des Viehs und den Verkauf einiger weniger landwirtschaftlicher Produkte auf dem Markt, daneben arbeiten sie jedoch auch auf dem Feld mit. In der Regel haben die Familien viele Kinder, die immer noch in erster Linie als billige Arbeitskräfte betrachtet werden, und die Jugend der Frauen verläuft von Schwangerschaft zu Schwangerschaft. Die Vertretung der Familie gegenüber der Öffentlichkeit obliegt dem Mann. Die festgefügten Bahnen dieses Lebens erfahren allerdings in zunehmendem Maße einen Bruch, denn das Land kann häufig nicht mehr alle Nachkommen ernähren. Das führt dazu, daß sich die Männer zeitweise als Arbeiter in den Minen oder auf den Großgrundbesitzen verdingen oder die Familien in die Stadt übersiedeln, und versuchen dort ihr Auskommen zu finden. Auch viele Mädchen verlassen früh ihr Elternhaus, indem sie sich bei Familien in der Stadt als Dienstmädchen verdingen. In gewisser Weise wird das als Privileg betrachtet, denn dadurch erhalten die Mädchen die Gelegenheit, Spanisch zu lernen und, wenn sie Glück haben, die Schule abschließen zu können. Oftmals verheiraten sie sich in der Stadt und leben fortan mit ihrer Familie in einem der Armenviertel, von denen heute alle größeren Städte umgeben sind.

Begleitet werden diese materiellen Umstände durch eine ausgeprägte patriarchalische Doppelmoral, die die Frau zum Gebrauchsobjekt des Mannes bestimmt: als Sexualobjekt, Mutter und Dienstmädchen. Trotz Berufstätigkeit bleibt der Bewegungsspielraum der Frau privat weitgehend auf Haus und Familie beschränkt und von ihr wird eheliche Treue erwartet. Demgegenüber fühlt sich der Mann zu sexuellem Freibeutertum berechtigt. Prostitution und alleinstehende Mütter sind an der Tagesordnung. Diese Moral entspricht der feudalen Mentalität, die immer noch vorherrscht. Das bürgerlich-liberale Gedankengut, das anderswo mit seinen Idealen von Gleichheit und Freiheit die ersten feministischen Kämpfe inspirierte, hat sich in Peru genauso wenig durchsetzen können wie eine bürgerlich-demokratische Revolution.

Andererseits ist zu sehen, daß in den imperialistischen Ländern, wo eine bürgerliche Revolution stattgefunden hat, der Staat zwar den Frauen formal das Recht auf Gleichheit zugesteht, dieses jedoch in der kapitalistischen Gesellschaft nicht zu verwirklichen ist. Die Eingliederung in den Produktionsprozeß reicht nicht aus, um die Emanzipation der Frau zu garantieren. Sie schafft lediglich die Voraussetzungen, die Grundlage für den Kampf um ihre Emanzipation. Wenn heute Pseudomarxisten meinen, das Problem der Frauen sei mit beruflicher Chancengleichheit zu lösen, dient dies lediglich dazu, die wahre Ursache für die weibliche Unterdrückung zu verschleiern, nämlich der Privatbesitz an Produktionsmitteln. Die Emanzipation der Frau kann nur durch die Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln erfolgen, und das einzige Gesellschaftssystem, das dies ermöglicht, ist der Sozialismus. Demzufolge kann auch in Peru eine bürgerlich-demokratische Revolution, selbst wenn sie historisch noch möglich wäre, die Emanzipation der Frauen nicht verwirklichen. Dazu bedarf es der demokratischen Revolution neuen Typs, wie sie heute die PCP anführt, und deren Fortsetzung als sozialistische Revolution.

Die Einbeziehung der Frauen in den revolutionären Kampf

In der peruanischen Geschichte gab es eine Reihe von herausragenden Frauengestalten, die wichtige Beiträge zur Literatur, Kunst und zur Politik des Landes geleistet haben. Als Beispiel sei Micaela Bastides genannt, die an der Seite ihres Mannes, Túpac Amáru, Ende des 18. Jahrhunderts den größten Bauernaufstand der peruanischen Geschichte anführte. Im 19. Jahrhundert traten unter dem Einfluß bürgerlich-liberaler Ideen vermehrt Frauen in der Literatur in Erscheinung und stellten die Forderung nach schulischer Bildung für Frauen auf. Bis dahin gab es nur kirchliche Mädchenschulen unter der Leitung von Nonnen. Der Lehrplan war auf ein Minimum reduziert und zielte auf die Vorbereitung für die zukünftige Rolle als Haufrau und Mutter ab. Selbst diese Schulen waren nur den privilegierten Klassen zugänglich. Weibliche Berufstätigkeit war entsprechend der feudalen Mentalität verpönt und galt als unschicklich und sozialer Abstieg. Als Ergebnis des Kampfes um das Recht auf Bildung und Beruf wurden 1908 erstmalig Frauen zum Universitätsstudium zugelassen. Doch erst 1928 erfolgte die Gründung des ersten staatlichen Gymnasiums für Mädchen in Lima. Anfänglich schlug die überwiegende Mehrzahl der weiblichen Studenten die Laufbahn der Lehrerin ein. Seit dem 2. Weltkrieg finden wir vermehrt Frauen in allen Studienzweigen, und die Universität ist längst nicht mehr nur den herrschenden Klassen vorbehalten. Aufgrund der hohen Kosten ist sie jedoch den ärmsten Klassen nach wie vor verschlossen. Das Recht auf Bildung ist heute nicht ein Problem des Geschlechts, sondern der finanziellen Mittel.

Die größte Veränderung in der Situation der Frauen stellte ihre Einbeziehung in die industrielle Produktion dar. Diese erfolgte, als Ende des 19. Jahrhunderts die Herausbildung des bürokratischen Kapitalismus den Einsatz von Maschinen in der Produktion mit sich brachte und die verstärkte Einbeziehung der Frauen in den Produktionsprozeß ermöglichte. Damit entstand die materielle Grundlage für die Politisierung der Frauen, die sich in der Mitarbeit in Gewerkschaften und der Teilnahme an Arbeitskämpfen ausdrückte. Die Frauen begannen, aktiv an den Kämpfen um höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und den Achtstundentag teilzunehmen, und organisierten Protestaktionen gegen Armut und die Erhöhung der Lebenshaltungskosten. Mit der Beteiligung am Klassenkampf und der damit verbundenen Politisierung, insbesondere jedoch durch die Aneignung der proletarischen Ideologie, eröffnete sich den Frauen endlich der Weg zu ihrer wirklichen Emanzipation.

Mariátegui analysierte die Frauenbewegung seiner Zeit und stellte fest, daß es verschiedene feministische Strömungen gab, und er unterschied aufgrund ihres Klassencharakters den bürgerlichen, den kleinbürgerlichen und den proletarischen Feminismus. Diese Erkenntnis faßte er folgendermaßen zusammen: "Die Frauen sind, genau wie die Männer, reaktionär, zentristisch oder revolutionär. Folglich können sie nicht zusammen den gleichen Kampf führen. Im gegenwärtigen menschlichen Panorama unterscheidet die Klassenzugehörigkeit die Individuen mehr als das Geschlecht." Darüber hinaus vertrat er die Position, daß eine wirkliche revolutionäre Frauenbewegung sich notwendigerweise auf das Proletariat, und das bedeutet, auf die Ideologie des Proletariats, stützen müsse. Er erkannte, daß die Einbeziehung der Frauen in den Produktionsprozeß eine wichtige Voraussetzung für die Bewußtseinsbildung der Frauen war, und rief die Kommunisten dazu auf, der politischen Arbeit unter Frauen an den Universitäten und in den Gewerkschaften besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das Ziel dieser Arbeit war die Politisierung durch die Einbeziehung in den Klassenkampf und die Anhebung des ideologisch-politischen Niveaus durch die Schulung in der Ideologie des Proletariats, sowie die Organisierung der Frauen in den Gewerkschaften und der Kommunistischen Partei, wo er die Schaffung von Frauensekretariaten vorsah.

Als der Vorsitzende Gonzalo an der Spitze der roten Fraktion in den sechziger und siebziger Jahren den Wiederaufbau der Partei als marxistisch-leninistisch-maoistische Partei neuen Typs in Angriff nahm, griff er die Thesen Mariáteguis über die Frauenfrage wieder auf und entwickelte sie weiter. Das Ergebnis war die Gründung der "Frauenvolksbewegung" ("Movimiento Femenino Popular") als Basisorganisation der PCP zum Kampf für die spezifischen Interessen der Frauen. Die Organisation verabschiedete eine Grundsatzerklärung und ein Programm. In ihnen wird jeder Art von bürgerlichem Feminismus eine Absage erteilt und ausdrücklich betont, daß "der Kampf der peruanischen Frauen Teil des Kampfes des unterdrückten und ausgebeuteten Volkes ist und seine Feinde die gleichen sind". Als Aufgaben werden unter anderem festgelegt: der Kampf für konkrete Forderungen der Frauen, die Mobilisierung, Politisierung und Organisierung der Frauen auf der Grundlage der Gedanken Mariáteguis und die Beteiligung von Frauen an allen Organisationsformen des Proletariats, sowie die Beteiligung an den Massenkämpfen im allgemeinen. Aus der breiten Massenarbeit gingen eine große Anzahl von Kommunistinnen hervor, die ihren Platz an der Seite des kämpfenden Volkes einnahmen. Aus der festen Überzeugung heraus, daß nur die Zerstörung der Ausbeutergesellschaft und die Schaffung einer neuen Gesellschaft die Emanzipation der Menschen bewirken kann, brachen sie mit der traditionellen Frauenrolle und nahmen aktiv an dem langjährigen Kampf gegen den Revisionismus teil, um die PCP für den Eintritt in die bewaffnete Revolution zu rüsten. Ein großes Beispiel ist die Genossin Norah, Mitbegründerin der roten Fraktion und konsequente Kämpferin gegen den Revisonismus, die bis zu ihrem Tod Ende der achtziger Jahre als herausragendes Mitglied der zentralen Führung der Partei angehörte.

Mit dem Beginn des Volkskrieges erhielt auch der Kampf der Frauen eine neue Dimension: der Kampf für ihre Emanzipation mit der Waffe in der Hand. Als die ersten Partisaneneinheiten aufs Land zogen, waren darunter viele Frauen, die Schluß machten mit dem Vorurteil, daß der Krieg Männersache ist, und sich von Anfang an an allen bewaffneten Aktion beteiligten. Sie zeigten sich den Strapazen der Guerilla durchaus gewachsen und ihr Mut und Kampfgeist steht dem der Männer in nichts nach, und viele gaben ihr Leben für die Revolution. Oftmals bewiesen sie in der Praxis ihre militärischen Führungsqualitäten und übernahmen das Kommando über ihre Einheiten. Waren noch zu Beginn des Volkskrieges die Mehrzahl der Frauen in der Revolution kleinbürgerlicher Herkunft, so änderte sich das schnell. Insbesondere seit 1982 die ersten Volkskomitees als die spezifische Form des neudemokratischen Staates auf dem Lande gegründet wurden, schlossen sich in verstärktem Maße die Bauern der Revolution an. Das bedeutete gleichzeitig die massenhafte Eingliederung von Frauen in den Volkskrieg, denn es ist eine der Besonderheiten der peruanischen Revolution, daß in den Volkskomitees die gesamte Bevölkerung in den Basisstreitkräften militärisch organisiert ist. Unter der Herrschaft des Neuen Staates haben sowohl Männer als auch Frauen Mitspracherecht und tragen die Entscheidungen gemeinsam. Daneben vertreten Basisorganisationen der Frauen deren spezielle Forderungen und Interessen und setzen diese durch. Eine ständige Aufgabe auf allen Organisationsebenen ist die Umerziehung der Massen, also auch der Frauen durch ideologisch-politische Schulung. Gleichzeitig erhalten in den Volkskomitees die Kinder ohne Unterschied des Geschlechts eine neue demokratische Erziehung, mit dem ihr politisches Bewußtsein von klein auf entwickelt wird. Das Ergebnis ist eine allgemeine Politisierung und die Heranbildung vieler Frauen mit einem hoch entwickelten revolutionären Bewußtsein.

Auch in den Städten zeigt sich eine aktive Teilnahme der Frauen am Klassenkampf. Sie haben verstanden, daß Lohnkürzungen und Entlassungen ihrer Männer ihre eigene Existenz betreffen, und nehmen häufig an vorderster Front an den Arbeiterkämpfen teil. Bei den Kämpfen in den Armenvierteln zur Verteidigung ihrer Parzelle oder für Wasser-, Abwasser- und Stromversorgung stehen die Frauen oft in der ersten Linie. Die PCP greift diese berechtigten Forderungen auf und schafft Basisorganisationen der Partei, die den Kampf anführen. Die klassenbewußten Arbeiter und Arbeiterinnen sind im MOTC ("Movimiento de Obreros y Trabajadores Clasistas"), der fortschrittlichste Teil der Bewohner der Armenviertel im MCB (Movimiento Clasista Barrial") zusammengefaßt. Im Jahre 1990 entwickelten sich in einigen Armenvierteln die "Volkskampfkomitees" ("Comité de Lucha Popular"). Sie wurden in Stadtteilen gegründet, wo die Mehrheit der Bevölkerung die Revolution unterstützt und bilden eine Vorform des neuen Staates in der Stadt. Neben der Führung der Kämpfe um die Forderungen der Arbeiter und der armen Bevölkerung im allgemeinen organisieren sie auch andere gemeinsame Aktivitäten und lösen konkrete Probleme der Bevölkerung. Das beinhaltet eine gleichberechtigte Beteiligung der Frauen an gemeinsamen Entscheidungen und an den Kämpfen. Daneben haben sich die Frauen in vielen Armenvierteln zu Organisationen der kollektiven Versorgung zusammengeschlossen. Diese Organisationen wie die "Comedores populares" oder die "Comités del Vaso de Leche" wurden ursprünglich von den revisionistischen Parteien gegründet. Heute haben vielerorts klassenbewußte Frauen die Führung übernommen, die nicht demütig und dankbar entgegennehmen, was der Staat ihnen freiwillig gibt, sondern massive Forderungen stellen, denn sie wissen, daß der gesellschaftliche Reichtum vom Volk erzeugt wird, und ihm darum auch gehören sollte.

Aus diesen Massenkämpfen gehen immer mehr Frauen mit einem hoch entwickelten Klassenbewußtsein hervor, die auch in der Partei als höchster Organisationsform politische Verantwortung übernehmen.

Der Kampf um die konkreten Forderungen der Bevölkerung werden in der neuen Etappe der Partei, die mit dem Aufruf des Vorsitzenden Gonzalo zu einem Friedensabkommen eingeleitet worden ist, zunehmende Bedeutung erhalten. Der vorläufige Abschluß des Volkskrieges beinhaltet auch, daß dem politischen Kampf Vorrang gegeben wird. Bereits das III. Plenum des ZK der PCP im Juli 1992 sah die Notwendigkeit, stärker in die Kämpfe des Volkes für seine elementaren Bedürfnisse einzugreifen und sich an ihre Spitze zu stellen, um auf diese Art die Massen in den Städten zu gewinnen und die Einheitsfront aufzubauen. In seiner politischen Begründung für die neue Strategie der PCP verweist der Vorsitzende Gonzalo auf die Gültigkeit dieser Erwägungen, und im September 1994 fordert er ausdrücklich den Wiederaufbau des "Movimiento Femenino Popular". Vieles deutet darauf hin, daß diese Direktive von der PCP aufgegriffen und in die Praxis umgesetzt wird. Meldungen der peruanischen Presse zufolge entwickelt die PCP in letzter Zeit eine intensive Massenarbeit in Fabriken und Armenvierteln und schafft neue Organisationen zur Durchsetzung konkreter Forderungen. Diese Aktivitäten werden auch eine stärkere Einbeziehung der Frauen in den Städten mit sich bringen und die "Hälfte des Himmels" wird damit einen entscheidenden Schritt zu ihrer Politisierung und Organisierung tun.

Die Prinzipien und organischen Strukturen der PCP fördern die Gleichberechtigung aller ihrer Mitglieder. Privilegien gibt es nur für Kranke, Verwundete und Behinderte, alle anderen haben die gleichen Rechte und Pflichten, eine Norm, die flexibel angewandt wird. In Umsetzung der großen These des Vorsitzenden Mao, daß die Politik das Kommando führt, entscheidet das ideologisch-politische Niveau über die Stellung innerhalb des Hierarchie von Partei, Armee und Massenorganisationen. in der PCP und nicht wie in der bürgerlichen Gesellschaft persönliche Beziehungen zu den Herrschenden, Fachwissen oder spezifische Fähigkeiten. Niemand, ob Mann oder Frau, wird von vornherein von bestimmten Aufgaben ausgenommen, weil er nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt. Es wird davon ausgegangen, daß die wesentlichen Faktoren für die Erfüllung einer Aufgabe die richtige politische Linie und die Fähigkeit, sich auf die Massen zu stützen, sind. Das verhindert, daß Frauen in einen bestimmten geschlechtsspezifischen Aufgabenbereich gedrängt werden und wie in den bürgerlichen und revisionistischen Parteien nur in Ausnahmefällen eine Führungsrolle übernehmen.

Andererseits darf nicht übersehen werden, daß die ideologische Umwandlung der Menschen ein langwieriger Prozeß ist. So werden häufig auch unter Revolutionären die Kindererziehung und der Haushalt als Verantwortung der Frauen gesehen, und sowohl Frauen als auch Männern fällt der Bruch mit der traditionellen Rolle der Frau schwer. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, daß die Politik nach wie vor als Männersache betrachtet und den Frauen das Bewußtsein vermittelt wird, sie seien nicht fähig, sie zu verstehen. Ein gängiges Argument von beiden Seiten ist, daß sich ja jemand um die Kinder kümmern muß. Das erschwert vielen Frauen ihre politische Entwicklung und Organisierung. Dahinter steckt die herrschende feudal-imperialistische Ideologie, die sich in Individualismus und Egoismus äußert. Denn wenn die Frauen sich der politischen Arbeit widmen, müssen notgedrungen die Männer einen Teil der häuslichen Aufgaben und der Kinderbetreuung übernehmen, so lange diese noch nicht kollektiv organisiert sind. Die alten Gewohnheiten sind schwer auszurotten, doch in dem Maße wie sich die Revolution weiterentwickelt, wird sie sowohl die materielle Grundlage für die Unterdrückung der Frau als auch die feudal-imperialistische Ideologie besiegen, die diese rechtfertigt.